Fraunhofer-Institut: Aus Holzabfällen mach Biowasserstoff

Fraunhofer-Forschende möchten im Verbundvorhaben H2Wood – BlackForest Biowasserstoff aus Holzabfällen herstellen. 2025 soll eine Pilotanlage in Betrieb gehen.

Statt mit Holzschutzmitteln behandeltes Altholz in Großkraftwerken zu verbrennen sollen in H2Wood daraus Wasserstoff, Carotinoide und Stärke entstehen. (Foto: Fraunhofer IGB)
Statt mit Holzschutzmitteln behandeltes Altholz in Großkraftwerken zu verbrennen sollen in H2Wood daraus Wasserstoff, Carotinoide und Stärke entstehen. (Foto: Fraunhofer IGB)
Anna Barbara Brüggmann

In der Region Schwarzwald sind einige holzverarbeitende Unternehmen tätig, darunter auch viele Möbelhersteller. Bei der Verarbeitung der Möbel sowie auch bei der Entsorgung von Paletten und beim Abbruch von Gebäuden fallen große Mengen an Holzabfällen an.

Diese werden bislang in Verbrennungsanlagen entsorgt. Bei mit Holzschutzmitteln behandeltem Altholz muss die Abluft der Verbrennung zudem kostenintensiv gereinigt werden. Fraunhofer-Forschende suchten daher nach alternativen Nutzungsmöglichkeiten des regionalen Holzabfalls.

Im Sinne einer holzbasierten Kreislaufwirtschaft soll dabei das Rest- und Altholz für die Herstellung von regenerativem Wasserstoff verwendet werden.

H2Wood

Diesem Forschungsvorhaben gehen im 2021 initiierten Verbundvorhaben H2Wood – BlackForest das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB, das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA, die Universität Stuttgart, das Institut für industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb IFF und der Campus Schwarzwald nach. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF fördert das Projekt mit 12 Millionen Euro.

Die Forschenden nutzen dabei den aus dem Holz gewonnenen Zucker für die Produktion von Wasserstoff mittels Bakterien. Dabei entstehendes CO2 soll für die Herstellung von Mikroalgen eingesetzt werden, die auch Wasserstoff produzieren können.

Wie sieht der Herstellungsprozess genau aus?

Zunächst werden die Holzabfälle, beispielsweise Paletten oder alte Gartenzäune in die Grundbestandteile zerlegt. Dazu werde das Holz unter Druck bei bis zu 200 Grad Celsius in einem Ethanol-Wasser-Gemisch gekocht.

Im Ethanol lösen sich Lignin sowie Klebstoffe, Lösemittel und Lacke aus den Holzabfällen, die chemischen Störstoffe werden also von der Holzfaser getrennt.

Dann wird die beim Kochen übrigbleibende Holzfaserfraktion, die Cellulose, und teilweise die Hemicellulose in einzelne Zuckermoleküle (Glucose und Xylose) gespalten. Diese sollen den wasserstoffproduzierenden Mikroorganismen als Futter beziehungsweise als Substrat dienen.

Für die Umwandlung der gewonnenen Zucker in Wasserstoff haben die Forscherinnen und Forscher am Fraunhofer IGB zwei miteinander verknüpfte Fermentationsverfahren mit wasserstoffproduzierenden Bakterien und Mikroalgen etabliert.

Kohlenstoffbasierte Koppelprodukte

Bei der Vorbehandlung fallen Nebenprodukte an wie Lignin und bei der biotechnologischen Umwandlung des Holzes wird neben Wasserstoff CO2 freigesetzt, das über die Mikroalgenproduktion beispielsweise zu Stärke und Carotinoiden umgewandelt wird.

„Bei der Fraktionierung des Holzes werden die Holzfasern von Lignin befreit, das neben Cellulose und Hemicellulose zwanzig bis dreißig Prozent der Holzzellwandsubstanz bildet. Dieses Lignin, als eines der Koppelprodukte, ist vielseitig einsetzbar – etwa in Verbundwerkstoffen. Ein Anwendungsbeispiel sind Verschalungen im Auto“, erklärt Dr. Ursula Schließmann, stellvertretende Institutsleiterin am Fraunhofer IGB in Stuttgart, bei dem die Projektkoordination und die Technologieentwicklung liegt.

