Umstrittener MSC-Deal: Hamburger Haushaltsausschuss vertagt Entscheidung zum

(dpa/lno) Eigentlich wollte die rot-grüne Koalition im Hamburger Senat den umstrittenen Einstieg der Reederei MSC beim Hamburger Hafenlogistiker HHLA im Haushaltsausschuss durchwinken. Doch daraus wurde überraschend nichts.

Ein Container wird auf dem Container-Terminal Altenwerder im Hamburger Hafen mit einer Containerbrücke auf ein Schiff geladen. (Foto: Daniel Reinhardt/dpa)
Ein Container wird auf dem Container-Terminal Altenwerder im Hamburger Hafen mit einer Containerbrücke auf ein Schiff geladen. (Foto: Daniel Reinhardt/dpa)
Christine Harttmann

Der Haushaltsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft hat seine Entscheidung zum umstrittenen Einstieg der weltgrößten Reederei MSC beim Hafenlogistiker HHLA überraschend vertagt. Eigentlich wollte das Gremium den Deal des rot-grünen Senats am Dienstagabend mit der Stimmenmehrheit der Regierungskoalition durchwinken. Doch daraus wurde nichts, weil die Linken den Plan mit einem Antrag auf eine Öffentliche Anhörung durchkreuzten. Laut der Geschäftsordnung der Hamburgischen Bürgerschaft muss eine Öffentliche Anhörung stattfinden, wenn mindestens 20 Prozent der Ausschussmitglieder dies wünschen. Der Haushaltsausschuss hat 23 Mitglieder, sechs davon entfallen auf die Opposition aus CDU, Linken und AfD.

Als Termin für die Anhörung wurde der 20. Juni 2024 (14.00 Uhr) vereinbart. Im Anschluss daran sind eine Senatsbefragung und der nicht öffentliche Teil der Sitzung des Haushaltsausschusses geplant. Durch die Anhörung könnte der Plan der rot-grünen Koalition, den Deal noch in der letzten Bürgerschaftssitzung vor der Sommerpause am 10. Juli 2024 endgültig abzusegnen, ins Wanken kommen. Zuvor hatten bereits der Ausschuss für öffentliche Unternehmen und der Wirtschaftsausschuss den Plan des rot-grünen Senats durchgewinkt.

„Wir müssen diesen unseligen Deal vertieft diskutieren“, begründete der Linken-Hafenexperte Norbert Hackbusch den Antrag. Und zwar schon deshalb, weil der Vertrag Anfang vergangener Woche noch einmal geändert worden sei. „Es geht um die privilegierte Abfertigung von MSC am Burchardkai – und die steht im Konflikt mit der in der Drucksache betonten Diskriminierungsfreiheit“, sagte Hackbusch.

Dem widersprach jedoch Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD), die erneut ein diskriminierungsfreies Anlaufen des Terminals zusicherte.

Der Haushaltsexperte der CDU-Opposition, Thilo Kleibauer, zeigte sich ebenfalls skeptisch ob des geplanten Deals. Es gebe noch viele offene Fragen. Ähnliches kam von Vertretern der AfD und der FDP. Der SPD-Fachsprecher für öffentliche Unternehmen, Markus Schreiber, nannte den Deal dagegen eine kluge Idee und einen großen Aufschlag für den Hamburger Hafen. Grünen-Fraktionschef Dominik Lorenzen zeigte sich offen für eine Anhörung. Gleichzeitig betonte er, dass seine Fraktion die Chancen des Deals höher einschätze als die Risiken und sie diesem deshalb zustimmen werde.

Vor Beginn der Sitzung des Haushaltsausschusses hatten Hafenarbeiterinnen und Hafenarbeiter sowie die Gewerkschaft Verdi vor dem Rathaus noch einmal gegen den geplanten Einstieg der Mediterranean Shipping Company (MSC) mit Sitz in Genf bei der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) protestiert. Dabei übergaben sie dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, Mathias Petersen (SPD), einen entsprechenden Brief und kündigten weitere Demonstrationen an. Darin kontern sie Aussagen des MSC-Deutschlandchefs Nils Kahn zu dem Geschäft unter anderem mit:

„Wir glauben Ihnen kein Wort und appellieren an die Bürgerschaftsabgeordneten, sich ebenfalls nicht täuschen zu lassen.“

Petersen sagte bei der Übergabe des offenen Briefs auf dem Rathausmarkt, er sei als Ausschussvorsitzender zur Neutralität verpflichtet.

Aber „alle wissen, wie ich denke“.

Der SPD-Politiker hatte zuvor in der Bild-Zeitung angekündigt, gegen das Geschäft zu stimmen.

„Der Deal ist schlecht für Hamburg. Ich will mir von meinen Kindern und Enkeln nicht vorwerfen lassen, dass ich nicht für unseren Hafen gekämpft habe“, sagte er.

Ähnlich äußerte sich auch der Verdi-Fachbereichsleiter André Kretschmar:

„Der Deal ist ein schlechter Deal für unsere Stadt und für die Menschen im Hafen.“

Der Senat verweise gerne darauf, dass die Stadt Hamburg Mehrheitseignerin bleibe, doch gleichzeitig habe er MSC weitgehende Vetorechte eingeräumt.

„Das macht uns große Sorgen. Wir müssen davon ausgehen, dass MSC sich spätesten in fünf Jahren, wenn die Bestandszusagen an die Beschäftigten enden, als Wolf im Schafspelz entpuppen wird“, sagte Kretschmar.

Der Senat will MSC bei der HHLA an Bord holen, um den Containerumschlag zu stabilisieren. Die Stadt und das der italienischen Reederfamilie Aponte gehörende Unternehmen sollen die HHLA künftig als Gemeinschaftsunternehmen führen, bei dem die Stadt eine Mehrheit von 50,1 Prozent hält. Bislang gehörten der Stadt rund 70 Prozent der börsennotierten HHLA.

Im Gegenzug will die weltgrößte Reederei MSC ihre Deutschlandzentrale in Hamburg bauen, das Ladungsaufkommen im Hafen von 2025 an erhöhen und laut Drucksache bis 2031 auf eine Million Standardcontainer (TEU) pro Jahr steigern. Zudem wollen MSC und die Stadt das Eigenkapital der HHLA um 450 Millionen Euro erhöhen. Zuletzt musste der Hafen Rückschläge hinnehmen. So sank der Umschlag von Seegütern im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2022 um 4,7 Prozent auf 114,3 Millionen Tonnen - der niedrigste Wert seit 2009.

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