ÖBB: Voralberger Güterterminal Wolfurt ausbauen

Der Bahnlogistiker und das Land Vorarlberg wollen eine stärkere Verkehrsverlagerung auf die Schiene und damit eine Steigerung der Anschlussgleisnutzung erreichen. Zentraler Dreh- und Angelpunkt ist der ÖBB Güterterminal Wolfurt.

ÖBB CEO Andreas Matthä: „Unser Ziel ist, dass es für ein Unternehmen genauso einfach und günstig wird, einen Bahnanschluss zu bekommen wie einen Straßenanschluss.“
ÖBB CEO Andreas Matthä: „Unser Ziel ist, dass es für ein Unternehmen genauso einfach und günstig wird, einen Bahnanschluss zu bekommen wie einen Straßenanschluss.“
Daniela Sawary-Kohnen

Die Vorarlberger Wirtschaft, die durch einen Mix an verschiedenen Wirtschaftsbereichen und eine hohe Exportquote gekennzeichnet ist, setzt bereits seit längerem auf die umweltfreundliche Schiene. Voraussetzung dafür seien laut ÖBB leistungsfähige, zuverlässige Logistikservices und der einfache Zugang zum Bahntransport.

Vorarlbergs Mobilitäts- und Klimaschutzlandesrat Daniel Zadra und ÖBB CEO Andreas Matthä haben sich am vergangenen Freitag bei der Firma Blum in Dornbirn für gemeinsame Zielsetzungen und damit verbundenen Maßnahmen ausgesprochen, um künftig deutlich mehr Güter von der Straße auf die umweltfreundliche Schiene zu verlagern.

Kapazität am ÖBB-Terminal Wolfurt ausbauen
Zentraler Dreh- und Angelpunkt für die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene ist dabei der ÖBB Güterterminal Wolfurt. Mit derzeit 1.700 Vollcontainerlager-Stellplätzen im unmittelbaren Kranbereich sowie 3.500 Leercontainerlager-Stellplätzen ist der Terminal laut der ÖBB der wichtigste Güterverkehrsknoten in Westösterreich und zugleich das Containertor von Vorarlberg in die ganze Welt. ÖBB CEO Andreas Matthä:

„Die Vorarlberger Wirtschaft nimmt den Terminal Wolfurt sehr gut an und wir sind mittlerweile schon fast an der Auslastungsgrenze.“

Im Vorjahr wurden 150.000 ITE (intermodale Transporteinheiten = die Bezeichnung für Container, Wechselbehälter sowie Sattelanhänger, die sich für den intermodalen Verkehr eignen) umgeschlagen. Matthä:

„Die Nachfrage ist ungebrochen hoch, daher werden wir bis Ende 2029 in mehreren Etappen die Kapazität am Terminal Wolfurt verdoppeln und unser Service flexibler und nachfrageorientiert gestalten.“

Bereits zum Jahreswechsel 2023/24 sollen die Öffnungszeiten in einem Pilotversuch bei Bedarf für Züge von derzeit Montag 6.30 Uhr bis Freitag 22:00 und für Lkw und Züge auf Samstag 14:00 erweitert werden. 2028 sollen dann die Arbeiten zur Erweiterung des Terminalgeländes beginnen.

Ausbau mit Deutschland und der Schweiz
Gerhard Humpeler, Geschäftsleiter des Beschlägeherstellers Blum:

„Im Sinne der Nachhaltigkeit verschicken wir über 35 % unserer Produkte via Schiene, der Wert steigt kontinuierlich und unser Ziel ist 50 % in den nächsten Jahren zu erreichen. Wir sind seit Jahren vom Erfolgsmodell Anschlussbahn überzeugt. Wir sparen durch die Bahntransporte bereits mehr als 138.000 Tonnen CO2-Emissionen und 7.000 Lkw-Fahrten ein. Für die Zukunft des Güterverkehrs ist ein Schienenausbau in Vorarlberg und die Erweiterung des Güterterminals in Wolfurt aber unumgänglich. Für eine Erhöhung des Anteils muss auch der internationale Ausbau und Zusammenarbeit mit Deutschland und der Schweiz verbessert werden.“

Gemeinsam mit der Rhomberg Gruppe betreibt Blum die Anschlussbahn Stöcken in Dornbirn, eine regelmäßig genutzte Anschlussbahn in Vorarlberg und dem gesamten Österreich.

Im vergangenen Jahr haben die beiden Unternehmen laut dem Unternehmen über 220.000 Tonnen über die Anschlussbahn versandt. Zusätzlich bekommt Blum von den Lieferanten rund 60 Prozent der Stahllieferungen über den Terminal Wolfurt geliefert. Gerhard Humpeler:

„Wir arbeiten daran diesen Anteil auf über 90 % zu erhöhen. Für die Transporte zwischen unseren 8 Werken kommen umweltfreundliche Biogas-Lkw zum Einsatz.“

Anschlussbahnen als Einstieg zum Umstieg
Derzeit rollen jährlich rund drei Millionen Lkw über Vorarlbergs Straßen. Das bedeutet, dass rund 90 Prozent aller Güter über die Straße transportiert werden. Mit rund 10 Prozent ist der Modalanteil der Schiene im Güterverkehrsaufkommen in Vorarlberg laut den Parteien aber noch viel zu gering.

