Universität Duisburg-Essen: Forschungsprojekt zur Fernsteuerung von Binnenschiffen

Ein Konsortium aus drei Lehrstühlen der Universität Duisburg-Essen (UDE), dem Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme (DST) und anderen Beteiligten erforscht im Projekt FernBin die Fernsteuerung von Binnenschiffen – nun wurde im Rahmen der 13. Nationalen Maritimen Konferenz in Bremen live ein Fernsteuerstand demonstriert.

Robert Habeck am Fernsteuerstand: Von Bremen aus wurde das Frachtschiff Ernst Kramer im Duisburger Hafenbereich gesteuert. (Foto: Johannes Schwarz-Beutel)
Robert Habeck am Fernsteuerstand: Von Bremen aus wurde das Frachtschiff Ernst Kramer im Duisburger Hafenbereich gesteuert. (Foto: Johannes Schwarz-Beutel)
Anna Barbara Brüggmann

Vom 14. bis zum 15. September 2023 fand im Congress Centrum Bremen die 13. Nationale Maritime Konferenz statt. Zugegen waren nicht nur Regierungsvertreter sowie Teilnehmende aus der maritimen Wirtschaft, sondern auch Forschungs-Einrichtungen und Universitäten.

So stellten beispielsweise die Akteure des Projekts FernBin - Ferngesteuertes, koordiniertes Fahren in der Binnenschifffahrt – ein Exponat in Form eines Fernsteuerstandes aus und demonstrierten mit Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft sowie Klimaschutz Dr. Robert Habeck live dessen Funktionsweise. Das ferngesteuerte Schiff befand sich dabei im Duisburger Hafen, also in 230 Kilometer Luftlinie Entfernung.

„Ein Hightech-Fernsteuerstand ermöglicht es, von Bremen aus das Frachtschiff ‚Ernst Kramer‘ im Duisburger Hafenbereich zu steuern“, erläuterte Dr. Jens Neugebauer vom Institut für Schiffstechnik, Meerestechnik & Transportsysteme (ISMT) der UDE, und fügte hinzu: „Das autonome Fahren ist der Schlüssel für die Zukunft der Binnenschifffahrt“.

Projektbeteiligte

Bei dem Forschungsvorhaben werden Methoden zur Fernsteuerung von Binnenschiffen sowie Assistenzsysteme für die ferngesteuerte Schiffsführung entwickelt, validiert und implementiert.

Beteiligt sind neben dem Entwicklungszentrum für Schiffstechnik und Transportsysteme (DST) drei Lehrstühle der Universität Duisburg-Essen (UDE) - das Institut für Schiffstechnik, Meerestechnik & Transportsysteme (ISMT), der Lehrstuhl für Mechatronik und der Lehrstuhl für Steuerung, Regelung und Systemdynamik – sowie zudem die RWTH Aachen, die Bundesanstalt für Wasserbau, das Ingenieurbüro Kauppert sowie die Firmen Argonics und Innovative Navigation. Die Reederei Rhenus Partnership ist assoziierter Partner und stellt das Schiff für die Forschungs- und Erprobungsarbeiten bereit, so die Angaben.

Fernsteuerung - wie funktioniert das?

In Duisburg entstünden neue Impulse für die Automatisierungsforschung, das Projekt FernBin ebne Neugebauer zufolge zudem den Weg für völlig neue, attraktive Arbeitsplätze.

Aber wie könnte das ferngesteuerte Fahren künftig konkret aussehen? Der Schiffsführer steuere das Schiff nicht mehr von seinem Steuerstand im Steuerhaus, sondern eben von einem Fernsteuerstand an Land, so die Forschenden. Der fernsteuernde Schiffsführenden werde dabei von Assistenzsystemen unterstützt.

Die Systeme wiederum sollen dynamisch auf den umgebenden Verkehr reagieren und Verkehrsinformationen in Echtzeit verarbeiten. Von einer Leitstelle beobachtet dann ein Operator das Verkehrsgeschehen und greift gegebenenfalls koordinierend ein, so das Zukunftsszenario.

Prof. Dr. Pedro José Marrón, Prorektor für Transfer, Innovation und Digitalisierung, sieht in der Möglichkeit, ein Binnenschiff mit Assistenz- und Notfallsystemen fernzusteuern, einen wichtigen strategischen Beitrag, um die Schifffahrt wirtschaftlich leistungsstark zu halten. Zugleich biete dies Antworten „auf die entscheidenden strategischen Herausforderungen der Binnenschifffahrt für mehr Umweltschutz, Wirtschaftlichkeit, Sicherheit und zur Lösung des Fachkräftemangels.“

Technische Voraussetzungen

Zur Realisierung dieses Vorhabens sind nach Angaben der Projektbeteiligten verschiedene Schritte erforderlich: zunächst die entsprechenden technischen Ansätze zur Fernsteuerung der Schiffe. Nötig seien die erforderlichen Sensoren und Aktoren sowie die zugehörigen Schnittstellen, der Fernsteuerstand an Land, ein Datenprotokoll zur Gewährleistung einer robusten und sicheren Datenübertragung sowie Assistenzsysteme zur Bahnführung und zur Kollisionswarnung.

Auch zur Realisierung der Assistenzsysteme sei die Prognose des Fahrverhaltens anderer Verkehrsteilnehmer, insbesondere in fließenden Gewässern erforderlich. Berücksichtigt werden müssten vor allem die Manövriereigenschaften des Schiffes und das Verhalten der anderen Schiffsführer.

Das Ziel: ein adaptives Navigationssystem, das dynamisch auf den umgebenden Verkehr reagiert und Verkehrsinformationen in Echtzeit verarbeitet. Es soll den fernsteuernden Schiffsführer unterstützen, den Raumbedarf für die Begegnung von Schiffen prognostizieren und visualisieren sowie mögliche Optionen des Schiffsführers anzeigen. So könne der Schiffsführer das eigene Schiff in Abhängigkeit des Verhaltens anderer Verkehrsteilnehmer sicher und zuverlässig navigieren.

Um bei einem gemischten Verkehr aus ferngesteuerten, automatisiert fahrenden und konventionellen Schiffen den Überblick zu behalten, könnte eine Leitstelle realisiert werden, die über umfassende Informationen über das Verkehrsgeschehen an der Wasserstraße verfügt – mit einem Operator, der in einem Leitstand die Situation beobachtet und gegebenenfalls lenkend eingreifen könnte. In der Leitstelle könnten darüber hinaus Informationen aus verschiedenen Quellen gesammelt und ausgetauscht werden.

Vorstufe zur Automatisierung

In der geplanten „Forschungsstrategie zum automatisierten Fahren in der Binnenschifffahrt“ sei das ferngesteuerte Fahren ein Zwischenschritt auf dem Weg zum automatisierten Fahren, so das Konsortium. Viele der Techniken und Komponenten, die entwickelt werden, sollen zu einem späteren Zeitpunkt auch auf einem automatisierten Binnenschiff zum Einsatz kommen.

Bei komplett autonom fahrenden Binnenschiffen könnte in Zukunft die Fernsteuerfunktionen als Rückfallebene im Notfall fungieren, sodass man bei Systemausfällen oder kritischen Situationen manuell eingreifen könnte.

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