Witron: Lkw-Tourenplanungs-Lösung mit der TU Dresden

Der Intralogistik-Automatisierer Witron entwickelt eine Tourenplanung, die Zeitfenster, Auftragssplitting und einen heterogenen Fuhrpark berücksichtigt. Auch Packprobleme wie Stapelbarkeit und LIFO-Entladung werden einkalkuliert.

Ein neues Tourenplanungstool hat Witron mit der TU Dresden entwickelt. (Symbolbild: Pixabay)
Ein neues Tourenplanungstool hat Witron mit der TU Dresden entwickelt. (Symbolbild: Pixabay)
Nadine Bradl
(erschienen bei LOGISTRA von Tobias Schweikl)

Vom Lager auf die Straße – der Intralogistik-Spezialist Witron arbeitet gemeinsam mit der TU Dresden an einer automatisierten Tourenplanung mit integrierter 3D-Beladeoptimierung. Verantwortet wird das Projekt im Unternehmen von Dr. Stefan Bauer, unter dessen Leitung auch das CPMS-Wellpappengeschäft der Oberpfälzer steht. Darüber hinaus sind er und sein Team an der Entwicklung und Weiterentwicklung diverser Plattform-Lösungen beteiligt, die später im Lebensmitteleinzelhandel in Logistikzentren installiert werden sollen.

„Wir hatten dazu schon eine innovative Lösung, die damals Anfang der 2000er Jahre basierend auf einem Savings-Algorithmus viel Aufmerksamkeit in den Branchen erfuhr und hochgelobt wurde“, so Bauer.

Das Problem: Über die Jahre bauten die Entwickler immer mehr Restriktionen ein. Die Laufzeiten waren bei den großen Lieferpools nicht mehr zufriedenstellend und der Codeumfang wuchs.

„Die Wartung wurde immer schwieriger“, erinnert sich der Oberpfälzer. „Sowohl Technologien als auch die Wissenschaft haben sich weiterentwickelt, uns war klar, wir müssen auf eine neue Technik gehen, um auch zukünftig weiterhin Maßstäbe in der Branche zu setzen.“

Bauer und sein Team suchten nach externer Unterstützung. Über Oberpfälzer Beziehungen erfuhr Leopold Kuttner vom Bedarf bei Witron. Kuttner ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Industrielles Management von Prof. Dr. Udo Buscher an der TU Dresden.

„Wir drücken uns nicht vor realen Problemen“, scherzt Wissenschaftler Buscher.

Das Ziel des Projektes war also, die bestehende Tourenplanungslösung von Witron zu verbessern, wobei komplexe Transporttarife und verschiedene praxisrelevante Restriktionen berücksichtigt werden mussten. Zum Beispiel zählen zu den Restriktionen mehrere Zeitfenster, Auftragssplitting und ein heterogener Fuhrpark, und für das Packproblem Restriktionen wie Stapelbarkeit und LIFO-Entladung. Zum Lösen des Packproblems werden ein bewährtes Beladeoptimierungstool von Witron und ein vom Lehrstuhl entwickelter Packalgorithmus verwendet.

„Um zulässige Lösungen von guter Qualität zu erreichen, muss das Tourenplanungs- und das Packproblem integriert gelöst werden. In der Kombination dieser zwei anspruchsvollen Optimierungsprobleme liegt die Schwierigkeit der Aufgabenstellung. Als zusätzliche Herausforderung müssen zahlreiche, praxisrelevante Restriktionen berücksichtigt werden“, erklärt Kuttner, der das Projekt TU-seitig betreute.

Die Wissenschaftler erarbeiteten einen Proof of Concept und fügten diesem immer mehr praxisrelevante Restriktionen hinzu.

„Wir haben die Gesamtaufgabe in Teilprojekte zerlegt. Zur Vereinfachung wurden zu Beginn vorerst die meisten Nebenbedingungen vernachlässigt. Nach erfolgreicher Validierung der Teilabschnitte durch Witron wurden Nebenbedingungen angepasst und schrittweise weitere hinzugefügt, bis alle Planungsanforderungen abgedeckt wurden“, berichtet Kuttner.

Um das Problem der Tourenplanung und vor allem der Geschwindigkeit zu lösen, werden klassische Konstruktions- und Verbesserungsverfahren implementiert. Bei der integrierten Planung stellen die häufigen Aufrufe an das Beladeoptimierungstool den Flaschenhals bzgl. der Rechenzeit dar. Um diese Aufrufe möglichst gering zu halten, wird ein innovativer Pack-First Route-Second-Ansatz verfolgt. Hierbei ist die Grundidee das zeitintensive, dreidimensionale Problem durch eine eindimensionale Größe, die Lademeter, zu approximieren und somit Rechenzeit zu sparen. In Ergänzung dazu wird eine moderne Metaheuristik implementiert, heißt es am Lehrstuhl.

Durch das Projekt ist eine algorithmische Lösung zur Entscheidungsunterstützung entstanden, welche alternative Planungsvorschläge generiert, um Disponenten in der operativen Planung besser unterstützen zu können. So wird die Einhaltung aller Planungsvorgaben für die Touren- und Beladeplanung gewährleistet. Über eine parametrisierbare Kostenfunktion können Disponenten ihre Planungspräferenzen angeben und sich in Sekundenschnelle mehrere kostengünstige Vorschläge zu Tourenplänen generieren lassen. Durch die Zeitersparnis in der Planung können Disponenten anderen wertschöpfenden Aufgaben mehr Aufmerksamkeit schenken.

Bauer lobt die Geschwindigkeit der neuen Lösung. „Wir haben uns ganz neue Methoden angeschaut, viel aus dem E-Commerce gelernt und das dann um unsere Heuristik ergänzt.“

Validiert wurden die Teilabschnitte des Projekts mit Live-Daten aus der Produktion. „Da mussten sich auch die Wissenschaftler auf unsere Datenmodelle einlassen. Aber das verdeutlicht auch den Erfolg des Projekts, denn wir haben eine gemeinsame Sprache und gemeinsam mit unterschiedlichen Werkzeugen gearbeitet.“ Der praxiserfahrene IT-Experte Bauer weiß aber auch: „Wir müssen den Algorithmus jetzt weiter pflegen, weiterentwickeln. Das ist nicht immer leicht. Wir sind voll auf das Projektgeschäft ausgerichtet. Arbeiten sehr stark im Jetzt.“ 

Und dann blickt Dr. Bauer schon wieder nach vorne: „Der nächste Schritt ist die Implementierung der Lösung in den Lebensmitteleinzelhandel, denn in einer End-to-End-Plattform ist das ein entscheidender Baustein.“

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