Dabei wäre gerade Vorarlberg für den Schienengüterverkehr prädestiniert, heißt es. Durch die starke Exportorientierung der Wirtschaft überwiegt in Vorarlberg der Quell- und Zielverkehr, das heißt, die Gütertransporte kommen entweder aus dem Ausland, um in Vorarlberger Betrieben verarbeitet zu werden oder sie werden ins Ausland exportiert. Daniel Zadra:

„Wir müssen uns entscheiden, ob wir in einem Lkw-Transitland oder einem Bahnland leben wollen. Aus meiner Sicht ist die Entscheidung klar. Der Güterverkehr muss von der Straße auf die Schiene verlagert werden. Daran wollen wir gemeinsam mit der Vorarlberger Wirtschaft arbeiten.“

Ein wichtiger Anker für Transportverlagerung seien die Anschlussbahnen, so Matthä:

„Güter, die ab Werk auf Schiene sind, bleiben meistens bis ans Ziel auf Schiene.  Für Kunden ohne eigenen Gleisanschluss stehen öffentliche Ladegleise zur Verladung auf die Schiene zur Verfügung und für den Kombinierten Verkehr sind intermodale Terminals die ideale Drehscheibe zwischen Straße und Schiene.“

Es bleibe dabei: Ohne eine substanzielle Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene werden man die Klimaziele nicht erreichen, so Zadra. Zugleich müsse allen klar sein, dass diese Transformationsprozesse Zeit bräuchten – logistische Abläufe ließen sich nun einmal nicht von heute auf morgen auf den Kopf stellen. Doch eine Umfrage, die man gemeinsam mit den ÖBB in den letzten Wochen durchgeführt habe, liefere wertvolle Erkenntnisse und belastbare Daten, auf deren Basis man nun die Unterstützungsangebote für interessierte Unternehmen ausbauen wolle.

Unternehmen zufrieden mit Anschlussbahn

Die Umfrage der ÖBB und des Landes unter Vorarlberger Betrieben ergab, dass Unternehmen, die über eine Anschlussbahn verfügen, damit sehr zufrieden sind. Gleichzeitig fehle es aber bei Unternehmen ohne Anschlussbahn an Informationen über die Rahmenbedingungen für Anschlussbahnen und die bestehenden Fördermöglichkeiten.

Förderanreize seien allerdings ein wichtiger Hebel, um Anschlussbahnen attraktiver zu machen. Denn Errichtung und Betrieb einer Anschlussbahn fielen im Gegensatz zur Straßenerrichtung komplett in die Verantwortung des jeweiligen Unternehmens.

Um die Attraktivität von Anschlussbahnen und öffentlichen Ladegleisen als Einfüllpunkte für den Schienengüterverkehr weiter zu steigern, wollen ÖBB und Land Vorarlberg auf Basis der Umfrageergebnisse zunächst die Information und Beratung rund um Transportverlagerung für Unternehmen ausbauen. Zadra und Matthä:

„Dafür haben sowohl ÖBB als auch Land Vorarlberg die Funktion eines Güterverkehrskoordinators geschaffen. Auf Seiten des Landes steht ab sofort Jörg Zimmermann, auf Seiten der ÖBB Michael Bares für alle Fragen zur Verfügung, die sich im Zusammenhang mit der Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene ergeben. Es wird kein Anliegen zu klein und kein Problem zu groß sein.“

Für jeden ein Bahnanschluss
Neben dem ÖBB Containerterminal in Wolfurt und dem kleineren Bahnterminal in Bludenz bestehen in Vorarlberg 24 firmeneigene Anschlussbahnen mit Anschluss ans ÖBB Netz und weitere sieben auf der Montafonerbahn. Für die Unternehmen sind ihre Anschlussbahnen der direkte Zugang zum hochrangigen internationalen Bahnnetz und damit zu internationalen Häfen und Wirtschaftszentren.

Rund 60 Prozent des Gesamtgüteraufkommens kommen derzeit in ganz Österreich über Anschlussbahnen ins Transportsystem. Mit jeder zusätzlichen Anschlussbahn und jedem zusätzlichen Betrieb, der Ladegleise nutzt, steigt die Netzwirkung und damit die Gesamtattraktivität des Gütertransports auf Schiene. Andreas Matthä:

„Unser Ziel ist, dass es für ein Unternehmen genauso einfach und günstig wird, einen Bahnanschluss zu bekommen wie einen Straßenanschluss.“

Die Errichtung und der Betrieb von Anschlussbahnen müssen derzeit von den verlagerungswilligen Unternehmen selbst bezahlt werden. Für den Neubau, die Erweiterung und Reaktivierung von Anschlussbahnen besteht ein Förderprogramm des Bundes, mit dem bis zu 50 Prozent der Kosten gefördert werden, abgewickelt über die bundeseigene Schieneninfrastrukturgesellschaft (SCHIG).

Symboldbild Transportjobs

Mehr als 750 aktuelle Jobangebote aus der Transportbranche, vom Lkw-Fahrer über Fuhrparkmanager bis zu Disposition, Teamleitung und vieles mehr mit individueller Suchfunktion und Kartenansicht bieten wir Ihnen ab sofort in unserem Job-Bereich: Ihr nächster Schritt auf der Karriereleiter?

Alle Transport-Jobs anzeigen »