Odessa: Deutsches Containerschiff kann Ukraine verlassen

(dpa) Viele Schiffe stecken wegen Russlands Angriffskrieg in der Ukraine fest. Moskau droht, jeden Schiffsverkehr als feindlich zu behandeln. Nun hat die Ukraine einen Seekorridor eingerichtet, der erstmals getestet wurde - und das erfolgreich.

Symbolbild: Pixabay
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Nadine Bradl

Nach anderthalb Jahren Wartezeit wegen des russischen Angriffskriegs hat ein deutsches Containerschiff den ukrainischen Hafen Odessa am Schwarzen Meer verlassen. Als erstes Schiff nutze die «Joseph Schulte» einen temporären Korridor, der von und zu den Seehäfen der Ukraine führt, teilte Vizeregierungschef Olexander Kubrakow am Mittwochmorgen bei Facebook mit. Am Abend dann bestätigte eine Sprecherin der Hamburger Reederei Bernhard Schulte auf dpa-Anfrage, dass das Schiff die ukrainischen Gewässer erfolgreich durchquert habe. Laut dem Schiffsinformationsdienst Marine Traffic fuhr der Frachter zu diesem Zeitpunkt in rumänischen Gewässern unweit des Ortes Sfântu Gheorghe.

Mehr als 60 Schiffe in Odessa "gestrandet"

Das Schiff unter der Flagge von Hongkong transportiert den Angaben zufolge mehr als 2100 Container mit etwa 30 000 Tonnen allgemeiner Fracht. Es hatte am 23. Februar 2022 in Odessa festgemacht. Einen Tag später marschierte Russland im Nachbarland ein und blockierte die Häfen. Mehr als 60 Schiffe aus vielen Ländern teilten seitdem das Schicksal der «Joseph Schulte». In der vergangenen Woche dann wies die ukrainische Marine einen Seekorridor aus, der von Handelsschiffen auf eigenes Risiko genutzt werden kann.

Besatzung geht es gut

Der Besatzung der «Joseph Schulte» gehe es gut, teilte die Bernhard Schulte Shipmanagement (BSM) in Hamburg mit. Das Schiff werde auf dem vorgegebenen Sicherheitskorridor durch Hoheitsgewässer der Ukraine, Rumäniens und der Türkei fahren. Dem Auslaufen waren offenbar Vereinbarungen mit vielen Seiten vorangegangen. Das Unternehmen dankte «verschiedenen Beteiligten vor Ort», der Internationalen Schifffahrtsorganisation IMO, dem Flaggenstaat Hongkong und anderen, die eine sichere Fahrt des Schiffes möglich gemacht hätten.

In Istanbul erwartet

Nach dem Verlassen ukrainischer Gewässer hat der deutsche Frachter «Joseph Schulte» am Donnerstag seine Fahrt über das Schwarze Meer fortgesetzt. Das Schiff werde am Abend in Istanbul erwartet, sagte eine Sprecherin der Bernhard Schulte Shipmanagement (BSM) in Hamburg. 

Von Zwischenfällen auf der Fahrt sei nichts bekannt, sagte die Sprecherin. Russland bedroht die ukrainischen Küsten und betrachtet Schiffe, die in Richtung Ukraine fahren, potenziell als feindliche Waffentransporte. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nannte die Fahrt der «Joseph Schulte» einen

"wichtigen Schritt zur Wiederherstellung der Freiheit der Schifffahrt im Schwarzen Meer".

Nach ukrainischen Angaben befahren zivile Schiffe den eingerichteten Korridor auf eigenes Risiko.

Seit Juli kein Frachter mehr

Nach Kriegsbeginn war ein Teil der Schiffsbesatzung aus der Ukraine herausgeholt worden. Eine ukrainische Rumpfmannschaft habe den 300 Meter langen Containerfrachter in Schuss gehalten, sagte eine Firmensprecherin. Auch bei der jetzigen Fahrt seien nur ukrainische Seeleute an Bord.

Die Ukraine wehrt seit mehr als 17 Monaten eine russische Invasion ab. Die ukrainischen Schwarzmeerhäfen werden dabei von der russischen Flotte blockiert. Nur etwa ein Jahr lang gab es eine Ausnahme für ukrainische Agrarexporte aus drei Häfen um Odessa. Diese kündigte Russland Mitte Juli auf. Seitdem hat kein Frachter mehr die Seehäfen angesteuert. Russland sieht alle Schiffe auf dem Weg in ukrainische Häfen als potenzielle Transporteure von Nachschub für die ukrainische Armee an. Am Sonntag hatte das russische Militär ein Schiff auf dem Weg zum Donauhafen Ismajil gestoppt und kontrolliert.

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