T&E-Analyse: Internationale Emissionen im Luft- und Seeverkehr mit berücksichtigen

Bezieht man alle Emissionen des Luft- und Seeverkehrs mit ein, liegt der deutsche CO2-Ausstoß viel höher, so eine T&E-Studie. Aktuell sind nur Inlandsemissionen enthalten. Kurz- und mittelfristig muss der Flugverkehr schrumpfen.

Elektrifizierte Flugzeuge würden erst ab 2040 signifikant zur Reduktion der Emissionen in der Luftfahrt beitragen, schätzt die NGO T&E. Im Bild: Lilium-Jet und Terminal. (Foto: Lilium)
Elektrifizierte Flugzeuge würden erst ab 2040 signifikant zur Reduktion der Emissionen in der Luftfahrt beitragen, schätzt die NGO T&E. Im Bild: Lilium-Jet und Terminal. (Foto: Lilium)
Anna Barbara Brüggmann
(erschienen bei VISION mobility von Johannes Reichel)

Das deutsche Emissionsbudget mit seinem Sektorziel für den Verkehr erfasst nicht alle Emissionen, die durch Deutschland verursacht werden. Das legt eine neue Studie der Umweltdachorganisation Transport & Environment (T&E) dar. Das Klimaschutzgesetz umfasse heute nur die inländischen Flüge und Schiffsrouten, moniert die NGO.

Die innereuropäischen und die internationalen Emissionen, die mit über 90 Prozent den Löwenanteil der Gesamtemissionen des Luft- und Schiffsverkehrs ausmachten, blieben dabei unberücksichtigt. Würden diese mit einbezogen, fielen die Verkehrsemissionen im Jahr 2021 nahezu 20 Prozent höher aus. 2019, also vor dem Pandemie-bedingten Rückgang im Luftverkehr, waren es sogar 25 Prozent, mahnt die Organisation.

“Die aktuelle Klimabilanz ist nur ein Teil der Wahrheit. Die neue Bundesregierung strebt eine klimaneutrale Zukunft für das Land an. Dennoch blendet sie bei der jüngst veröffentlichten Emissionsschätzung mehr als ein Viertel der Verkehrsemissionen aus. Die deutschen Emissionen des Luft- und Seeverkehrs auf internationalem Gebiet müssen mit in das nationale Klimabudget aufgenommen werden. Das Vereinigte Königreich hat bereits gezeigt, dass dies möglich ist", plädiert Silke Bölts, Referentin für Luftverkehrspolitik bei T&E.

Die neue Roadmap "Der wahre Klimaeffekt des deutschen Luft- und Seeverkehrs" will einen Weg zur Dekarbonisierung aller Schiffs- und Flugverkehrsemissionen Deutschlands bis 2050 aufzeigen. Dabei sieht man drei Ansätze zentral.

 

Eine zentrale Lösung sind grüne wasserstoffbasierte Kraftstoffe wie E-Kerosin, E-Ammoniak oder grüner Wasserstoff selbst. Im Luftverkehr sind ambitionierte Vorgaben für E-Kerosin auf europäischer Ebene notwendig. Hierfür ist im Rahmen der europäischen Regulierung ReFuelEU bereits ein Beimischungsziel im Jahr 2025 erforderlich.

Bis 2030 muss der Anteil von E-Kerosin am Kraftstoffverbrauch EU-weit auf 2 Prozent steigen. In der Verordnung für die Schifffahrt FuelEU Maritime sollten die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Emissionsminderungsziele stark verschärft werden, sodass bis spätestens 2050 die Klimaneutralität in der Schifffahrt erreicht werden kann.

Zudem bedarf es einer RFNBO-Unterquote von sechs Prozent im Jahr 2030. Der Einsatz von LNG darf im Rahmen von FuelEU Maritime nicht gefördert werden.

Steigerungen in der Kraftstoffeffizienz bei Schiffen sind möglich und umsetzbar. Zu den wichtigsten Effizienzmaßnahmen gehören verbesserte Antriebe und Motoren, sowie Strömungsoptimierung und die Nutzung des Windes durch moderne Segelformen. Bereits bis 2035 kann durch eine gesteigerte Effizienz kumuliert 17,3 Mt CO2 eingespart werden, zeigt die Roadmap.

Auch im Luftverkehr können weitere Effizienzsteigerungen zu signifikanten Emissionseinsparungen führen. Mögliche Quellen der Treibstoffeffizienz sind u. a. ein verbesserter organisatorischer Ablauf, eine erhöhte Aerodynamik und leichtere Verbundwerkstoffe.

Elektrische und mit Wasserstoff betriebene Flugzeuge würden erst ab etwa 2040 signifikant zur Emissionsreduktion beitragen. Produktionskapazitäten für grüne, wasserstoffbasierte Kraftstoffe müssen noch skaliert werden, bevor sie in großem Maßstab in Flugzeugen verwendet werden können.

"Der technologische Verzug und Dekaden des regulatorischen Nicht-Handelns machen einen Nachfragerückgang im Luftverkehr für kurz- bis mittelfristige Emissionsminderungen unumgänglich", so das Urteil der NGO

In der Roadmap wird angenommen, dass sich die Geschäftsreisen bis 2050 gegenüber 2019 halbieren. Durch den Rückgang der Geschäftsreisen können so insgesamt rund 199 Mt CO2 im Vergleich zur modellierten Baseline eingespart werden. Für Freizeitreisen sei eine Stagnation des bisherigen Wachstums nötig, sodass das Aufkommen der privaten Flüge bis 2050 auf dem Niveau von 2019 bleibt. Hierfür hält eine faire Bepreisung des Fliegens, die den Klimaeffekt dieser wirtschaftlichen Aktivitäten objektiv widerspiegelt, für zentral.

Mit den Maßnahmen, die die NGO vorschlägt, könnten die Emissionen des Luftverkehrs in Deutschland bis 2030 um 31,5 Prozent und für die Schifffahrt um 38,6 Prozent gesenkt werden sowie die Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 erreicht werden.

“Die Einbeziehung der internationalen Emissionen in das deutsche Klimaschutzgesetz macht erst eine vollständige Klimaneutralität möglich. Die Dekarbonisierung von Luft- und Schifffahrt ist möglich und zwingend notwendig. Es gibt Lösungen, aber wir brauchen jetzt den politischen Anreiz, um voranzukommen, und zwar schnell. Nur dann wird das Klimaschutz-Sofortprogramm seinem Namen gerecht werden", appelliert Silke Bölts.

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