Studie: Hersteller Larry vs. Harry zeigt Lastenradeinsatz in Brüssel
Die Auslieferungen auf der letzten Meile nehmen stark zu, und Lastenfahrräder haben dabei das Potenzial, das Geschäft zu verändern. So viel steht fest, aber bisher gibt es nur wenige handfeste Daten zur Wirtschaftlichkeit und Effizienz der Lastenräder. Der dänische Hersteller und Pionier Larry vs. Harry wollte es genauer wissen und startete ein bisher ziemlich einzigartiges Last-Mile-Projekt in Brüssel: Zusammen mit dem Lastenradlogistiker Urbike analysierte man den alltäglichen Betrieb GPS-gestützt und wissenschaftlich begleitet. Die Ergebnisse liegen nun vor.
Bei der Auslieferung von Waren im Brüsseler Stadtzentrum legten die elektrischen und klassischen Long-John eBullitt-Lastenfahrräder 30 Prozent kürzere Strecken zurück und fuhren mit 16 km/h gegenüber 11 km/h für Lieferwagen, die durch Staus behindert wurden, so die Studie. Die Lastenfahrräder waren mehr als doppelt so schnell wie Lieferwagen und benötigten für eine typische 8,5 km lange Fahrradstrecke im Brüsseler Stadtzentrum 48 Minuten gegenüber 99 Minuten.
Sechs Wochen, eine Botschaft: Doppelte Paketquote
Über einen Zeitraum von anderthalb Monaten lieferten die Lastenfahrräder im Durchschnitt 10,1 Pakete pro Stunde aus, während die Lieferwagen 4,9 Pakete pro Stunde zu denselben Zielen bringen konnten. Die Fahrräder umfahren Staus, nehmen Abkürzungen durch Straßen, die für den Durchgangsverkehr gesperrt sind, und fahren im Durchschnitt bis auf 30 Meter an die Zustellpunkte heran, so dass die Gehzeit minimiert wird. Frühere Studien haben dagegen gezeigt, dass Lieferwagen bis zu 25 Minuten pro Haltestelle mit der Suche nach einem Parkplatz verbringen können.
Für die Studie wurden GPS-Daten von zweirädrigen elektrischen Bullitt-Lastenrädern des Kurierdienstes Urbike in Brüssel, Belgien, verwendet. In Ermangelung von Transporterdaten wurden die GPS-Daten der Fahrräder mit simulierten Transporterdaten verglichen.
Betriebskosten viel günstiger: Es geht eben doch!
Die Modellierung der Gesamtbetriebskosten beweist außerdem die wirtschaftlichen Vorteile der Fahrräder. Die Anschaffungskosten für elektrische Bullitt-Lastenfahrräder betragen nur einen Bruchteil der Kosten für typische Diesel- und Elektrotransporter. Rechnet man die Kosten für Versicherung, Wartung, Abschreibung und Energie hinzu, sind die Ausgaben für Transporter pro Paket bis zu 10 Mal höher. Unter Berücksichtigung der fixen und variablen Kosten kostet jede Lieferung mit dem Lastenfahrrad 0,10 €, mit einem kleinen Diesel-Van 1,10 € und mit einem kleinen Elektro-Van 1,05 €.
Emissionsfreie Fahrradlogistik
Die elektrischen Bullitt-Lastenfahrräder senken die Treibhausgasemissionen um 96-98 Prozent im Vergleich zu Diesel- und Elektrotransportern, basierend auf umfassenden Lebenszyklusanalysen, so die Feststellung. Bis 2025 werden weltweit 200 Milliarden Pakete ausgeliefert, ein deutlicher Sprung von weniger als 90 Milliarden im Jahr 2018 (Statista, 2021). Eine kürzlich in Paris durchgeführte Studie zeigte, dass 67 Prozent der täglichen Transporte eines bekannten Logistikunternehmens nahtlos und ohne zusätzliche Kosten auf Lastenfahrräder umgestellt werden könnten (Robichet et al., 2022).
Der Einsatz von Lastenfahrrädern gewährleiste also nicht nur ein effizientes, schnelles und zuverlässiges System für die Zustellung auf der letzten Meile, sondern trage auch zu einer drastischen Verringerung der CO2-Emissionen, der Luftverschmutzung und der Kollisionen im Straßenverkehr bei, unterstreichen die Studienautoren.
Weniger Verschmutzung, Lärm und Unfälle
Dies ist zunehmend ein schlagkräftiges Argument für städtische Entscheidungsträger, die sich für den Umstieg auf Lastenräder aussprechen. Und auch für ihre Wähler, die Stadtbewohner, für die der Übergang zu menschlicheren Städten mit besseren und sichereren Lebensbedingungen beitragen wird. Wenn Sie in einem städtischen Gebiet leben und arbeiten und jeden Tag zur Arbeit fahren - vielleicht auch Ihr Kind in die Kita oder Schule bringen -, dann können Sie viele Fahrstunden pro Jahr einsparen, wenn Sie ein Lastenrad anstelle eines Autos benutzen, werben die Macher der Studie.
Das Potenzial von Lastenrädern
Die Effizienz der Zustellung per Fahrrad ist jedoch unter Logistikern nicht allgemein bekannt. "Viele Unternehmen verstehen das Potenzial von Lastenfahrrädern immer noch nicht", sagt Nicolas Collignon, Mitbegründer von Kale AI mit einem Doktortitel in kognitiven Computerwissenschaften und Hauptautor des Berichts.
"Viele Entscheidungen, die getroffen werden, beruhen also noch auf Annahmen und falschen Vorstellungen. Daten und Studien, die die Vorteile und das Potenzial von Lastenfahrrädern belegen, können den Übergang zu einer viel nachhaltigeren und effizienteren Art der Fortbewegung in Städten beschleunigen", plädiert Collignon.
