Rechtstipp: Wenn es in der Waschanlage kracht

In Waschboxen und -straßen kann es vorkommen, dass Fahrzeuge darin beschädigt werden. Doch wer haftet in diesen Fällen, ist die Stellung der Heckscheibenwischer vorgeschrieben und wie verhält es sich juristisch bei einem Crash in der Waschstraße? Dies erklären die Arag-Rechtsexperten…

Der Kunde darf der Arag zufolge darauf vertrauen, dass sein Fahrzeug unbeschädigt aus der Waschanlage kommt - und dass er Schadensersatz erhält, sollte doch ein Schaden auftreten, der vom Betreiber verschuldet ist. (Symbolbild: Waschanlage)
Der Kunde darf der Arag zufolge darauf vertrauen, dass sein Fahrzeug unbeschädigt aus der Waschanlage kommt - und dass er Schadensersatz erhält, sollte doch ein Schaden auftreten, der vom Betreiber verschuldet ist. (Symbolbild: Waschanlage)
Anna Barbara Brüggmann

Die Crux der richtigen Waschanlage: Die Arag verweist auf einen Fall, der vor dem Bundesgerichtshof gelandet ist. Dabei kam ein Fahrzeug mit serienmäßig ausgestattetem Heckspoiler sauber, jedoch mit abgerissenem Heckspoiler aus der Waschanlage. Der Fahrer habe daraufhin mehr als 3.000 Euro Schadensersatz vom Betreiber der Waschanlage, eine Nutzungsausfallentschädigung von 119 Euro für den Tag der Fahrzeugreparatur sowie die Freistellung von Rechtsanwaltskosten verlangt.

Doch der Waschanlagen-Betreiber weigerte sich, die Kosten zu übernehmen und verwies auf Hinweis- und Warnschilder, unter anderem eines, was die Haftung für Anbauteile und Heckspoiler ausschloss. Die Richter des Bundesgerichtshofs urteilten, dass dem Fahrer ein vertraglicher Schadensersatzanspruch zustehe.

Denn ein Waschanlagenbetreiber habe neben der Reinigung des Fahrzeugs die Nebenpflicht, das Fahrzeug vor Beschädigungen zu bewahren. Der Heckspoiler sei ordentlich angebracht worden und gehöre serienmäßig zum Fahrzeug.

Auch der Warnhinweis sei nicht ausreichend, da er sich nicht auf die serienmäßige Ausstattung bezog. Ein Kunde dürfe darauf vertrauen, dass sein Fahrzeug mitsamt allen serienmäßig außen angebrachten Teilen den Waschvorgang unbeschädigt übersteht.
Doch könnte der Betreiber, so erklären die Arag-Experten, bestimmte Fahrzeugmodelle, die sie für schadensanfällig halten, von der Benutzung ihrer Anlagen ausschließen. Darauf müssten sie dann aber betroffene Fahrzeughalter  explizit hinweisen.  (Az.: VII ZR 39/24)

Scheibenwischer

Und wie steht es rechtlich mit Heckscheibenwischern? Laut Arag-Juristen gibt es in Waschstraßen keine vertragliche oder gesetzliche Verpflichtung, Heckscheibenwischer in eine waagerechte Position zu bringen, um die Waschstraße nutzen zu dürfen.

In einem konkreten Fall sei der hintere Scheibenwischer eines Fahrzeugs während des Waschvorgangs abgerissen worden, sodass es zu Lackschäden am folgenden Fahrzeug kam. Der Geschädigte habe daraufhin Schadensersatz vom Fahrer vor ihm verlangt, weil dieser seinen Scheibenwischer in senkrechter Position gelassen hatte.

Die Richter sahen jedoch keine Pflichtverletzung im senkrecht stehenden Scheibenwischer. Zudem sei der Fahrer nicht der Betreiber der Waschanlage und habe demnach auch keine Verkehrssicherungspflicht. (Landgericht Stendal, Az.: 22 S 6/22).

Unfall nach Abbremsen

In einem weiteren Rechtsfall bremste ein Fahrer während des Waschvorgangs ab, weil sein Vordermann verzögert aus der Waschstraße herausfuhr. Durch den Bremsvorgang sei das Fahrzeug vom Transportband gerutscht und beschädigt worden. Er verlangte deshalb Schadensersatz vom Vorausfahrenden.

Dessen Haftpflichtversicherung verweigerte allerdings die Zahlung. Der Grund für das verzögerte Verlassen der Waschanlage habe nicht in der Unaufmerksamkeit des Fahrers gelegen, sondern dessen Fahrzeug sei erst nach einigen Startversuchen wieder angesprungen.

Der Fall Iandete in zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht Zweibrücken, wo beiden Fahrern eine Teilschuld zugesprochen wurde. Die Arag weist aber darauf hin, dass der Bremser mit 70 Prozent die Hauptschuld trug. Ihm hätte klar sein müssen, dass ein Bremsvorgang in einer Waschstraße nicht gut ausgehen kann. Zudem hätten eindeutige Warnhinweise in der Anlage darauf hingewiesen. (Az.: 1 U 63/19).

