Fahrbericht: Kleiner Stromer Addax MT15n
Der Kleine Stromer hat wirklich was auf dem Kasten: Einen echten Dreiseitenkipper zum Beispiel, mit großer Utensilienkiste hinter der Kabinenwand. Oder bis zu vier Kubikmeter Volumen in einer Box. Oder einen kompetenten Kühlkoffer, wie ihn etwa Aldi Süd für den Pilottest in der Lebensmittelbelieferung einsetzt. Oder einen Müllkipper. Und so weiter und so fort, das Spektrum des Fahrgestells ist enorm. Zu uns auf den Verlagshof rollt der Leichtelektro-Transporter Addax MT15n zwar auf dem Rücken eines Pkw-Trailers, gezogen von einem brandneuen VW Amarok Pick-up. Aber klar, aus Belgien nach München auf eigener Achse, dafür ist dann ein solches Gefährt nicht gedacht, will man einen engen Zeitplan einhalten, wie die Addax-Leute an diesem Wintertag.
Dafür wuselt der Elektrolaster im Anschluss umso behender durch den winterlichen Stadtverkehr und tritt den mobilen Beweis an, dass weniger mehr sein kann. Weniger Fläche zum Beispiel: Der nach der "normalen" N1-Transporter-Norm zugelassene Leichtstromer misst gerade 3,65 Meter in der Länge, ganz zu schweigen von den 1,45 Meter Breite (mit Pritsche), die den Elektro-Van fast störungsfrei am Straßenrand parken lassen, sollte vor Ort mal wieder keine Ladezone verfügbar sein. Mit 1,99 Meter Höhe bleibt das Leichtgefährt auch tiefgaragentauglich, nicht unwesentlich, wenn man etwa an Marktbelieferung oder Mikrodepots denkt.
Schleppt so viel wie ein 3-Tonner
Wieviel Nutzlast packt der kleine Elektro-Racker denn? Verblüfft nimmt man die Antwort von Addax-Vertriebsmanager Michael Menkhoff zur Kenntnis: Je nach Version bis zu einer Tonne kann der E-Van schultern. Das ist so viel wie ausgewachsene 3,0-Tonnen-Transporter verfrachten dürfen - und mindestens ein Drittel mehr als etwa ein VW ID.Buzz Cargo, der mit 3,9 Kubikmeter Volumen auch nicht mehr Frachtstücke packt als der Addax in seinem wahlweise erhältlichen Alu-Kofferaufbau mit Flügeltüren und Seitenöffnung (7.500 Euro). Dabei misst der VW aber zwei Meter in der Breite wie in der Höhe und braucht dafür 4,60 Meter Länge. Klar, irgendwo "Äpfel mit Birnen" verglichen. Aber wenn es rein nach "Transportaufgabe" geht, kann der City-Floh aus Deerllijk nicht weniger als der High-End-Stromer aus Hannover.
Der Elektro-Zwerg hat eine Anhängelast von 1,2 Tonnen!
In mancher Disziplin sogar noch mehr: Denn ebenso verblüfft nimmt man Menkhoffs Auskunft zum Thema Anhängelast zur Kenntnis: 1,2 Tonnen dürfen gebremst an den Haken, 200 Kilo mehr als beim ID.Buzz. Ok, verblüfft ist man dann auch ob des Preises. Denn mit Koffer und ein paar Extras (Servolenkung, Webasto-Standheizung oder Klima+Heizung, ZV, Typ2-Lader) durchbricht der LEV startend bei 30.900 in der Basis mit 8-kWh-Akku (WLTP 60 km) die 40.000er-Marke und fährt damit fast auf das Niveau des nicht ganz billigen VW Buzz. Beim 15er-Modell ist dann immerhin der größere Akku verbaut, der statt 8 kWh 14,4 kWh Kapazität bietet und nach WLTP als 55-km/h-Version 132 Kilometer weit kommen soll. Der ID.Buzz kommt dreimal so weit, hat aber auch einen fünfmal so großen Lithium-Ionen-Speicher von CATL im Unterboden. Naja, und er wiegt halt auch 2,5 Tonnen leer, zweieinhalb mal so viel...