Eines der großen Missverständnisse bei der Lieferung von Waren in der Stadt sei, dass es vor allem darauf ankommt, wie schnell das Fahrzeug fahren kann. Studien haben jedoch gezeigt, dass mehr als 50 Prozent des Tages eines Lieferfahrers mit der Suche nach einem Parkplatz oder mit dem geparkten Lieferwagen verbracht werden, weil der Fahrer zwischen den Stopps lieber zu Fuß geht, weil es so mühsam ist, einen anderen Parkplatz zu finden, resümiert der Wissenschaftler und Unternehmer.
Staus und der Boom des elektronischen Handels
Laut Maria Sinziiana Astefanoaei, Assistenzprofessorin an der IT-Universität Kopenhagen, die in Informatik promoviert hat und sich mit menschlicher Mobilität und raum-zeitlichen Daten beschäftigt, wird sich das Problem der Verkehrsüberlastung in den Städten nur noch verschärfen:
"Bei einer so starken Zunahme der Urbanisierung, wie wir sie derzeit erleben, wird Platz zu einer sehr wertvollen und knappen Ressource", prognostiziert Astefanoaei.
Die E-Commerce-Branche hat während der Pandemie mit der Hauszustellung einen Boom erlebt, der sich in den kommenden Jahren noch verstärken wird. Der Verkehr und die Staus in allen Großstädten nehmen rasant zu; Lieferwagen sind ein wesentlicher Bestandteil dieser Entwicklung. Man müsse sich also fragen, ob es sinnvoll ist, mit halb leeren Lieferwagen im Berufsverkehr festzustecken oder ob es eine bessere Lösung gebe. Der Ersatz von Diesel-Lieferwagen durch Elektro-Lieferwagen löse das Platz- und Stauproblem nicht, meint die Wissenschaftlerin.
"Das Lastenfahrrad ist aufgrund seiner geringen Größe, seiner Wendigkeit im Verkehr und der Möglichkeit, in der Nähe des Ziels zu parken, eine echte und viel effizientere Alternative in dichten städtischen Gebieten", resümiert die Professorin.
Nicht nur eine Vermutung
Bislang fehlte es an Erkenntnissen, die den Menschen und Städten weltweit eine solide Grundlage für die Umstellung eines großen Teils des städtischen Güterverkehrs auf eine emissionsfreie Fahrradlogistik bieten. "Als wir unser Unternehmen gründeten, hatten wir keine klare Vorstellung davon, wie viel effizienter wir im Vergleich zu alternativen Transportmitteln wie Lkw und Transportern sind", sagt Pierre Hanoune, COO und CTO bei Urbike in Brüssel, dem Fahrradlogistikunternehmen, das an der Studie teilnahm.
"Dank der Studie und der GPS-Chips in unseren Fahrrädern verfügen wir nun über aktuelle Daten, die die Effizienz der Zustellung mit dem Fahrrad belegen. Das bestätigt unsere Vermutung, dass es sich um ein geeignetes Instrument für die Zustellung in Städten handelt. Die Durchschnittsgeschwindigkeit unserer Fahrräder ist viel höher als die von Lieferwagen, aber noch wichtiger und der größte Vorteil für unsere Kunden ist die Vorhersehbarkeit der Lieferzeiten", wirbt Hanoune.
Ein Fahrrad bleibe nicht im Verkehr stecken und kann immer in der Nähe des Zielortes parken. Die voraussichtliche Ankunftszeit, die wir unseren Kunden mitteilen, wenn die Tour beginnt, wird in der Regel eingehalten, wenn wir ankommen."
"Wir sind sehr darauf bedacht, einen professionellen Service zu bieten. Es ist wichtig, dass wir nicht in erster Linie als Fahrradlieferdienst wahrgenommen werden, sondern als regulärer Logistikdienstleister, der genauso professionell ist wie jeder andere, der das Fahrrad als Werkzeug einsetzt, weil es effizienter und berechenbarer ist und weil die negativen externen Effekte im Vergleich zu den Alternativen viel geringer sind", betont der Lastenradlogistiker abschließend.
Das Ergebnis der Studie sei nicht nur für Unternehmen und Organisationen mit Lieferaufgaben von Bedeutung. Normale Verbraucher können feststellen, dass sie, wenn sie in einem städtischen Gebiet leben und jeden Tag zur Arbeit fahren - vielleicht auch ihr Kind zur Kita oder zur Schule bringen, dann können sie mit einem Lastenrad viele Stunden im Jahr einsparen pro Jahr einsparen können, wenn sie ein Lastenfahrrad anstelle eines Autos benutzen, argumentieren die Autoren. Dies gelte auch für andere Berufstätige, die die viel in der Stadt unterwegs sind, um ihre Arbeit zu erledigen, wie Klempner, Schlosser, Techniker, Installateure, Internet-Installateure, Handwerker und so weiter.
Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick:
- Eine Flotte von GPS-verfolgten Lastenfahrrädern lieferte im Durchschnitt 10,1 Pakete pro Stunde aus - doppelt so viele als Lieferwagen, die 4,9 Pakete pro Stunde zustellen konnten.
- Unter Berücksichtigung der festen und variablen Kosten kostete jede Lieferung mit einem Lastenfahrrad 0,10 €, mit einem kleinen Diesel-Lieferwagen 1,10 mit einem kleinen Diesel-Van und 1,05 € mit einem kleinen Elektro-Van.
- Cargo-Bikes senken die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu Kleintransportern um 96-98 %.
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