Schienengüterverkehr: Automatisierte Zugabfertigung per Railfox-App
Die Projektpartner Advaneo, FIR an der RWTH Aachen, GS1 Germany, die gleichnamige Railconnect GmbH und das Logistikunternehmen Willke haben mit der Railfox-App gemeinsam eine Lösung für effiziente Prozesse am Gleis entwickelt. Mit der App könne der Triebfahrzeugführer Bahnwagen identifizieren und der Fahrt zuordnen, so die Unternehmen.
Denn durch analog gesteuerte Prozesse kommt es oft zu unausgelasteten Zügen und Leerfahrten bei gleichzeitig hoher Trassenauslastung. Eine Möglichkeit, die Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehrs weiter zu erhöhen, liegt somit in der Digitalisierung seiner Prozesse. Hier setzt das Forschungsvorhaben Railconnect an, das jetzt zum Projektabschluss mit der App einen wichtigen Meilenstein für die automatisierte Zugabfertigung erreicht hat.
Ziel des Mitte 2016 gestarteten Projekts ist die Digitalisierung der Zugabfertigung, um die heute noch überwiegend papierbasierten Prozesse zu optimieren. Bereits seit 2016 schreibt die EU-Verordnung TAF TSI vor, dass Eisenbahnunternehmen ihre Zug- und Wagendaten nach bestimmten Vorgaben digital pflegen und in der Lage sein müssen, diese auszutauschen.
Wilke Logistik konnte die Railfox-App bereits erfolgreich pilotieren. Dazu wurden 40 Güterwagen mit GS1 Codes gekennzeichnet und der operative Prozess der Zugabfertigung reibungslos digital durchgeführt. Die App könne ab dem zweiten Quartal 2021 kostenfrei im Google Playstore heruntergeladen werden, hieß es. Eine Testversion sei vorab auf Anfrage bei GS1 Germany verfügbar. Jens Bungart, Manager Collaborative Research Projects bei GS1 Germany:
„Oft handelt es sich bei den abzufertigenden Zügen und Wagen um die gleichen Fahrzeuge. Also wiederholen sich die Daten häufig und die Beteiligten sind gezwungen stets gleiche Inhalte händisch einzufüllen. Die Fehleranfälligkeit bei der analogen Dokumentation ist hoch, zum einen durch die manuelle Arbeit, aber auch durch äußere Bedingungen, da Wagenmeister bei jedem Wetter im Freien arbeiten.“
Entsprechend gäbe es keinen Schutz für die Papierdokumente. Mit der Railfox-App auf dem mobilen Endgerät erstellen Wagenmeister dann automatisiert Wagenliste und Bremszettel. Dazu scannen sie die Codes auf den Waggons und müssen nur noch die individuellen Sendungsinformationen, wie zum Beispiel das Gewicht der Ladung, manuell eingeben. Die Anforderungen an Wagenliste und Bremszettel werden vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen vorgegeben.
Bei der Zugabfertigung spielt die UIC-Wagennummer am Güterwaggon eine wichtige Rolle. Damit diese ebenfalls digital erfasst werden kann, wurde sie in den GS1 Standard GIAI (Global Individual Asset Identifier) integriert. Die Identifikationsnummer GIAI wiederum lässt sich in einem GS1 DataMatrix Code oder einem RFID-Tag verschlüsseln.
Mit dem Scan dieser Datenträger lesen die Mitarbeiter am Gleis die Nummer aus. Sie ist der Schlüssel zu weiteren in einer Datenbank hinterlegten Informationen. Auf diese Weise gelingt eine strukturierte digitale Dokumentation der Frachtpapiere sowie von Wagenliste und Bremszettel, wie sie von der Betriebsrichtlinie der Deutschen Bahn gefordert wird. Die neue DIN SPEC „Digitale Zugabfertigung im Schienengüterverkehr“ beschreibt dieses Vorgehen in einem Referenzprozess.
Zukünftig werde die Railfox-App auch die durchgehende Ortung von Zügen und einzelnen Wagons ermöglichen, wodurch sich kooperative Geschäftsmodelle wie zum Beispiel das Waggon-Sharing über eine Kollaborationsplattform realisieren lasse, hieß es.
Die Plattform soll möglichst allen Eisenbahnverkehrsunternehmen zugänglich sein und die Sicherheit der gespeicherten Daten und Inhalte gewährleisten. So können Eisenbahnverkehrsunternehmen effizienter Güterwagen vermieten oder freie Kapazitäten bei anderen Unternehmen nutzen. Railconnect wird im Rahmen der Förderrichtlinie Modernitätsfonds („mFUND“) durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur gefördert.
Der Anteil der Bahnen am Güterverkehr lag laut „Allianz der Schiene“ 2019 bei 19 Prozent, der von Lkw war mit rund 71 Prozent fast viermal so hoch. Und das obwohl der Schienenverkehr vergleichsweise effizienter und ressourcenschonender ist.
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