Rechtsurteil: Haftungsfrage bei Kollision mit Radfahrer

Laut Arag-Rechtsexperten kann ein Kraftfahrzeug-Fahrer, der aus einem Grundstück in die Straße einfährt bei einer Kollision mit einem Radfahrer auch dann unter Umständen alleine haften, wenn dieser nicht den gekennzeichneten Radweg benutzt.

(Symbolbild: Pixabay)
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Anna Barbara Brüggmann

Die Rechtsexperten der Arag beziehen sich auf einen Fall, der vor dem Landgericht Hanau landete. Eine Autofahrerin fuhr dabei mit ihrem Fahrzeug aus ihrem Anwesen und habe sich in die Fahrbahn „herangetastet“.

Durch Fahrzeuge, die am Fahrbahnrand geparkt waren, sei die Sicht erschwert worden. Es kam zur Kollision mit einer Radfahrerin, die mit ihrem Fahrrad die Hauptfahrspur der Straße befuhr, obwohl ein kombinierter Fahrrad-/Fußgängerweg vorhanden war.

Diese stieß gegen die linke vordere Seitenwand des Klägerfahrzeugs. Gemäß der Klägerin sei durch den Unfall ein Schaden an ihrem Fahrzeug entstandenen – mit Reparatur-Kosten in Höhe von circa 2.255 Euro netto.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, circa 1.140 nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen an sie zu zahlen und forderte von der Klägerin sämtliche materiellen Zukunftsschäden in Höhe einer Haftungsquote von 50 Prozent zu ersetzen, die aus dem Schadensfall resultieren.

Die Beklagte hat hingegen beantragt, die Klage abzuweisen. Das Amtsgericht Hanau hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung hatte ebenfalls keinen Erfolg.

Verstoß gegen Sorgfaltsgebot

Die Beklagte trifft laut dem Urteil des Landgerichts kein Mitverschulden am Unfallgeschehen, der Unfall sei allein auf das verkehrswidrige Verhalten der Klägerin zurückzuführen.

Die Pkw-Fahrerin habe gegen das in § 10 S. 1 StVO festgehaltene Sorgfaltsgebot verstoßen, das dem aus einem Grundstück auf die Straße einfahrenden Fahrzeugführer gesteigerte Pflichten aufträgt - erforderlichenfalls sei es nötig, sich einweisen zu lassen.

Wahre der Einfahrende das Vorfahrtsrecht des fließenden Verkehrs nicht und komme es deshalb zu einem Unfall, habe er in der Regel in vollem Umfang für die Unfallfolgen zu haften.

Trägt Radfahrerin auch Schuld?

Der Beklagten sei kein Mitverschulden anzulasten. Zwar habe sie gegen § 2 Abs. 4 S. 2 StVO verstoßen, indem sie nicht den Radweg benutzt hat, obwohl dies durch das Zeichen 241 StVO angeordnet war.

Doch es bestehe kein Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen ihrem Handeln und dem eingetretenen Schaden. Es genüge nicht, dass der Unfall ohne den Verkehrsverstoß vermieden worden wäre, weil der Verkehrsteilnehmer sich bei verkehrsordnungsgemäßer Fahrweise nicht an der Unfallstelle befunden hätte.

§ 2 IV 2 StVO bezweckt die Verhinderung typischer Gefahrensituationen im gemischten Verkehr, um Radfahrer möglichst weitgehend von der Fahrbahn fernzuhalten und dadurch eine Verkehrsentmischung und Unfallverhütung zu bewirken – dazu gehöre aber nicht die Gefährdung durch vermeidbare Vorfahrtsverstöße anderer Verkehrsteilnehmer.

Die Klägerin hat sich den Richtern zufolge nicht vorschriftsmäßig verhalten. Bei erschwerter Sicht durch parkende Fahrzeuge, hätte sie sich einweisen lassen müssen. Sie könne, so die Richter, nicht darauf vertrauen, dass kein für sie schwer sichtbarer Verkehrsteilnehmer auf der bevorrechtigten Straße fährt.

An der Unfallstelle hätte sich auch ein Moped oder ein kleinerer Motorroller befinden können, der den Fahrradweg überhaupt nicht hätte benutzen dürfen. (Az.: 2 S 65/22).
 

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