LEVC: SOA, die neue Geely-Plattform
Mit dem VN5 haben sie es Ende 2019 schon mal versucht: Der Van war eine Ableitung des ikonischen Taxis TX5, saß aber irgendwo zwischen Cityvan und Standard-2,8-Tonner und bot mit seiner Akku-Range-Extender-Kombi eine exotische Lösung zu einem leider völlig überteuerten Preis. Da konnte man sich noch so in die Optik und den engen Wendekreis verlieben – was viele britische Taxifahrer schätzen (und teils auch gern bezahlen) fiel bei den meisten Handwerkern und KEP-Dienstleistern durch. Unser Rundgang durch die Fertigung bestätigte dann unseren Verdacht: Sie war zu 100 Prozent mit Black Cabs gefüllt – aber das vom ersten bis zum letzten Bauplatz.
Mutter Geely hat das tapfer geschluckt und setzt jetzt nochmal ganz neu an: Denn mit der ganz neu entwickelten SOA genannten Plattform könnte LEVC künftig zu konkurrenzfähigen Preisen vom 4,86 Meter kurzen Taxi „TX6“ – falls TX5 nicht doch noch komplett elektrifiziert wird bis zum 3,5-Tonner-Sprinter-Konkurrenten alles bauen. Eine schlaue Plattform macht es möglich – die sicher auch unter anderen Geely-Marken auftauchen wird.
LEVC schlägt ein neues Kapitel seiner Geschichte auf
Für LEVC (London Electric Vehicle Company) beginnt nach eigener Schreibweise „ein bedeutendes neues Kapitel in seiner Geschichte und stellt die Weichen für das nächste Jahrzehnt und darüber hinaus.“ Die Einführung der innovativen neuen Fahrzeugtechnologie soll die Grundlage für die Umwandlung des Unternehmens von einem hochwertigen Taxihersteller zu einem führenden Anbieter von Elektromobilitätslösungen werden – weshalb man auch bei der Software nachlegt. Interessant: Die Briten sehen sich ohnehin schon als Mobilitätsanbieter – zwar nur für die Nische „Taxi“, aber das seit 115 Jahren!
Die gemeinsam mit der Geely Holding Group entwickelte, modulare und skalierbare Space Oriented Architecture (SOA) soll dank absolut ebenem Boden innen neue Maßstäbe für den Innenraum setzen und LEVC ganz neue Sektoren eröffnen – man kann hier vom privaten Luxusvan bis zum starrachsigen blattgefederten 4,25-Tonner für KEP-Dienste alles realisieren. SOA wurde in den letzten 2,5 Jahren in Forschungs- und Entwicklungszentren in China, Schweden, Großbritannien und Deutschland entwickelt und bietet dank seiner beispiellosen Flexibilität eine Maximierung des Innenraums mit zahlreichen Sitz- und Lastenkonfigurationen.
Innen gibt es einen komplett ebenen Boden
Mit einer zentral angeordneten Batterie bietet der SOA einen völlig flachen Boden, der den Platz für Insassen, Ladung oder beides maximiert. Um diesen flachen Boden zu erreichen, optimiert SOA die Unterbringung der Komponenten des elektrischen Antriebsstrangs an der Vorderseite, wodurch zusätzlicher Platz für Fahrer und Beifahrer geschaffen wird. Innen will man 75% der Fahrzeuglänge nutzen können, wo die Konkurrenz aktuell bei rund 67% liegen soll. Im Heck soll es eine Schiene geben, in der Sitzgelegenheiten um bis zu 1,9 Meter hin- und hergefahren werden können. Es gibt auch zwei Hinterachsmodule: Starr, blattgefedert oder einzeln aufgehängt, angetrieben und luftgefedert mit Absenkfunktiuon. Vorbild waren hier eher Range Rover und Co.
Dazu kommen für Vans niedrige Einstiegshöhen, mehreren Sitzkonfigurationen sollen „nahezu unendliche Möglichkeiten“ bieten. Darunter auch eine vierte, im Heck komplett versenkbare Reihe. SOA unterstützt Fahrzeuggrößen von 4.860 mm bis 5.995 mm Länge und 1945 mm bis 1998 mm Breite mit Radständen von 3.000 mm bis 3.800 mm und ist für eine breite Palette von Elektrofahrzeugen konfigurierbar, von geräumigen Modellen für die Personenbeförderung bis hin zu frachtoptimierten kommerziellen Anwendungen.
