Rechtsurteil: Verstoß gegen Rechtsfahrgebot

Wer nach einem längeren Aufenthalt in einem Land mit Linksverkehr gegen das Rechtsfahrverbot verstößt, handelt aus Unachtsamkeit, jedoch nicht rücksichtslos, so ein richterliches Urteil, auf das die Arag-Juristen verweisen.

Rechts- oder Linksverkehr? Dies sollte gut überlegt sein, bevor man sich ans Steuer setzt...(Symbolbild: Pixabay)
Rechts- oder Linksverkehr? Dies sollte gut überlegt sein, bevor man sich ans Steuer setzt...(Symbolbild: Pixabay)
Anna Barbara Brüggmann

Ungewohnter Linksverkehr kann schon einmal zu Verwirrung führen, andersherum scheinbar auch – zumindest, wenn man in einem anderen Land länger auf der linken Straßenseite fuhr und dann wieder zurückkehrt.

Im vorliegenden Fall kehrte der Angeklagte Anfang 2022 von einem siebenwöchigen Aufenthalt in Thailand nach Deutschland zurück. Nach dem Flug und anschließend vierstündigem, nachgeholten Schlaf stieg er ins eigene Fahrzeug und kollidierte nach kurzer Fahrzeit in einem Kurvenbereich frontal mit dem Fahrzeug der Geschädigten, das ihm auf derselben Fahrspur entgegenkam.

Vorausgehende Urteile

Die Geschädigte sowie der Beifahrer wurden bei dem Unfall verletzt. Das Urteil des Amtsgerichts Rockenhausen: Der Angeklagte wurde wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung in zwei Fällen zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 60 Euro verurteilt, ihm wurde die Fahrerlaubnis entzogen, der Führerschein wurde eingezogen und die Verwaltungsbehörde angewiesen, ihm vor Ablauf von weiteren acht Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen.

Der Beklagte ging in Berufung, das Landgericht Kaiserslautern hat seine Berufung als unbegründet verworfen und hat den Sachverhalt rechtlich als fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung mit fahrlässiger Körperverletzung in zwei Fällen gewertet. Der Angeklagte habe rücksichtslos gehandelt. Nach einem siebenwöchigen Auslandsaufenthalt mit Linksverkehr habe der Angeklagte unreflektiert mit seinem Fahrzeug am Straßenverkehr teilgenommen habe, ohne sich die geltenden Verkehrsregeln zu vergegenwärtigen.

Im Hinblick auf die Fahrtstrecke von mindestens zwei Kilometern und der Fahrzeit von mindestens zwei Minuten sei nicht von einem Augenblicksversagen auszugehen, so der Tenor des Landgerichts.

Rücksichtlos oder nicht?

Doch der Fall landete schließlich vor dem Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken. Dem OLG zufolge macht sich gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 2e StGB strafbar, wer grob verkehrswidrig und rücksichtslos an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält. Rücksichtslos handle ein Fahrer, der sich im gegebenen Falle seiner Pflicht bewusst ist, aber aus eigensüchtigen Gründen, etwa seines ungehinderten Vorwärtskommens wegen, sich über sie hinwegsetzt, auch wenn er darauf vertraut habe, dass es zu einer Beeinträchtigung anderer Verkehrsteilnehmer nicht kommen werde (bewusste Fahrlässigkeit).

Rücksichtslos handle zudem, wer sich aus Gleichgültigkeit auf die fahrerlichen Pflichten besinne und unbekümmert um die Folgen seines Verhaltens drauflosfahre. Der Tatbestand der Rücksichtslosigkeit erfordere demnach eine gesteigerte subjektive Vorwerfbarkeit.

Doch eine gelegentliche Unaufmerksamkeit oder reine Gedankenlosigkeit würden dafür nicht genügen. Alleine ein fahrlässiger Verstoß reiche nicht für den Vorwurf der Rücksichtslosigkeit, auch nicht bei Eintritt einer konkreten Gefährdung. Der Täter muss nach Aussage des OLG vielmehr ein überdurchschnittliches Fehlverhalten gezeigt haben, das von einer besonders verwerflichen Gesinnung geprägt sein muss.

Fahrtüchtig nach langem Flug?

Auch eine fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung aufgrund von Übermüdung könne nicht angenommen werden, da sich der Angeklagte nach einem vierstündigen, nachgeholten Schlaf am Vormittag „fit“ fühlte. Anhaltspunkte für eine Übermüdung mit Gefährdung der Fahrtüchtigkeit hätten demnach nicht vorgelegen.

Das Oberlandesgericht kam daher zum Schluss, dass der Angeklagte nicht rücksichtslos handelte. Zwar setzte er sich über die Regeln der Straßenverkehrsordnung, insbesondere das Rechtsfahrgebot, hinweg, als er sich vor und während der Fahrt keine Gedanken über die in Deutschland geltenden Verkehrsregeln machte.

Unachtsamkeit

Dabei habe er jedoch nicht bewusst oder aus Gleichgültigkeit gegenüber anderen Straßenverkehrsteilnehmern, sondern lediglich aus Unachtsamkeit gehandelt, nachdem er sich sieben Wochen in einem Land aufgehalten hatte, in dem Linksverkehr vorherrschte. Der Angeklagte handelte insofern zwar fahrlässig, weil er sich vor Fahrtantritt und während der Fahrt die geltenden Verkehrsregeln hätte vor Augen führen müssen. Doch er erweise sich dadurch nicht als gleichgültiger Fahrer. (1 OLG 2 Ss 34/22)

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