Mobilitätswende: Das fordern Verbände von der neuen Regierung

Die neue Regierung ist zwar noch nicht im Amt, die Transport- und Logistikverbände wissen aber bereits was sie fordern: Insbesondere tragfähige Konzepte, Digitalisierungsprojekte sowie der Kampf gegen Fahrermangel und Sozialdumping stehen im Fokus.

Symbolbild: Astre
Symbolbild: Astre
Nadine Bradl

Die bei Astre DACH zusammengeschlossenen Unternehmen sind sich ihrer Verantwortung bewusst, die ihnen beim Erreichen einer klimafreundlichen Verkehrswende zufällt, teilt das Logistiknetzwerk mit. Damit einhergehende Weichenstellungen müssen den Unternehmen aber die Chance geben, sich in einem ausreichend langen Zeitraum darauf einstellen zu können.

„Die bisher zur Verfügung stehenden Alternativen beim Fahrzeugantrieb sind nur bedingt in der Lage, die geforderten Senkungen bei der Emission klimaschädlicher Gase im erforderlichen Umfang zu verhindern“, sagt Ulf Tonne, Geschäftsführer von Astre DACH und Vorstandsmitglied der Grieshaber Logistics Group in Bad Säckingen.

„Die Diskussion über die ökologische Verkehrswende im Güterverkehr muss mit Fakten geführt werden, nicht mit Blaupausen und Wunschvorstellungen. Alternative Antriebe sind erst dann umweltwirksam, wenn die zum Einsatz kommenden Energieträger aus regenerativen Quellen gewonnen werden können, die ausreichend zur Verfügung stehen.“

Derzeit, so Tonne, ist Biogas eine Alternative, die technisch ausgereift, wirtschaftlich umsetzbar und ökologisch nachhaltig ist. Einziges Manko: Es gibt nicht genug davon.

Kalkulierbarer Planungshorizont

Die ökologische Verkehrswende wird der mitteständisch geprägten Transport- und Logistikbranche hohe Investitionen abverlangen. Hierfür benötigen die Unternehmen einen kalkulierbaren Planungshorizont und möglichst bald konkrete Antworten auf die Frage, mit welchen Förderungsinstrumenten von der öffentlichen Hand die Branche rechnen kann. Investitionen in neue emissionsarme Fahrzeuge müssen mit den Laufzeiten der gegenwärtig im Einsatz stehenden konventionellen Diesel-Lkw abgestimmt werden. Ihre Verbreitung wird wesentlich davon abhängen, ob die erforderliche Infrastruktur für das Aufladen mit Strom oder die Betankung mit gasförmigen Kraftstoffen zur Verfügung steht.

Kraftanstrengung in jeder Hinsicht

Die Umgestaltung in Richtung einer klimaneutralen Zukunft sei eine organisatorische und finanzielle Kraftanstrengung, für die Unternehmen Planungssicherheit und einen klaren Förderungshorizont brauchen. Klimaschonende Antriebsalternativen, in welche Richtung auch immer, werden sich erst dann nennenswert durchsetzen, wenn abschätzbar ist, ob und in welchem Umfang sich der Infrastrukturausbau für die Energieversorgung der Fahrzeuge entwickelt und in welchem Maße der Staat mit öffentlichen Förderprogrammen Investitionsanreize gibt.

Rahmenbedingungen schaffen

Die Transport- und Logistikbranche ist eine unverzichtbare Stütze für nahezu alle Wirtschafts- und Lebensbereiche. Damit die beteiligten Unternehmen ihre systemrelevanten Funktionen in Wirtschaft und Gesellschaft weiterhin zuverlässig und vollumfänglich wahrnehmen können, müssen nun weitsichtige, wirtschaftlich tragfähige und zukunftsfähige politische Rahmenbedingungen gesetzt werden, die frei von ideologischen Grundhaltungen sind.

„Handlungsbedarf besteht derzeit an vielen Baustellen“, sagt Tonne.

Als Beispiele nennt er neben den Anstrengungen, die der Branche beim Erreichen der Klimaziele zufallen, die Überwindung der Personalengpässe bei Berufskraftfahrern, zunehmend geforderte emissionsfreie Konzepte für die urbane Logistik und eine Imageaufwertung der Branche im Hinblick auf die Nachwuchsgewinnung.

„Diese Komplexe stehen beispielhaft für Bereiche, in denen die politischen Weichen so gestellt werden müssen, dass wir einerseits die Logistik klimafreundlicher und zukunftsfähig gestalten können und andererseits einen Rahmen bekommen, der es uns ermöglicht, unter wirtschaftlich darstellbaren Bedingungen unseren Beitrag zur Lösung der umfangreichen Zukunftsaufgaben vor einem kalkulierbaren Planungshorizont zu leisten“, ergänzt Tonne.