Womit man bei der "Öko-Wertung" wäre: Als Kofferversion befördert der kleine Stromer gut 750 Kilogramm 132 Kilometer weit, mit einem robusten und umweltfreundlichen und beheizten LFP-Akku wohlgemerkt, den man bei Addax im Werk selbst aus den Fernostzellen paketiert und dessen Wiederaufbereitung man ebenfalls übernimmt. Da genügt es dann auch, ein ebenso ressourcensparendes 3,6 kW-Ladegerät zu verbauen für den Haushaltsstecker, womit man in 6,5 Stunden ebenso schnell wieder bei der Musik ist wie der ID. Buzz. Oder man ordert einen Typ-2-Stecker mit 6,6 kW und kann die Arbeit dann nach 2,5 Stunden wieder fortsetzen. Ressourcenmäßig liegt der Mini-Elektriker also klar in Front. Ach so, und fünf Jahre Garantie gewährt der Hersteller auf den Akku, zwei Jahre auf das Gesamtfahrzeug.
Downsizing im wahrsten Sinne: Ebenerdiger Einstieg
Selbstverständlich kann das ganze Konzept in Sachen Komfort nicht mit konventionellen Vans mithalten. Aber das soll es auch gar nicht: Getreu dem Downsizingmotor "Weniger ist mehr", gibt es eine radikal reduzierte Kabine, die man aber über die gegenläufig öffnenden Türen ebenerdig und leicht entert und in der man auf gar nicht mal so üblen Sitzen ganz gut "gebettet" ist. Zudem erweist sich die "gläserne Kanzel" als breit und geräumig, weder an Schultern noch Beinen zwickt es und man steigt locker von der Fahrer- zur Beifahrerseite durch, dann topfebenem Boden. Und: Trotz eines eiskalten Wintertags, es ist schön warm in der Kabine. Neben der optionalen Elektroheizung, die stringent zum Konzept passen würde, ist hier eine Biodiesel-Webasto (1.675 Euro) AirTop verbaut, die ihrem guten Ruf alle Ehre macht.
Keep it simple: Das Cockpit lässt weg, was man nicht braucht
Der zentrale Tacho mit unprätentiösem TFT-Display liefert alle Infos die man braucht, und in einem Submenü sogar noch zahlreiche Details zur Betriebsspannung und Akkuzustand. Darunter platziert sind ein paar Taster für die wenigen Grundfunktionen, wie "Vorwärts-Rückwärts-Neutral", ZV, ESP Off, Berganfahrhilfe oder Scheibenheizung. Und liebe Raucher, hier gibt's noch einen Zigarettenanzünder. Fensterheber braucht es dagegen nicht, weil es sich um Schiebefenster handelt. Und ein Handbremshebel tut statt einer elektrischen Parkbremse soliden Dienst. Die Übersicht in der lichten Kabine ist fantastisch, die Aussparungen in den Türen lassen selbst Kleinkinder nicht im Verborgenen, die länglichen Spiegel sind für das Fahrzeugformat in Ordnung.
Wie fährt sich nun dieser im Leerzustand gerade man 900 Kilo leichte Nutzfahrzeugzwerg? Gar nicht schlecht muss man sagen. Dank Schraubenfedern und Einzelradaufhängung rundum schwingt der E-Van für einen Frontlenker mit dem Sitz auf der Achse sogar überraschend komfortabel und wie eine kleine Sänfte über Kanaldeckel, Wellen oder Verkehrsberuhigungen. Dabei erweist sich das Stahlrahmenchassis als steif und fest, der Aufbau rappelt und arbeitet nicht groß und die Straßenlage ist ebenso sicher und anständig, tiefem Schwerpunkt mittels Akku sei Dank. Wobei die optionale Servolenkung zwar leichtgängig ist, aber wenig Fahrbahngefühl vermittelt. Dafür wendet man quasi auf der Stelle. Der kurze Radstand ermöglcht einen Zirkelschluss von 4,5 Metern.
Kein Reißer ist der an der Hinterachse verbaute Motor, eine einigermaßen leise laufende Synchronmaschine eines italienischen Anbieters, die 12,5 kW Leistung genügen aber, dass man nicht als Verkehrshindernis wahrgenommen wird, sondern passabel mitschwimmt. Dank eines Differenzials soll der LEV auch an Steigungen und Rampen nicht kapitulieren müssen, geschweige denn beim Ziehen eines Anhängers (siehe oben). 120 Nm Drehmoment leitet das Aggregat immerhin an die Hinterräder, anständig für eine Kombination, die ausgeladen dann etwa 1,5 Tonnen wiegt.