Front-, Heck- oder Allradantrieb
SOA kann je nach Bedarf mit Vorderrad-, Hinterrad- und Allradantrieb ausgestattet werden. Es gibt drei Akkukapazitäten mit 73, 102 und 120 kWh, die nach WLTP beim Van bis zu 363, 495 oder 578 km Reichweite bieten sollen.
Vorn ist eine eine leistungsstarke Crash-Struktur verbaut: Bis 20 km/h knicken die Frontträger ein, bis 50 km/h wird ihre Energie komplett aufgezehrt und erst bei höheren Tempi wird das zentrale Chassis in Mitleidenschaft gezogen, wie uns Kent Bollevan, der Chief Archtiecture Designer erklärt. Er weiß, von was er spricht: Stammt er doch von Saab und ging dann zu Volvo, wo der den XC40 mit verantwortete – alles sichere Autos. Der Prototyp schaffe schon jetzt in Europa und China Fünf-Sterne-Sicherheitsstandards. Die Plattform verfügt außerdem über eine ohe Torsionssteifigkeit, die das Handling, den Komfort und die Fahrdynamik verbessern soll. Auch liege man laut Bovellan über dem besten SUV aus Deutschland.
Modernste elektronische Architektur für ein verbessertes Insassenerlebnis
In China wurde die digitale Plattformtechnologie entwickelt, die David Yu vorstellt: „L-OS“ ist eine neue elektronische Architektur vom Chip bis zur Cloud, die exklusiv für die zukünftige Mobilität entwickelt wurde. Mit seiner enormen Rechenleistung soll L-OS den Nutzern autonome Fähigkeiten nach Level 4 bieten. Man setzt hier auf mehrere Layer und plant ab 2025 die Steuergeräte durch einen zentralen „Supercomputer“ zu ersetzen. Geely hat hier ein eigenes komplett digitales Betriebssystem entwickelt.
L-OS beinhaltet auch neue Insassenerfahrungen durch die Experten von ECARX, die ihre fortschrittliche Antora Intelligent Computing Plattform nutzen, um das intelligente, digitale Cockpit mit hohem Funktionsumfang zu liefern. Durch Over-the-Air (OTA) Software-Updates bleiben SOA-basierte Fahrzeuge immer auf dem neuesten Stand, was die Benutzerfreundlichkeit erhöht und die Benutzerfreundlichkeit und Effizienz ständig verbessert.
SOA ist auch eine Open-Source-Plattform für Elektrofahrzeuge, die von Partnern außerhalb von LEVC und der Geely Holding Group als Grundlage für ihre zukünftigen Produkte genutzt werden kann. Es wird erwartet, dass die durch die Architektur entstehenden Synergien die Entwicklungskosten der beteiligten Marken senken und erhebliche Einsparungen bei den F&E-Kosten ermöglichen werden. Alex Nan, CEO von LEVC, kommentierte dann auch augenzwinkernd:
„Mit der Vorstellung unserer neuen innovativen und hochflexiblen, auf den Weltraum ausgerichteten Plattformtechnologie für reine Elektrofahrzeuge schlägt LEVC heute das spannendste Kapitel seiner Geschichte auf: Space Oriented Architecture.“
Er ergänzte:
„Für LEVC ist das Konzept der 'Mobilität' nicht neu. Wir haben mehr als ein Jahrhundert 'Mobilität' in unserer DNA. Die ikonischen Fahrzeuge, die dieses Unternehmen seit 1908 herstellt, mögen sich im Laufe der Zeit verändert haben, aber die Kernprinzipien haben sich nicht geändert: Sie wurden immer speziell für die Stadt gebaut und sind auf das beste Erlebnis für die Insassen ausgerichtet. Die großzügige Platzverhältnisse genießen sollen.“
Man wolle seine reiche Geschichte wird mit den Ressourcen der Geely-Organisation kombinieren, um mehr Kunden als je zuvor mit fortschrittlichen emissionsfreien Fahrzeugen zu versorgen.
Was bedeutet das?
Geely hat mit SOA eine starke große Elektroplattform entwickelt. Sie ist extrem raumeffizient und sparsam, muss aber mit 400-Volt-Technik auskommen. Doch sie allein wird LEVC das Überleben sichern. Man darf gespannt sein, was hier in Zukunft geplant ist. Auf irgendwelche konkreten Aussagen bezüglich neuer Modelle und deren Hochläufe ließ sich nämlich keiner der Verantwortlichen festnageln.
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