Vom 40-Tonner bis zum Lastenfahrrad: Renault Trucks komplett elektrisch
Die Event-Location Münchner Motorworld ist kein schlechter Rahmen für den Deutschland-Aufschlag der E-Baureihen von Renault-Trucks. Der Bau atmet Geschichte: Das ehemalige Bahn-Ausbesserungswerk Freimann mit seiner riesigen, freitragenden Halle beherbergt heute ein Hotel, Konferenz-Räume, Cafes und hunderte geschichtsträchtiger, fahrbereiter Autos – ein würdiger Rahmen.
Bislang kannten wir hierzulande nur die elektrifizierten Light- und Medium-Trucks der Baureihen D und D Wide. Aber das Renault-Programm ist viel größer. Mittlerweile – und praktisch unbemerkt von der Fachwelt in Deutschland - ergänzen nun die batterieelektrischen Modelle der schweren T-Reihe und der C-Reihe für den Bau das Programm nach oben.
In Richtung leichter ist Renault ja schon lange mit dem Transporter E-Tech Trafic und dem E-Tech Master unterwegs. Letzteren präsentierte die Renault-Crew im allerneuesten Gewand: mit bulliger Front, neuem Kühler-Gesicht mit roter Querlinie und markanten Tagfahr-Lichtern.
Für uns waren freilich die neuen Schweren die Objekte der Begierde. Analog zur Entwicklung bei Volvo Trucks kümmerten sich die Ingenieure bei Renault Trucks (beide firmieren quasi als Geschwister unter der Mutter Volvo Group) nicht nur darum, möglichst schnell eine BEV-Sattelzugmaschine darzustellen, sondern auch – und das unterscheidet Volvo/Renault von der Konkurrenz – praktikable Lösungen für das Bauhaupt- und Nebengewerbe darzustellen. Einen klassischen Vertreter dieser Gattung konnten wir als 6x2 Abrollkipper einmal ums Karrè fahren. Dass sich der E-Antriebsstrang weder technisch noch vom Fahrgefühl her groß vom E-Volvo unterscheidet, ist zu erwarten: Beide sind praktisch identisch und bauen auf drei E-Motoren auf, die über ein Reduktionsgetriebe direkt über ein normales Optidriver-Getriebe (= I-Shift) und über ein kurze Kardanwelle eine konventionelle Hinterachse antreiben. So weit so bekannt. Neu und Renault-typisch ist dagegen das nunmehr voll digitalisierte Armaturenbrett. Ähnlichkeiten zur Volvo-Architektur finden sich allenfalls noch in der Gestaltung der Lenkradtasten. Was aber richtig schade ist: Renault hat die Wipptaste auf der Unterseite des Lenkrads offenbar wegrationalisiert. Das ist schade, denn damit verliert der Renault-Truck ein echtes Alleinstellungsmerkmal. Nämlich die Möglichkeit zwei Tempomat-Setzgeschwindigkeiten abzuspeichern und mit einem Tastendruck abzurufen.
Dafür gibt es jetzt ein wahrhaft originelles Gadget für den Beifahrerplatz: Das Tischmodul mit Schwenkarm. Das Brotzeittischchen verschwindet bei Nichtgebrauch hier nicht im Armaturenbrett, sondern ist als Tablett fest auf einem Schwenkarm montiert. Dadurch lässt es sich über das Armaturenbrett schwenken, zum Beifahrer hin oder sogar neben ihn, so dass eine ebene Fläche zwischen Fahrer- und Beifahrerplatz entsteht. Den Rest der Innenausstattung blieb praktisch unangetastet.
Renault Truck CEO Bruno Blin kann zu Recht stolz sein auf die komplette BEV-Nutzfahrzeugreihe, die Renault bereits heute anbieten kann. Nach München kam er samt Techniker-Entourage mit dem Zug. Es gehe schließlich um die hohen Ansprüche Renaults zur Dekarbonisierung. Und dazu gehöre neben der Bahn als Transportmittel nicht nur das passend Angebot an Fahrzeugen, sondern auch ein umfangreicher Support für die Kunden: Einsatzanalyse, notwendige Infrastruktur und nicht zuletzt deren Finanzierung versteht Renault Trucks als 360-Grad-Rundum-Sorglos-Paket für den Kunden.
„Mit dem Produktionsstart der Renault Trucks E-Tech T und C ist Renault Trucks nun der einzige europäische Hersteller mit einer Palette von Elektrofahrzeugen von 650 kg bis 44 Tonnen,“
sagt Bruno Blin, Präsident von Renault Trucks. Moment: 650 kg Gesamtgewicht? Genau. Gemeint ist das kleinste Mitglied der Renault-E-Flotte, das E-Lastenfahrrad. Auf die Frage, wie denn ein Lastenfahrrad in das Werkstatt-Konzept von Renault-Trucks passe, antwortete Bruno Blin: „ Das passt schon. Wir setzen das in Frankreich bereits in der Praxis um. Und: Warum auch nicht?“ Genau: Wer einen hochkomplexen E-Truck warten kann, wird wohl noch mit einem simplen Lastenfahrrad zurechtkommen.
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