Verkehrsgewerbe Niedersachsen: Doppelbelastung durch Maut und Energiekosten erheblich

Der GVN spricht von einer Kostenfalle und fordert gemeinsam mit Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies bessere politische Rahmenbedingungen.

 

Der Umstieg auf Elektro-Lkw ist gut und schön, aber wenn die Ladeinfrastruktur fehlt, bleibt der Truck liegen. (Foto: R. Domina)
Der Umstieg auf Elektro-Lkw ist gut und schön, aber wenn die Ladeinfrastruktur fehlt, bleibt der Truck liegen. (Foto: R. Domina)
Christine Harttmann

Das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bau und Digitalisierung und der Gesamtverband Verkehrsgewerbe Niedersachsen (GVN) haben eine gemeinsame Erklärung für einen klimafreundlichen Verkehrssektor unterzeichnet. Sie reagieren damit auf die von der Bundesregierung zugesagte Entlastung bei der Doppelmaut. Diese war nach den Protestwochen Anfang des Jahres versprochen worden.

Passiert sei aber bis heute nichts, monierte GVN-Hauptgeschäftsführer Benjamin Sokolovic. Die Bundesregierung habe den Ernst der Lage nicht begriffen. Der Verband hat sich deshalb einen neuen Verbündeten gesucht und, wie GVN-Präsident Mathias Krage berichtet, im niedersächsischen Wirtschaftsministerium auch gefunden. Gemeinsam habe man ein Papier auf den Weg gebracht, in dem es um den Erhalt und die klimafreundliche Transformation des deutschen Transportgewerbes geht.

Eine Branche in der Kostenfalle

„Die Logistik in Deutschland steckt fest in der Kostenfalle. Unsere Unternehmen können den doppelten Maut- und Energiekosten nur entgehen, wenn sie elektro- oder wasserstoffbetriebene Lkw einsetzen. Das Problem! Es gibt keine Fahrzeuge, keine Lade- oder Tankinfrastruktur und es gibt vor allem keine Stromnetze.“

Wie Krage weiter ausführt, müsste auch die Stromproduktion in Deutschland deutlich gesteigert werden. Der GVN-Präsident spricht von 187.000 Windrädern oder 61 Atomkraftwerken, die für den gesamten Verkehrssektor notwendig wären. Die Zahlen stammen vom BGL, wie eine Nachfrage ergab. Sie sind deutlich zu hoch gegriffen. Das hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) bestätigt.

Der Energiebedarf - einmal grob geschätzt

Dr. Wolf-Peter Schill, Leiter des DIW-Forschungsbereichs Transformation der Energiewirtschaft in der Abteilung Energie, Verkehr, Umwelt, antwortet auf eine Anfrage der Zeitung Transport mit einer ersten groben und konservativen Schätzung von 17.000 Windräder. Er verweist auf die Energiebilanz des Straßenverkehrs im Jahr 2022 mit rund 574 TWh. Bei einer Umstellung auf Elektromobilität sinkt dieser Endenergieverbrauch bei gleicher Fahrleistung deutlich, da der Elektromotor drei- bis viermal effizienter ist als der Verbrennungsmotor. Konservativ mit dem Faktor drei gerechnet, läge er laut Schill nur noch bei rund 191 TWh.

Um den dafür notwendigen Strom zu erzeugen, wären Onshore-Windenergieanlagen mit einer Leistung von rund 77 GW nötig – 2.500 Volllaststunden vorausgesetzt. Nimmt man eine moderate Leistung von 4,5 MW pro Windrad an, kommt man schließlich auf die oben genannten 17.000. Alternativ wären es, wollte man darauf setzen, 17 Atomkraftwerke.

Netzausbau ist Pflicht

Das alles ändert allerdings nichts daran, dass die Ladeinfrastruktur in Deutschland – insbesondere für Lkw – völlig unzureichend ist. Zu Recht appelliert daher GVN-Vizepräsident Georg Menell:

„Ohne den Ausbau der Stromnetze und Förderprogramme wird es in Deutschland keine klimafreundliche Transformation geben. Der Klimaschutz auf der Straße muss Chefsache werden. Hier ist Bundeskanzler Scholz gefragt.“

Verkehrsminister Olaf Lies ergänzt: „Unser Wirtschafts- und Industriestandort hängt von einer leistungsfähigen und vor allem wettbewerbsfähigen Transportbranche ab. Und genauso haben wir uns im Privaten an schnelle Lieferung, möglichst günstig und am besten binnen Tagesfrist, gewöhnt. Damit das so bleibt, brauchen unsere Güterverkehrsunternehmen aber Rahmenbedingungen, innerhalb derer sie wirtschaftlich arbeiten können.“

Hier sei die Politik gefragt, die Leitplanken so setzen, dass nachhaltiges Wirtschaften möglich bleibt, mahnt Lies ein wenig auch sich selbst.

„Einen Exodus Transportgewerbe können wir uns als Standort und genauso gesellschaftlich nicht leisten.“

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