Studie: Welche Umweltfolgen haben Scrubber auf die Ostsee?

Das aus den Schiffs-Scrubbern abgelassene Wasser hat einen größeren Anteil an der Menge umweltschädlicher und krebserregender Stoffe in der Ostsee als bislang angenommen – zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Technischen Hochschule Chalmers in Göteborg.

 Die Studie untersuchte den Gesamteintrag an krebserregenden Stoffen und Schwermetallen in die Ostsee unterteilt nach küstennaher Industrie, Schiffen, und Freizeitbooten – und nach Abfluss aus Flüssen und anderen Wasserläufen sowie durch atmosphärische Ablagerungen. (Symbolbild: Pixabay)
Die Studie untersuchte den Gesamteintrag an krebserregenden Stoffen und Schwermetallen in die Ostsee unterteilt nach küstennaher Industrie, Schiffen, und Freizeitbooten – und nach Abfluss aus Flüssen und anderen Wasserläufen sowie durch atmosphärische Ablagerungen. (Symbolbild: Pixabay)
Anna Barbara Brüggmann

Scrubber, also Gaswäscher beziehungsweise Abgasreinigungsanlagen, sollen an Bord von Schiffen dafür sorgen, deren Abgase mithilfe von Seewasser zu säubern und die säurebildenden Schwefelemissionen in die Luft zu reduzieren. Doch gleichzeitig entsteht damit eine neue Quelle von Emissionen, so Forscher der Technischen Hochschule Chalmers im schwedischen Göteborg. Denn das Waschwasser, das versäuert ist und verschiedene Schwermetalle und andere Giftstoffe enthält, werde ins Meer eingeleitet.

Über die Auswirkungen der Abgasreinigung auf das Waschwasser, das ins Meer verklappt wird, herrschte lange Unwissenheit. Die Technische Hochschule Chalmers setzte nun einen Untersuchungsauftrag fort, den das schwedische Zentralamt für Transport und das Amt für Meeres- und Wasserwirtschaft von der Regierung erhielten.

Folgen für die Umwelt

Dabei ging es darum, herauszufinden, welche Umweltfolgen die Scrubber in der Ostsee im Vergleich zu anderen Umweltgift-Emittenten haben. Das Ergebnis: Der Studie zufolge hat das Waschwasser aus den Gaswäschern einen Anteil von bis zu neun Prozent an der Gesamtmenge bestimmter krebserregender und umweltschädlicher Stoffen, die in die Ostsee emittiert werden - wesentlich mehr, als bislang bekannt war.

Die Forscher bezogen sich auf sogenannte polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe, auch PAH abgekürzt. Zudem habe sich die Anzahl der Schiffe mit Scrubbern seit der Durchführung der Studie mehr als verdreifacht.

„Wir warnen seit vielen Jahren schon davor, dass die Gaswäsche eine Technologie ist, die für unverhältnismäßig hohe Einleitungen gefährlicher und säurebildender Stoffe in die Meeresumwelt steht. Dennoch war ein starker Anstieg der installierten Scrubber festzustellen, was durch die ökonomischen Vorteile für die Reedereien bedingt ist“, so Ida-Maja Hassellöv, Assistenzprofessorin und Forscherin an der Abteilung für Meereskunde bei Chalmers, und fügt hinzu: „Deshalb ist es von großem Gewicht, dass Behörden und Entscheidungsträger*innen nun bald aufwachen und eine Regelung verabschieden, die die Emissionen und Auswirkungen der Seefahrt auf die maritime Umwelt reduzieren“.

Dreckiges Waschwasser

Die Studie wurde im Marine Pollution Bulletin veröffentlicht und stellt fest, dass Schiffe, die ihre Abgase reinigten, mehr als 200 Millionen Kubikmeter umweltschädliches Waschwasser in die Ostsee abließen – innerhalb eines Jahres. Darüber hinaus tragen Schiffe mit Antifouling-Anstrich auf Kupferbasis mit einem Drittel zur Gesamtmenge des in die Ostsee eingetragenen Kupfers beitragen, so ein weiteres Ergebnis der Studie.

Kupfer in Rumpfanstrichen stelle laut den Studienverfassern schon länger ein bekanntes Umweltproblem dar, da Schwermetalle in der Umwelt nicht abgebaut werden könnten und deswegen zu hohen Gehalten in Wasser, Sedimenten und Boden führten. Bislang sei jedoch der genaue Anteil, den Boots- und Schiffsverkehr am Gesamteintrag von Kupfer haben, nicht bekannt gewesen.

Auch die krebserregenden PAH seien persistent und könnten sich weit in der Umwelt ausbreiten, bevor sie abgebaut werden. Nach Aussage von Erik Ytreberg, Dozent und Meereskundler bei Chalmers und zugleich Hauptautor der Studie, zeigen die Forschungs-Ergebnisse das beträchtliche Ausmaß des Anteils der Schifffahrt an den Gefahrstoffen in der Ostsee.

„PAH-Kohlenwasserstoffe sind für den Menschen wie für Wasserorganismen äußerst giftig, da sie unter anderem cancerogen sind. Es ist aber wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Daten der Studie bereits 2018 gesammelt wurden. Damals verwendeten etwa 180 Schiffe in der Ostsee Gaswäscher. Seitdem ist die Anzahl solcher Schiffe markant angestiegen – 2021 waren es bereits 600 Schiffe, die in der Ostsee mit Scrubbern unterwegs waren“, verdeutlicht Ytreberg.

Die Emissionen durch die Schifffahrt wurden mithilfe eines Modells berechnet, mit dem sich die Position eines Schiffes in Echtzeit bestimmen lässt. Verschiedene Datenbanken wurden miteinander verbunden mit Angaben, ob ein Schiff mit Scrubbern ausgestattet ist. Die Forscher konnten so modellhaft darstellen, welche Eintragsmengen und Volumina an Gefahrstoffen die Schiffe in die Ostsee emittiert haben.

Zeit, zu handeln

Aufgrund dieser Ergebnisse habe das Amt für Meeres- und Wasserwirtschaft sowie das Zentralamt für Transport ein Verbot zum Einleiten des sogenannten Scrubber-Wassers in den inneren Gewässern der schwedischen Ostseeküste vorgeschlagen. Schweden wäre dann Ytreberg zufolge das erste skandinavische Land mit einem solchen Verbot.

Unter den Ostseeanrainerstaaten habe lediglich Deutschland schon seit Längerem eine solche Gesetzgebung; mehrere europäische Länder hätten die Einleitung von Scrubber-Wasser in den Häfen reguliert. Die Chalmers-Wissenschaftler erhoffen sich jedoch für die Zukunft eine umfassendere Regulierung.

„Der Vorschlag, dass Schweden das Verklappen des Waschwassers in seinen inneren Gewässern verbieten will, ist natürlich gut. Doch damit werden lediglich ein bis zwei Prozent der Scrubber-Einleitungen, die es heute insgesamt in der Ostsee gibt, reguliert“, sagt Ytreberg. „Schweden hätte auch ein Verbot für unsere Hoheitsgewässer vorschlagen können, also für das Küstenmeer. Dann würden ungefähr 15–17 Prozent der Scrubber-Emissionen in die Ostsee unter die Regelung fallen.“

Die größten Auswirkungen hätte aber nach Aussage des Studienverfassers ein internationales von allen Ostsee-Anrainerstaaten gemeinsam vereinbartes Verbot zur Einleitung von Waschwasser.

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