Entscheidend hierfür sei, so Tonne, dass die Position von Transport und Logistik als elementarer Bestandteil der Wertschöpfung überhaupt (an)erkannt und in den anstehenden politischen Entscheidungen angemessen berücksichtigt werde. Nicht zuletzt die derzeitigen Entwicklungen im Transportsektor Großbritanniens zeigen in beunruhigender Weise, wie bedrohlich sich ungünstige politische Grundvoraussetzungen auf die Stabilität der Lieferketten und damit auf die Versorgungssicherheit von Wirtschaft und Gesellschaft in letzter Konsequenz auswirken können.

In ein ähnliches Horn stößt der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.V. aus Frankfurt am Main. Er hat anlässlich des Beginns der fachlichen Arbeit der Koalitionsverhandlungen im Rahmen der Arbeitsgruppe Mobilität einen Fünf-Punkteplan erarbeitet. Darin wird unter anderem gefordert:

  1. Bekämpfung des Sozialdumpings durch wirksame Kontrolle des EU-Mobilitätspaketes, Einführung von Parkgebühren auf Lkw-Rastplätzen für Langzeitparker und ein Übernachtungsverbot im Lkw für Kleintransporter.
  2. Bekämpfung des Fahrermangels und damit Sicherstellung der Versorgung von Bevölkerung und Wirtschaft durch den aus Verkehrssicherheitsgründen längst überfälligen Zubau von Lkw-Parkplätzen, Bürokratieabbau beim Führerscheinerwerb und die Ausstattungsmöglichkeit von Fahrerhäusern mit sanitären Einrichtungen
  3. Klimaschutzmaßnahmen, die ausländische Lkw nicht außen vorlassen, alle momentan schon verfügbaren kurzfristig wirkende Lösungen einbeziehen sowie eine Förderung der enormen Mehrkosten für alternative Antriebe, die den Unternehmen der Transportbranche (fast alles Familienbetriebe) Investitions- und Planungssicherheit gewährleistet.
  4. Erhöhung der Lkw-Verkehrssicherheit durch verpflichtende EU-weite Einführung von Abstandsregeltempomaten, Verschärfung der Anforderungen an Notbremsassistenten und hinreichende Förderung von Abbiegeassistenten.
  5. Unterstützung der Digitalisierung im Logistiksektor durch digitale Verkehrslenkung zur Stauvermeidung, Schaffung von Rechtssicherheit für den elektronischen Frachtbrief sowie digitale vereinheitlichte und beschleunigte Verfahren im Bereich der Großraum- und Schwertransporte.

BGL-Vorstandssprecher Prof. Dr. Dirk Engelhardt: „Die mittelständische Transportwirtschaft ist angesichts des akuten Fahrermangels, des Dumpingwettbewerbs im Straßengüterverkehr sowie der Notwendigkeit zum Klimaschutz mit enormen Herausforderungen konfrontiert. Wir setzen darauf, dass die sogenannte Fortschrittskoalition aus SPD, Grünen und FDP unsere Branche und ihre mittelständischen Unternehmer bei der Bewältigung dieser Aufgaben nicht allein lässt!“

Ebenfalls mit fünf Punkten wartet der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik auf:

  1. Als wesentliche Voraussetzung für die Mobilität der Zukunft muss die Verkehrsinfrastruktur weiterhin solide finanziert und der begonnene Investitionshochlauf fortgesetzt werden.
  2. Logistikinnovationen müssen gefördert werden, indem der Digitalisierungsstau der öffentlichen Hand aufgelöst und die digitale Infrastruktur zügig ausgebaut wird.
  3. Die gesellschaftlichen Klimaschutzanstrengungen müssen durch die gezielte Förderung einer Null-Emissions-Logistik beschleunigt werden
  4. Das Arbeitsrecht muss modernisiert und flexibler gestaltet werden - gleichzeitig muss die Tarifautonomie gewahrt bleiben.
  5. Logistik braucht offene Märkte und freie Grenzen bei fairen Bedingungen im vertikalen und horizontalen Wettbewerb

„Hierfür muss ein Bündel aus technischen, prozessoptimierenden, anreizgebenden und ordnungspolitischen Maßnahmen für alle Akteure der Logistik und für sämtliche Verkehrsträger geschnürt werden“, beschreibt DSLV-Präsident Axel Plaß die gemeinsamen Aufgaben von Politik und Wirtschaft in den kommenden vier Jahren.

Und weiter: „Die Verkehrs- und Mobilitätspolitik Deutschlands wird noch stärker als bisher in einen umwelt-, sozial- und wettbewerbspolitischen sowie in einen infrastruktur- und städteplanerischen Kontext eingebunden werden müssen. Um die Transformation von Mobilität, Digitalisierung und Energie zu synchronisieren, muss die zukünftige Bundesregierung bereits beim Zuschnitt der zukünftigen Bundesministerien diese interdisziplinären Verknüpfungen herstellen.“

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