Schwere Nutzfahrzeuge: Rat unterstützt weitgehend CO2-Ziele der EU-Kommission

Der Rat der Europäischen Union hat für die Ziele der Kommission zur Reduzierung der CO2-Emissionen von Lkw und Bussen gestimmt. Den „zusätzlichen Spielraum für schwere Lkw mit hoher Kapazität“, der dabei geschaffen wurde, begrüßt die IRU, übt aber dennoch deutliche Kritik.

Bis 2030 soll knapp die Hälfte aller neu zugelassener Lkw mit alternativen Antrieben unterwegs sein - unrealistisch findet die IRU. (Foto: AdobeStock)
Bis 2030 soll knapp die Hälfte aller neu zugelassener Lkw mit alternativen Antrieben unterwegs sein - unrealistisch findet die IRU. (Foto: AdobeStock)
Christine Harttmann

Der EU-Umweltministerrat habe bei der Überarbeitung der CO2-Standards für schwere Nutzfahrzeuge, die den EU-Gesetzgebern im Februar 2023 vorgelegt wurde, weitgehend für die ursprünglich von der EU-Kommission vorgeschlagenen Emissionsreduktionsziele gestimmt, berichtet die internationale Transportorganisation IRU. Damit hat der Rat ein Emissionsreduktionsziel von 45 Prozent für die Hersteller ab 2030 gebilligt, was einer Steigerung von 15 Prozent gegenüber den aktuellen Zielen der CO2-Standardverordnung entspricht. Bis 2040 soll das Ziel auf 90 Prozent steigen.

„Ein Schlag ins Gesicht“

Positiv vermerkt die IRU, dass die allgemeine Ausrichtung des Rates die dringend benötigte Flexibilität für Lkw mit hoher Nutzlast bietet. Dies betrifft Fahrzeuge, die schwerer oder länger als Standardkombinationen sind und für die es derzeit und in naher Zukunft nur sehr begrenzte Antriebsalternativen gibt.

Raluca Marian, Direktorin für EU-Interessenvertretung bei der IRU, übt dennoch deutliche Kritik:

„Die Position des Rates ist wirklich ein Schlag ins Gesicht für kleine und mittlere Betreiber, die die Grundlage der EU-Mobilitätsnetze und -Lieferketten bilden.“

In der Praxis bedeute das, dass in nur sechs Jahren neu produzierte Lkw mindestens zur Hälfte mit alternativen Antrieben unterwegs sein müssten.

Infrastruktur für emissionsfreie Fahrzeuge nicht bereit

„Dabei wird völlig außer Acht gelassen, dass die Infrastruktur für emissionsfreie Fahrzeuge nicht für den massiven Einsatz in städtischen Gebieten und Straßennetzen in der EU bereit sein wird. Selbst das derzeitige Ziel von 30 Prozent ist schwer zu erreichen.“

Auch wenn der Rat über 2040 hinaus eine kleine Marge von zehn Prozent für kohlenstoffneutral betriebene Lkw beibehalten habe, könnte sich dieses Zeitfenster, sagt Marian, als zu gering erweisen, um Anreize für Hersteller und Kraftstoffhersteller zu schaffen, kohlenstoffneutrale Lkw zu bauen und zu unterstützen, die für bestimmte Betriebe absolut notwendig sind.

Überprüfungsklausel

Wie von der Industrie befürwortet, beschloss der Rat, die Überprüfungsklausel der Ziele von 2028 auf 2027 vorzuziehen, was der neuen politischen Führung der EU im nächsten Jahr genügend Zeit geben wird, um das Dossier vor Ablauf der Frist 2030 abzuschließen. Eines der Themen, über die die Kommission im Rahmen ihrer Überprüfung Bericht erstatten muss, sind die Fortschritte beim Aufbau der öffentlichen und privaten Lade- und Betankungsinfrastruktur für alternative Kraftstoffe für Fahrzeuge, die unter diese Verordnung fallen.

Im Rahmen ihrer Überprüfung wird die Kommission auch eine Bewertung der Rolle eines CO2-Korrekturfaktors bei der Anpassung der CO2-Emissionen von Fahrzeugen an die Einhaltung der Vorschriften unter Berücksichtigung der Treibhausgasemissionsintensität und des Anteils kohlenstoffneutraler Kraftstoffe vornehmen müssen, meint die IRU.

CO2-Korrekturfaktor wird entscheidende Rolle spielen

„Die EU sollte den Zeitpunkt der Überprüfungsklausel auf keinen Fall nach hinten verschieben. 2027 sollte das absolut späteste Datum für die EU sein, um zu überprüfen, ob die Voraussetzungen gegeben sind, um die äußerst ehrgeizigen Ziele zu erreichen, die sie sich für die Branche gesetzt hat“, betonte Marian vor diesem Hintergrund.

Der längst überfällige CO2-Korrekturfaktor werde eine entscheidende Rolle spielen, wenn es darum gehe, sicherzustellen, dass der Übergang den EU-Bürgern und -Volkswirtschaften nicht schadet.

„Es ist daher bedauerlich, dass die allgemeine Ausrichtung des Rates seine Verabschiedung in ein Gesetz verschoben hat. Der CO2-Korrekturfaktor wird die Vorhersehbarkeit künftiger Investitionen von Verkehrsunternehmen in saubere Kraftstoffe gewährleisten“, fügte sie hinzu.

Die allgemeine Ausrichtung wird dem Rat als Mandat für die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament dienen. Das Ergebnis der Verhandlungen wird vom Rat und vom Parlament förmlich angenommen.

Hoffen auf pragmatischeren Ansatz

„Wir hoffen, dass das Europäische Parlament in der Lage ist, einen pragmatischeren Ansatz aufzubringen. Die Emissionsziele, auf die sich die EU geeinigt hat, werden dramatische Auswirkungen auf alle Sektoren des Straßenverkehrs haben. Sie wird die Zukunft der Technologien für Lkw, Busse und Reisebusse bestimmen, die unsere Branche in naher Zukunft erwerben kann“, so Raluca Marian abschließend.

Im Vorfeld der entscheidenden Abstimmung im Ausschuss für Umweltfragen, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI) des Europäischen Parlaments in der kommenden Woche veranstaltete die IRU heute im Europäischen Parlament in Straßburg eine Diskussionsrunde zum Thema CO2-Emissionsnormen. Das Treffen bot den Parlamentariern und der Industrie die Möglichkeit, sich über pragmatische Lösungen zur Verringerung der CO2-Emissionen des Straßenverkehrs auszutauschen und gleichzeitig ein reibungsloses Funktionieren der Mobilitätsnetze und Lieferketten der EU aufrechtzuerhalten.

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