Timocom Transportbarometer: Transportmarkt aus dem Ungleichgewicht

Das Timocom Transportbarometer zeigt, wie das Verhältnis von Fracht- und Laderaumangeboten in Europa auseinanderdriftet. Zugleich bremst das Mobilitätspaket grenzüberschreitende Kleintransporte aus. Hier finden Sie die aktuellen Zahlen des Timocom Transportbarometer für das 1. Quartal 2023.

Zu viel Fracht, zu wenig Laderaum: Der Markt in Europa ist aus dem Gleichgewicht gekommen. (Foto: Pixabay)
Zu viel Fracht, zu wenig Laderaum: Der Markt in Europa ist aus dem Gleichgewicht gekommen. (Foto: Pixabay)
Christine Harttmann

Reduzierte Frachtkapazitäten, fehlender Laderaum – das aktuelle Timocom Transportbarometer lässt den Schluss zu, dass sich gestiegene Energiepreisen und höhere Material- und Personalkosten auch auf den Straßengüterverkehr auswirken.

Transportengpässe befeuern Preisspirale in Europa

Trotz anhaltender Lieferengpässe, dem Mangel an Rohstoffen und fehlenden Zulieferteilen in der Produktion, ist der Transportbedarf auf der Straße nach wie vor hoch. Doch während die Nachfrage nach Laderaum weiter steigt, befeuern der Statistik zufolge Fahrermangel und Transportengpässe die Preisspirale. Das Verhältnis von Frachtangeboten zu Laderaumangeboten ist in Europa in einem immensen Ungleichgewicht, das zeichnet sich im Verlauf des zweiten Quartals deutlich ab. Das Verhältnis von Frachten gegenüber de, angebotenen Laderaum lag in Europa im Juni durchschnittlich bei 85 zu 15.

Innerhalb Deutschlands lag das Verhältnis sogar im Durchschnitt bei 89 zu 11. In zweiten Quartal waren hierzulande vor allem April und Mai Monate mit hoher Nachfrage nach Laderaum und mit entsprechend vielen Frachtangeboten in der Frachtenbörse von Timocom. Die Frachteingaben stiegen im April 2022 um 26 Prozent gegenüber März 2022. Im Juni ging die Nachfrage um acht Prozent gegenüber dem Vormonat leicht zurück, lag aber immer noch 14 Prozent über dem Vorjahreswert. Insgesamt gab es im zweiten Quartal bei innerdeutschen Transporten ein Plus von 63 Prozent gegenüber dem ersten Quartal.

Transportkapazitäten reduziert – weniger Laderaum verfügbar

Dass viele Transportunternehmen und Spediteure ihre Kapazitäten reduziert oder stillgelegte Transportkapazitäten nicht wieder aktiviert haben, führt Timocom auf gestiegene Rohstoff- und Energiepreise sowie den Fahrermangel zurück. Das Gesamtangebot an verfügbaren Lkw in der Frachtenbörse sei im April um 19 Prozent zurückgegangen, so die Mitteilung. Im gesamten Quartal waren sieben Prozent weniger Laderaum verfügbar als in ersten Quartal. Auch gegenüber dem Vorjahresquartal ist das Lkw-Angebot um zehn Prozent gesunken.

„Wir befinden uns in einem Auftragnehmer-Markt“, beschreibt Gunnar Gburek, Head of Business Affairs bei Timocom, die derzeitige Situation. „Die Bedeutung, kurzfristig Laderaum am Spotmarkt zu bekommen, hat trotz höherer Kosten zugenommen. Alle reden von Preisen, aber hier zeigt sich, dass die Verfügbarkeit von Transportkapazitäten aktuell wichtiger ist als ein günstiges Angebot.“

Etwas Entlastung am Markt könnte der Ende Juni vorgelegte Lösungsvorschlag der EU-Kommission bringen. Der Vorschlag sieht vor, ukrainischen Berufskraftfahrern den Zugang zum europäischen Arbeitsmarkt zu erleichtern. So sollen geflüchtete ukrainische Fahrer für die Dauer ihres Schutzstatus mit ihrem ukrainischen Führerschein in der EU fahren dürfen, ohne ihn umzuschreiben. Außerdem sollen Berufskraftfahrerqualifikationen aus der Ukraine europaweit anerkannt werden.

Mobilitätspaket I – Grund für Rückgang bei grenzüberschreitenden Transporten?

In Polen zeichnen sich wieder erste Kapazitätszuwächse ab: Die Nachfrage nach neuen Lkw steigt. Laut polnischer Fachmedien planen 70 Prozent der dort ansässigen Transportunternehmen trotz hoher Preise, neue Fahrzeuge zu kaufen. Das Problem ist das geringe Angebot an Neufahrzeugen: Spediteure müssen mehrere Monate bis sogar ein Jahr auf ein neues Gefährt warten.

Mit dem Inkrafttreten des Mobilitätspakets I können viele Transporteure, die noch keine EU-Transportlizenz für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen erhalten oder beantragt haben, seit dem 21. Mai keine internationalen Transporte innerhalb der Europäischen Union mehr durchführen. Timocom sieht darin die Hauptursache, warum grenzüberschreitende Transporte bis 3,5t von und nach Polen im Juni im Vergleich zum Vormonat um 38 Prozent zurückgingen. Die Frachteingaben in Polen nahmen im zweiten Quartal insgesamt um vier Prozent zu. Einer der Gründe sei der Zuwachs des E-Commerce-Geschäfts, auch durch die Verlagerung ukrainischer Unternehmen nach Kriegsbeginn nach Polen, so Timocom.

Damit erkläre sich auch, dass das Transportbarometer für den polnischen Binnenverkehr im Juni 2022 wieder ein durchschnittliches Fracht- und Laderaum-Verhältnis von 70:30 zeigte.

„Auf ein Ende des Ungleichgewichts am Transportmarkt werden wir jedoch eine Weile warten müssen“, prognostiziert Gunnar Gburek.

Nachfrage nach Lagerflächen steigt

Die aktuelle Situation in der Logistik hat die Nachfrage nach Lagerflächen in Polen angekurbelt. Zum Beispiel hat der Transport von Weizen aus der Ukraine zusätzlichen Lagerbedarf in Polen erzeugt. Hunderte Transporte sorgten kurzfristig an den Grenzen der beiden Länder vorübergehend für Chaos. Im System von Timocom führte das zu einem kurzen Peak auf der Relation Ukraine – Polen Ende Mai und Anfang Juni dieses Jahres.

Das Angebot an leerstehenden Lagerflächen ist im ersten Quartal 2022 von 3,9 Prozent auf 3,3 Prozent gesunken. Dieser Trend setzt sich im aktuellen Quartal fort und lässt die Mietpreise steigen.

Mit seinem Transportbarometer analysiert Timocom seit 2009 die Entwicklung von Transportangebot und -nachfrage in 46 europäischen Ländern. Mehr als 147.000 Nutzer generieren täglich bis zu eine Million internationale Fracht- und Laderaumangebote im Smart Logistics System.

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