Bakterien und Mikroalgen

Aus den langen Zuckerkettenmolekülen der Cellulose wiederum wird Glucose gebildet. Diese wird in den Fermenter mit Bakterien gegeben und soll als Kohlenstoff-Quelle dem Bakterienwachstum dienen.

Die Bakterien produzieren Wasserstoff und CO2. Die Forschenden trennen aus dem Gasgemisch das CO2 ab und führen es dem Algenreaktor zu.

Die Mikroalgen seien in der Lage, als Kohlenstoff-Quelle CO2 zu nutzen, und sich zu vermehren. Im Gegensatz zu Bakterien würden sie keinen Zucker benötigen.

„Die Stoffwechselprodukte der Bakterien, also der vermeintliche Abfallstrom CO2, stellt also die Nahrung für die Mikroalgen dar und geht nicht als schädliches Klimagas in die Abluft. Die Mikroalgen synthetisieren daraus unter Lichteinfluss Carotinoide beziehungsweise Pigmente als weitere, von unterschiedlichen Industriebranchen verwertbare Koppelprodukte.“

Hohe Wasserstoffausbeute

In einem zweiten Schritt würden die Mikroalgen in einen speziell dafür entwickelten Reaktor überführt. Dort sollen sie dann mittels direkter Photolyse Wasserstoff freisetzen.

Den Projektpartnern zufolge lassen sich aus einem Kilogramm Altholz zunächst etwa 0,2 Kilogramm Glucose gewinnen. Anschließend könnte man laut Schließmann mit anaeroben Mikroorganismen 50 Liter H2 herstellen. Bei der Fermentation mit den anaeroben Bakterien entstehe auch zu gleichen Anteilen, also 50 Prozent, CO2.

Algenbiomasse für Kunststoff

Nach Abtrennung des Wasserstoffs aus dem Gasgemisch lässt sich laut den Forschenden aus circa zwei Kilogramm CO2 im Photobioreaktor ein Kilogramm Mikroalgenbiomasse erzeugen.

Diese Biomasse habe einen Stärkegehalt von bis zu 50 Prozent und enthalte das Farbpigment Lutein. Das Koppelprodukt Algenbiomasse könnte zum Beispiel mittels Bakterien für Kunststoffkomponenten genutzt werden.

Pilotanlage

Aktuell wird eine modular erweiterbare Pilotanlage mit drei Biorektoren aufgebaut. Anfang 2025 soll die Bioraffinerie am Campus Schwarzwald ihren Betrieb aufnehmen. 

Im Rahmen des Projekts widmet sich das Fraunhofer IPA gemeinsam mit dem Institut für Industrielle Fertigung und Fabrikbetrieb IFF der Frage, wie der lokale Bedarf an grünem Wasserstoff in den Sektoren Industrie, Verkehr sowie Haushalte und Gebäude gedeckt werden kann und welche Mengen an Rest- und Altholz für dessen Erzeugung verfügbar sind.

Als Ergebnis dieser „Wasserstoff-Roadmap“ entstanden auch Handlungsempfehlungen für den Ausbau der Wasserstoffwirtschaft in der Region Schwarzwald.

„Die Untersuchung zeigt, dass die Region Schwarzwald ein signifikantes Potenzial für die Erzeugung von Wasserstoff aus lokalen Ressourcen besitzt, dieses Potenzial jedoch nur durch die Weiterentwicklung der Technologien und den Ausbau der Infrastruktur vollständig ausgeschöpft werden kann“, so Vladimir Jelschow, Wissenschaftler am IPA und einer der Autoren der Wasserstoff-Roadmap.

Symboldbild Transportjobs

Mehr als 750 aktuelle Jobangebote aus der Transportbranche, vom Lkw-Fahrer über Fuhrparkmanager bis zu Disposition, Teamleitung und vieles mehr mit individueller Suchfunktion und Kartenansicht bieten wir Ihnen ab sofort in unserem Job-Bereich: Ihr nächster Schritt auf der Karriereleiter?

Alle Transport-Jobs anzeigen »