Mercedes eSprinter Sustaineer & ONO: Van als Microhub

Wie sich Elektrotransporter und E-Cargobike klug kombinieren lassen, das erproben die Schwaben mit Lastenradhersteller ONO am weiterentwickelten Last-Mile-Konzept Sustaineer. Dank Hecklift wird der eSprinter zum Mikrodepot. Ein Praxistest soll folgen. 

Die Zwei-Kubik-Container werden ins Heck des Sprinter befördert, mittels Hublift, der für den Prototypen eigens angefertigt wurde. | Foto: J. Reichel
Die Zwei-Kubik-Container werden ins Heck des Sprinter befördert, mittels Hublift, der für den Prototypen eigens angefertigt wurde. | Foto: J. Reichel
Daniela Sawary-Kohnen
(erschienen bei LOGISTRA von Johannes Reichel)

Im Anfang war die Idee - und eine Frage: Wie sich ein Elektro-Van und ein E-Cargobike für beide Verkehrsträger gewinnbringend kombinieren lassen. Komplementär also und nicht kompetetiv, nicht entweder oder, sondern sowohl als auch. „Jedes Lastenradkonzept, das funktionieren soll, braucht irgendwo auch einen Transporter im Hintergrund. Sie können ja nicht dutzende von Meilen aus den Umschlaglagern in die Stadt mit dem Lastenrad fahren, da ist der Akku schon leer, bevor die Liefertour losgeht“, skizziert Onno Wilken, beim Mercedes-Benz Vans zuständig für Laste-Mile-Innovationen, die Problem- und Ausgangslage.

Der Impuls kam wie so oft aus der Praxis auf Wilkens Tisch: Weil es so schwierig ist, in Innenstadtlagen Mikrodepots zu finden, geschweige denn zu finanzieren, verlangten KEP-Anbieter nach Lösungen. Wie kann man ohne Mikrodepots klarkommen, war also die leitende Aufgabenstellung. Statt fester Depots schwebte ihnen, wie es informell auch durchaus schon praktiziert wird, eine Art „Rendevous-Punkt“ vor, an dem die Lastenräder vorkommissionierte Container direkt übernehmen. Aber was, wenn es regnet oder schneit? Tausch unter freiem Himmel, das fand Wilken irgendwie improvisiert und ungenügend. Zumal die Sortiererei vor Ort Zeit frisst.

Sustaineer als experimentierfreudige Basis

Auf diese Problematik gestoßen war Wilken, während er für seinen Arbeitgeber eine Studie über den Einsatz von Lastenrädern auf der Letzten Meile erstellte. Von da an war es nur noch ein kleiner Schritt, einen Anbieter ausfindig zu machen, der bei dem Projekt mit von der Partie ist. ONO Motion in Berlin bot sich an, weil das Konzept von jeher auf Wechselcontainer setzt und der Mercedes-Vertrieb in der Bundeshauptstadt sitzt.

Und weil das wiederum zu Wilkens Idee passte, den bereits vorhandenen und bestens passenden Konzept-Sprinter Sustaineer (u.a. mit Solardach, Feinstaubfilter, körpernahes Heizen) zum Mikrodepot zu machen. Technisch ist das tricky: Denn die robusten ONO-Boxen mit zwei Kubikmeter Volumen wiegen schon leer 90 Kilogramm, beladen dürfen es 290 Kilo sein. Die eine sechs Grad steile Rampe hochzuschieben, erwies sich schnell als nicht praktikabel - weder TÜV noch BG-tauglich. Sonst hätte es ellenlanger Schienen bedurft, für die üblicherweise kein Platz in Innenstädten ist.
 

Deutlich weniger Zustellpunkte - das spart Zeit

Also suchte Wilken nach einem Technikpartner, mit dem sich ein Prototyp eines Containerlifts realisieren ließ – und wurde beim Spezialisten Bär fündig. Die sagen dazu Hubladebühne und frästen ein Spezialkonstrukt aus dem vollen Aluminium, kombiniert mit Standardkomponenten des Hauses, von der Fernbedienung über die zweistufige, hydraulische Hubvorrichtung bis hin zur Lasi-Klappe und einem Warnlicht. Kennzeichen soll auch noch ans Heck, erklärt Wilken. Angedockt wird an die Vorrichtung für die Anhängekupplung, die der eSprinter neuerdings optional ermöglicht. Eine weitere Kombination mit einem Anhänger verbietet sich also bei diesem Konzept: Hublift oder Hänger.

Dafür bleiben die Regalsysteme seitlich erhalten, wodurch nur einer der standardisierten Container ins Heck des Standard-Sprinter passt. Dafür kann der Fahrer dann den Container an einen Cargobike-Kollegen übergeben und seine Pakettour fortsetzen. Damit hätte er deutlich weniger Zustellpunkte und sogenannte curbside time – und in der Feinzustellung etwa auch in urbanen wie in dörflichen Gegenden ist das Lastenrad im Zweifel im Vorteil. Im Modell könnte der KEP-Sprinter ins Depot zurückkehren und eine weitere Tour übernehmen. Man hätte die Stärken beider Verkehrsmittel gekreuzt.

   

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Praxistest mit KEP-Diensten soll folgen

Im nächsten Schritt wollen Wilken und ein KEP-Partner nun einen Praxistest angehen, dann aber mit einem L3-Sprinter, der zwei Boxen fasst, um die Effizienz des Konzepts weiter zu erhöhen. Zudem sieht man Anwendungsfälle weit über die Paketbranche hinaus, etwa für Bäckereinen, Foodlieferdienste oder Textilservices. Mal sehen, ob sich die Idee dann auch in der Realität bewährt. Günstiger als ein Mikrodepot zu mieten, dürfte ein vielleicht mal in hohen Stückzahlen skalierter Hublift allemal sein.   

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