Seefracht: Was lange währt...

Im Vergleich zum Vorjahr haben sich 2021 die Transitzeiten zwischen den großen chinesischen Verlade- und Entladehäfen und Nordamerika sowie Europa stark verlängert. Die Hauptursachen sind Störungen im Fahrplan sowie überlastete Häfen. Reedereien wollen angesichts der boomenden Nachfrage Containerkapazitäten freigeben, aber ihnen sind die Hände gebunden.

Symbolbild: Pixabay
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Nadine Bradl

Den Daten von Project44 zufolge sind die Containertransitzeiten auf den Hauptrouten zwischen China und der Westküste Nordamerikas sowie von China nach Europa zwischen 2019 und 2021 drastisch angestiegen. In der Analyse umfasst die Transitzeit den gesamten Zeitraum vom Verladen des Containers am Port of Load (PoL) bis zum Erreichen des Entladehafens (Port of Discharge/ PoD). Bei einem Vergleich der Routen von den wichtigsten chinesischen Häfen an die Westküste Nordamerikas verzeichnet Yantian die größte prozentuale Steigerung der Transitzeiten: um 42,1 Prozent gegenüber 2020. Die Häfen in Ningbo und Qingdao registrierten die niedrigsten Transitzeiten, aber auch hier kam es zu einem Anstieg von 27,8 Prozent beziehungsweise 28 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (siehe Abb. 1)

Zehn Tage länger auf See

Das Ausmaß des Problems wird bei der Betrachtung der Seetage deutlich: Containerschiffe, die in diesem Jahr den Hafen Ningbo verlassen haben, brauchten sieben Tage länger als 2019, um in einem Hafen der nordamerikanischen Westküste entladen zu werden. Von Yantian benötigen sie neun Tage mehr. Und Fahrten von Shanghai und Qingdao verzeichnen zehn Tage höhere Transitzeiten als 2019. Dies führt zu erheblichen Verzögerungen bei der Just-In-Time-Fertigung in den Unternehmen. Zudem wird die Konsumgüter-Lieferkette beeinträchtigt. Verbraucher müssen sich daher auf Lieferverzögerungen einstellen (siehe Abb. 2).

Die Transitzeiten zwischen China und den Häfen an der nordamerikanischen Ostküste änderten sich zwischen 2019 und 2020 nur minimal. 2021 wurde ein Anstieg von sechs bis neun Tagen registriert. Da es im Panama-Kanal keinen Zwischenfall wie damals im Suez-Kanal gegeben hat, kann die Ursache dieser Verzögerungen nur an den überlasteten Häfen an der Ostküste liegen. Beispielsweise kam es in Savannah in diesem Jahr zu erheblichen Containerstaus. (Vgl. Abb. 3) 

Lieferverzögerungen 

Die diesjährigen Transitzeiten von China an die nordamerikanische Westküste haben sich im Vergleich zu 2019 im Durchschnitt um 48,9 Prozent verlängert. Dieser Anstieg ist unter anderem für die aktuellen globalen Lieferkettenverzögerungen verantwortlich. Betroffen sind aber nicht nur die Routen nach Nordamerika. Auf der Strecke von Shanghai nach Europa verlängerten sich die Transitzeiten um 30,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Qingdao verbucht auf dieser Route den niedrigsten Transitzeitanstieg, aber immerhin auch 25 Prozent. (Vgl. Abb. 4)

Angesichts der boomenden globalen Nachfrage nach Containerkapazitäten wurde erwartet, dass sich die Transitzeiten verkürzen, weil die Reedereien bemüht waren, schnellstmöglich Frachtkapazitäten freizugeben. Trotzdem hat sich die Situation weiter zugespitzt, was die Überlastung der nordamerikanischen und europäischen Häfen verdeutlicht, teilt Project44 mit. 

Ausblick

Ökonomen und führende Vertreter der Branche rechnen mit einem Rückgang der Konsumgüternachfrage nach dem diesjährigen Weihnachtsgeschäft. Außerdem wird China im Februar für zwei Wochen die Produktion herunterfahren, um das chinesische Neujahrsfest zu feiern. Das gibt den Spediteuren die Möglichkeit, sich neu zu formieren. Zudem können die Häfen die Gelegenheit nutzen, den Rückstau abzubauen. Angesichts der sich abzeichnenden Inflation, der rekordhohen Verschuldung der privaten Haushalte in den USA und der sinkenden Verbraucherstimmung auf den niedrigsten Stand seit einem Jahrzehnt erscheint eine anhaltend starke Nachfrage nach Gütern bis 2022 nicht allzu wahrscheinlich.

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