Teures Bremsmanöver

 

In einem anderen Fall wurde einem bremsenden Fahrer hingegen die alleinige Schuld an einem Crash in der Waschstraße gegeben. Er habe während des Waschvorgangs gebremst, um einen Zusammenprall mit dem vor ihm gezogenen Fahrzeug zu verhindern.

Beide Fahrzeuge seien bei ausgeschaltetem Motor auf einer Vorrichtung durch die Waschstraße gezogen worden. Doch das Hinterrad des Fahrzeugs vor ihm löste sich aus der Transportvorrichtung, das Fahrzeug blieb mitten in der Anlage liegen. Durch das Brems-Manöver sei der gesamte Rhythmus der Anlage durcheinandergebracht worden, sodass schließlich die Gebläsetrocknung auf sein Heck krachte.

Auf den Schadenskosten von circa 4.500 Euro blieb er jedoch laut Arag sitzen. Nach Angaben der Experten der Rechtsschutzversicherung sind Fahrzeuge mit ausgeschaltetem Motor nicht in Betrieb und werden ohne eigene Motorkraft durch eine Waschstraße gezogen. Halter müssen daher, so die Juristen, anders als beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs keinen Schadensersatz leisten, wenn ihnen kein anderweitiges Fehlverhalten in der Waschstraße nachzuweisen ist (Oberlandesgericht Koblenz, Az.: 12 U 57/19).

Verkratztes Fahrzeug?
 

Und wenn das Fahrzeug nicht nur sauber, sondern auch verkratzt, verbeult oder kaputt wieder aus der Waschstraße herausfährt? In einem konkreten Fall blieb der Fahrer bei ausgestelltem Motor im Fahrzeug, während das Fahrzeug von einer Schleppvorrichtung durch die Waschanlage gezogen wurde.

Das Fahrzeug kollidierte in der Waschstraße mit dem Trocknungsgebläse und wurde beschädigt. Der Fahrer habe nicht nachweisen können, dass der Schaden im Verantwortungsbereich des Betreibers lag und sei auf dem Schaden sitzen geblieben. Laut Arag-Experten ist es bei derartigen Waschanlagen möglich, dass Schäden auch durch den im Fahrzeug verbleibenden Fahrer verursacht sein könnten.

In Waschboxen, bei denen der Benutzer sein Fahrzeug in der Anlage abstellt und der Waschvorgang automatisch abläuft, spreche hingegen bei Fahrzeugschäden der erste Anschein für ein Verschulden des Anlagenbetreibers. Denn der Fahrzeuginhaber habe keine Einwirkungsmöglichkeit auf die Bewegungen des Fahrzeuges und den Waschvorgang (Landgericht Berlin, Az.: 51 S 27/11).

Nutzungsausfall

Muss aber der Betreiber einer Waschanlage, wenn das Fahrzeug nach dem Waschen Schäden aufweist, neben den Reparaturkosten auch den Nutzungsausfall bezahlen?

In einem konkreten Fall drückten die Bürsten einer Waschstraße die Heckscheibe eines Fahrzeugs ein. Die Werkstatt habe keinen passenden Ersatz finden können. Daraufhin hätte sich der Besitzer selbst auf die Suche nach einer Heckscheibe gemacht - was letztlich 99 Tage in Anspruch genommen habe.

Der Fahrzeugbesitzer forderte dann vom Waschanlagenbetreiber nicht nur die Reparaturkosten in Höhe von rund 5.600 Euro, sondern zudem einen Nutzungsausfall von 65 Euro täglich, also zusätzlich etwa 6.400 Euro. Der Betreiber habe die Zahlung des letzten Postens verweigert, notfalls sei auch eine Zwischenreparatur in Frage gekommen, der Fahrer habe seine Schadensminderungspflicht somit verletzt.


Die Richter stimmten dem nur teilweise zu - der Waschanlagenbesitzer wurde zu einem Schadensersatz von circa 3.000 Euro verpflichtet. (Oberlandesgericht Frankfurt, Az.: 24 U 111/05).

Haftungsausschluss?

Noch eine wichtige Frage: Kann der Betreiber der Waschanlage seine Haftung für Schäden mittels Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) ausschließen?

Ein Haftungsausschluss, der vorsätzliches oder grob fahrlässiges Handeln des Betreibers mit umfasst, ist, so die Arag-Juristen, nach dem Gesetz unwirksam. Auch auf einen Haftungsausschluss für Schäden, die durch leichte Fahrlässigkeit eingetreten sind, könne sich der Betreiber laut Bundesgerichtshof nicht berufen.

In einem Rechtsfall habe sich der Haftungsausschluss zwar nur auf besonders gefährdete Außenteile wie Spiegel oder Scheibenwischer bezogen. Das spiele aber keine Rolle, die Richter befanden die entsprechende Klausel für unwirksam.

Der Kunde darf der Arag zufolge darauf vertrauen, dass sein Fahrzeug unbeschädigt aus der Waschanlage kommt und dass er Schadensersatz erhält, sollte doch ein Schaden auftreten, der vom Betreiber – in welcher Form auch immer – verschuldet ist (Az.: X ZR 133/03).

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