Schlechte Ertragslage: Fertigfahrzeuglogistiker blicken sorgenvoll in die Zukunft
Eine Mitgliederbefragung im Verband der Europäischen Fahrzeuglogistiker (ECG) zeichnet ein düsteres Stimmungsbild. Der ECG spricht von einer „beispiellosen Krise“, mit der sich die Fertigfahrzeuglogistiker konfrontiert sähen. Entsprechend sorgenvoll falle ihr Blick in die Zukunft aus. Ursache Nummer eins sei die Chipkrise, teilt der Verband mit. Sie habe massiv dazu beigetragen, dass Fahrzeuglogistiker in den vergangenen zwei Jahren mehr als 20 Prozent ihrer Transportkapazitäten abbauen mussten. Fehlende Kapazitäten, Fahrerengpässe sowie steigende Lohn- und Energiekosten könnten die erhoffte Markterholung ausbremsen.
In der vom ECG veröffentlichten Verbandsumfrage für die Jahre 2020 und 2021 gaben mehr als die Hälfte der Mitglieder, die auf den Verkehrsträgern Straße, Wasser, Luft und Schiene tätig sind, an, dass die Kapazitäten in den vergangenen zwei Jahren zurückgegangen sind. 91 Prozent der Befragten ennen als Hauptursache für den Rückgang Materialengpässe an, insbesondere bei Mikrochips, sowie die daraus resultierenden Produktionsrückgänge im Automobilsektor. Erst dann folgen Corona-Pandemie und Shutdowns.
Die Umfrageergebnisse zeigen, dass Lkw-Spediteure und Reedereien besonders stark betroffen waren. Der ermittelte durchschnittliche Kapazitätsabbau bei den befragten Speditionsunternehmen gibt der ECG mit 21 Prozent an. Schätzungsweise 1.200 Lkw dieser Spediteure seien in den vergangenen zwei Jahren aus der Logistik verschwunden. Bei den Schifffahrtsunternehmen liegt der Kapazitätsrückgang im Durchschnitt bei sechs Prozent, wobei einzelne Unternehmen ein Minus von bis zu 50 Prozent gaben.
Die Umfrage zeigt auch, dass seit Januar 2020 die Kosten erheblich gestiegen sind. Für See- und Binnenschifffahrtsunternehmen haben sich die Kraftstoffkosten um rund 60 Prozent erhöht. Auch die Löhne, besonders für Berufskraftfahrer, sind in vielen Ländern deutlich gestiegen. Einige der Transportunternehmen gaben in der Umfrage an, zwei oder sogar drei Lohnerhöhungen in einem Jahr gewährt zu haben, um ihre Fahrer zu halten. Massive Preissteigerungen gab außerdem bei vielen Rohstoffen, unter anderem Stahl und Kupfer. Die auf allen Ebenen steigende Kosten würden in einem „noch nie dagewesenen Ausmaß“ die Ertragslage der Fahrzeuglogistiker, fasst der ECG das Ergebnis zusammen.
Mit jedem transportierten Fertigfahrzeug hätten die Spediteure Verlust eingefahren, weil die derzeitigen Belastungsfaktoren in die Frachtverträge nicht eingepreist sind, so der ECG. In der Folge seien Investitionen fast völlig zum Erliegen gekommen. Die Branche, die zunächst von Covid und dann von den Auswirkungen der Rohstoffknappheit im Automobilsektor hart getroffen waren, hoffe nun auf einen Aufschwung, könne derzeit aber kaum nennenswert investieren.
Die Charterraten für Frachtschiffe im Seeverkehr haben sich für reine Pkw- und Lkw-Transporteure (PCTC) innerhalb von gut einem Jahr verdreifacht. Zeichen für eine Entspannung der Lage sieht der Verband nicht. Ganz im Gegenteil: Wenn die Produktionszahlen der Hersteller von Pkw und Lkw wieder steigen, wird sich daher der Kapazitätsengpass in der Schiffstonnage verstärken.
Mike Sturgeon, Geschäftsführer der ECG fasst zusammen:
„Selbst nach der Finanzkrise vor mehr als zehn Jahren habe ich kein so negatives Feedback aus der Branche gehört wie heute. Glücklicherweise haben auch die Automobilhersteller erkannt, dass die Kapazitäten heute nicht mehr ausreichen, um ihre Fertigfahrzeuge zu bewegen. Fahrzeugproduzenten und Fahrzeuglogistiker müssen nun zusammenarbeiten, um eine tragfähige Strategie für eine sichere Zukunft der Fahrzeuglogistik zu entwickeln.
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