Robuster Stahlrahmen als Schutzkäfig
Und die Knautschzone? Schon wieder verblüfft einen Michael Menkhoff. Denn der N1-Van ist auch nach der entsprechenden Crashnorm getestet und soll mit seinem Stahlkäfig brauchbaren Schutz bei Unfällen im städtischen Umfeld bieten. Rempler kann das E-Mobil übrigens auch ganz gut ab: Bei der Beplankung handelt es sich um durchgefärbte Kunststoffe, die erstens kratz- und bruchunempfindlich sind. Und die zweitens im Falle eines Falles schnell und einzeln zu tauschen sind.
Ebenso ein Faktor wie die dem Vernehmen nach niedrigen Betriebskosten: Strom braucht der kleine E-Transporter sehr wenig, etwa 11 kWh sollen es sein. Der Service wird erst nach 10.000 Kilometern fällig - oder einmal jährlich, für die Ferndiagnose gibt es ein 4G-gestütztes On-Board-Modem. Die etwas synthetisch anmutenden Betriebsstopper muss man zwar schon öfter mal in Anspruch nehmen, weil die Rekuperation nicht allzu stramm ist. Aber die rundum Scheiben in den 14-Zoll-Rädern sind dafür Standardteile. Dank möglichst regional ausgelegter Lieferkette verspricht der Hersteller auch rasche Reparatur, sollte doch mal was kaputt gehen. Ein Servicenetz in Deutschland ist gerade im Aufbau befindlich.
Vor allem der Lebensmittelhandel zeigt Interesse
Nachfragen und echte Nachfrage kommen vornehmlich aus dem Lebensmittelbereich, aber auch von Kommunen, aus der Industrie oder der Intralogistik. Neben Aldi Süd ist man auch bei Alnatura im Liefereinsatz, hier sogar mit 26 Fahrzeugen, nach Pilotprojekten in Benelux mit den Supermarktketten Delhaize oder Albert Hein. Etwa 1.000 Fahrzeuge hat der Hersteller aus der belgischen Provinz bereits im Markt, meint Michael Menkhoff. Und jetzt will man richtig skalieren: 650 Exemplare gibt die Fertigung aktuell schon her, 1.000 Leichtstromer sollen mal jährlich vom Band laufen. Auch an den nächsten Modellen wird bereits entwickelt. Hier gilt dann: Mehr ist mehr. Fürs Klima und den urbanen Verkehr.
Fazit:
Damit kann man arbeiten - und liefern: Der Addax ist ein echtes "Werkzeug", setzt auf konsequentes Downsizing ohne Schnickschnack und bietet eine erstaunliche Bandbreite und Tragfähigkeit, auf kleinstem Raum und unter geringstem Ressourceneinsatz, zudem mit hohem Anspruch im Bezug auf regionale Wertschöpfung und Produktion. So groß kann klein sein. Schade, dass der Gesetzgeber die Spezies der Leichtelektrofahrzeuge so wenig auf dem Schirm hat. Sie böten gewaltiges Potenzial für Lieferverkehre, aber auch das urbane Handwerk. Und würden auf den Schlag massiv Emissionen und Platz einsparen helfen.
Wenn die Paketdienste in Deutschland sämtliche Diesel-Lieferwagen durch elektrische Transporter ersetzen und diese mit Ökostrom laden würden, könnte die Republik etwa 632.000 Tonnen CO2 pro Jahr sparen, rechnete jüngst der Energiekonzern E.ON vor. Die Menge entspräche gut 0,4 Prozent aller Treibhausgasemissionen des Verkehrssektors in Deutschland. Und wenn man hier jetzt auf kleinere und leichtere E-Fahrzeuge setzen würde, könnte die Einsparung noch viel größer sein. Bei den meist kleinen Herstellern und niedrigen Stückzahlen wäre eine Förderung mal wirklich angebracht, um der Branche aus den Kinderschuhen zu helfen. Allein, es fehlt die Lobby!
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