Konjunkturindex: Deutsche Industrie im Abwärtstrend

Laut den aktuellen Umfrageergebnisse zum IHS Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) für Juli 2019 verzeichnet das Verarbeitende Gewerbe in Deutschland einen deutlichen Rückgang bei den Auftragseingängen, insbesondere im Exportgeschäft. Mit 43,2 Punkten nach 45,0 im Juni 2019 rutschte der Index aktuell noch tiefer in den roten Bereich.

Insbesondere das Exportgeschäft verzeichnet massive Rückgänge | Foto: Pexels auf Pixabay
Insbesondere das Exportgeschäft verzeichnet massive Rückgänge | Foto: Pexels auf Pixabay
Torsten Buchholz

Gleichzeitig liegt der wichtige Frühindikator für die Industrieproduktion bereits den siebenten Monat in Folge unter der Wachstumsschwelle von 50,0 Punkten, teilte der englische Finanzdienstleister IHS Markit in London mit.

Es sei zu hoffen, dass der weiter solide wachsende Servicesektor die anhaltende Talfahrt der Industrie, wenn nicht aufhalten, so zumindest bremsen könne, so Dr. Silvius Grobosch, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME).

Die deutschen Hersteller verzeichneten im Juli 2019 erneut ein Minus im Auftragseingang, was die Teilnehmer der EMI-Umfrage mit verzögerten Entscheidungen, dem härteren Wettbewerb und der grundsätzlich geringeren Nachfrage begründeten. Viele der befragten Manager nannten zudem die Automobilindustrie als besonderen Schwachpunkt. Nachdem sich die Rückgangsrate über das zweite Quartal 2019 hinweg verlangsamt hatte, beschleunigte sie sich nun wieder auf den schlechtesten Wert seit April 2019. Bei den Teilsektoren zeigte sich die gleiche Entwicklung wie bei der Produktion.

Die erneute Verschlechterung zu Beginn des dritten Quartals lag zumindest teilweise am starken und beschleunigten Rückgang der Exportaufträge. Der entsprechende saisonbereinigte Teilindex sackte im Vormonatsvergleich deutlich ab und notierte auf dem tiefsten Stand seit über einem Jahrzehnt. Wie einige Umfrageteilnehmer angaben, ging der Absatz in Europa, aber vor allem in China merklich zurück. Und auch hier wurde oft der schwächelnde Automobilsektor zitiert.

„Die Abwärtsbewegung der deutschen Industrie hat sich laut EMI im Juli fortgesetzt. Es ist zu vermuten, dass neben strukturellen Themen insbesondere der Handelsstreit zwischen den USA und China auch in Deutschland seine Spuren hinterlässt.“

So kommentierte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen auf BME-Anfrage die aktuellen EMI-Daten. Sollte sich dieser weiter fortsetzen, sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die rezessiven Tendenzen in der Industrie verstärkt werden.

Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, sagte gegenüber dem BME:

„Deutschland treffen gerade die Kollateralschäden der globalen Handelsstreitigkeiten mit voller Wucht. Obwohl Europa nicht im Mittelpunkt dieser Streitigkeiten steht, leidet die deutsche Industrie am globalen Fallout.

Weltweit führen Unternehmen ihre Investitionspläne herunter, und das bekomme die deutsche Industrie massiv zu spüren. Die deutsche Volkswirtschaft sei sehr exportabhängig mit einem Schwerpunkt auf Investitionsgütern sowie einem starken Fokus auf die USA und China.

„Das außenwirtschaftliche Umfeld wird rauer für die deutschen Unternehmen. Immer mehr Handelshemmnisse, der Brexit oder Sanktionen erhöhen die Unsicherheiten für hiesige Betriebe.“

Das teilte DIHK-Außenwirtschaftsexperte Kevin Heidenreich dem BME mit. Die Exporterwartungen seien so niedrig wie seit zehn Jahren nicht mehr. Das habe auch negative Auswirkungen auf die Investitions- und Beschäftigungsabsichten der Unternehmen. Ein Ende der außenwirtschaftlichen Herausforderungen sei derzeit nicht in Sicht. Das drücke auf die stark exportorientierte deutsche Wirtschaft. Heidenreich:

„Die Betriebe benötigen deshalb hierzulande Rückenwind für mehr Investitionen und Innovationen: Dazu gehören Entlastungen bei Bürokratie, ein schnellerer Ausbau bei der Verkehrs- und IT-Infrastruktur und eine Unternehmenssteuerreform.“

Zur jüngsten Entwicklung des EMI-Teilindex Einkaufspreise sagte Dr. Heinz-Jürgen Büchner, Managing Director Industrials, Automotive & Services der IKB Deutsche Industriebank AG:

„Die aktuelle Ankündigung von Präsident Trump weitere Strafzölle auf chinesische Einfuhren zu erheben, dürfte zusätzlichen Druck auf die Rohstoffpreise ausüben und sie unterschiedlich tangieren. So sehen wir nur begrenztes Potenzial für weiter nachgebende Stahlpreise.“

Seit Jahresbeginn hätten die Eisenerzpreise auf dem Spotmarkt um rund zwei Drittel angezogen, was laut Büchner auch zu entsprechend höheren Kontraktpreisen führen dürfte. Bühner:

„Dies sollte zumindest stabile bis leicht steigende europäische Stahlpreise zur Folge haben. Die weitere Entwicklung der Rohölnotierungen hingegen hängt primär von den Auswirkungen der Marine-Mission der USA und verbündeter Staaten in der Straße von Hormus ab. Das aktuelle Förderniveau sorgt für weitgehend stabile Preise. Ein kräftiger Militärschlag könnte zu Kosten von bis zu 80 US-Dollar je Barrel Brent führen.“

Der IHS Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) gibt einen allgemeinen Überblick über die konjunkturelle Lage in der deutschen Industrie. Der Index erscheint seit 1996 unter Schirmherrschaft des BME. Er wird vom Anbieter von Unternehmens-, Finanz- und Wirtschaftsinformationen IHS Markit mit Hauptsitz in London erstellt und beruht auf der Befragung von 500 Einkaufsleitern/Geschäftsführern der verarbeitenden Industrie in Deutschland (nach Branche, Größe, Region repräsentativ für die deutsche Wirtschaft ausgewählt). Der EMI orientiert sich am Vorbild des US-Purchasing Manager´s Index (Markit U.S.-PMI).

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