Fahrbericht ABT e-Transporter 6.1: Der E-Bulli reicht weiter

Beim ersten Reichweitentest mit dem von ABT elektrifizierten Klassiker erweist sich der kleine Akku-Satz aus dem e-Golf als erstaunlich standhaft. Im Stadtverkehr könnten bis zu 200 km drin sein.

Effizienter Stromer: Der ABT e-Transporter kam sparsam über die hügeligen Runden und übertraf die Werksreichweite locker. | Foto: VW/Stephan Lindloff
Effizienter Stromer: Der ABT e-Transporter kam sparsam über die hügeligen Runden und übertraf die Werksreichweite locker. | Foto: VW/Stephan Lindloff
Christine Harttmann
(erschienen bei LOGISTRA von Johannes Reichel)

Wir geben es auf für heute: Nach 103 Kilometer durch die Hügel und Dörfer rund um Kempten zeigt die Akku-Uhr in den komplett neu gestalteten Instrumenten des ABT e-Transporter 6.1 noch 73 Kilometer Restreichweite, hängt knapp unter "Halbmast". Das entspricht einem Verbrauch von 19,3 kWh/100 km und wäre wiederum deutlich sparsamer als ein e-Crafter, der in unserem Test im Winter 26 und im Sommer 22 kWh/100 km Strom zu sich nahm. Und dabei war das keine "Zuckelfahrt" auf dem platten Land, sondern ein anspruchsvoller Allgäu-Mix aus Stadt, Überland und eine Schnellstraßenpassage mit gut 100 km/h über die B11. Allerdings trotz sommerlicher Temperaturen ohne Klimaanlage, sondern mit Lüftung auf Hochtouren gefahren - und ohne Ballast an Bord.

Und als man denkt, jetzt geht nichts mehr und die Nadel senkt sich Richtung leer, rollt man zurück stetig bergab nach Kempten und bekommt die "Kilometer" wieder "raufgezählt". Locker fünf Zähler macht der elektrifizierte Van gut, den es nur in L2 und Flachdach, aber eben auch als den von uns gefahrenen Doka-Kasten gibt. Wobei die nicht zu stramm ausgelegte Rekuperationsstrategie sozusagen zweigeteilt ist: Wer schnell vom Gas geht, spürt ordentliche Verzögerung. Beim Heranrollen an die Ampel macht die Bremse dann aber "auf" und nutzt den Restschub und die Rollenergie. Das gilt es beim Fahren in der Stadt im Hinterkopf zu behalten, im Prinzip aber die "alte Trucker-Schule": Rollen lassen. Und am Ende den Tritt auf die Bremse nicht vergessen. Sprich: Es empfiehlt sich vorausschauendes Fahren. Und das berühmte "Ein-Pedal-Fahren" war hier bewusst nicht das Ziel, etwaige stufenweise Modulation der Verzögerung wie etwa beim Mercedes eVito per Lenkradpaddel sieht das ABT-Konzept nicht vor. 

Moderate Beschleunigung mit 83-kW-Bosch-Motor

Das macht sich ohnehin so viele Komponenten wie möglich aus dem VW-Konzernbaukasten zu Nutze, ergänzt vor allem um ein eigententwickeltes Steuergerät. Den standardmäßigen 83 kW-Bosch-Elektro-Motor mit moderaten 200 Nm Drehmoment kombiniert man mit dem neu paketierten und auf den Unterboden des T6.1 angepassten, üppig crashgesicherten Akkusatz mit CATL-Zellen und 16 Modulen. Ergibt in Summe 32,5 kWh nutzbare Kapazität, 37,3 kWh brutto. Was erstmal klein klingt, wenn man überlegt, dass hier ein stattlicher 3,2-Tonner bewegt werden soll, der sogar noch einen 1,5 Tonnen Anhänger ziehen darf, bei allerdings auf 3.770 kg gedeckeltem Zuggesamtgewicht. Der PSA-Konzern fährt hier mit einem 45-kWh-Akku (50 kWh brutto) auf und gibt als Reichweite in WLTP 230 Kilometer an. So weit dürften die E-Vans aber realiter gar nicht auseinander liegen. "Wir haben eine eher konservative Angabe gemacht", erklärt ABT-eLline-Produktmanager Jens Häberle beim Vor-Ort-Termin.

Vorteil kleiner Akku: Mehr Nutzlast, kleiner CO2-Rucksack

Die Vorteile des kleines Akku-Satzes aus seiner Sicht: Man kommt dank eines schlanken Akkugewichts von 333 Kilo auf die Ziel-Nutzlast von einer guten Tonne, hält die Kosten im Rahmen und natürlich auch den CO2-Rucksack klein, den jedes E-Fahrzeug ab dem Kauf erst einmal mitschleppt. Da kombiniert man lieber konsequent einen serienmäßigen 50-kW-DC-Lader, falls das AC-Gerät mit 7,2 kW Leistung zu lahm sein sollte. Dann ist der e-Bulli binnen einer dreiviertel Stunde wieder von 0 auf 80 Prozent, im AC dauert das 5:50 Stunden.

Außerdem war die Erkenntnis der Befragungen in der Zielgruppe, ähnlich wie schon beim e-Crafter: 100 Kilometer Reichweite genügen den meisten gewerblichen Anwendern. 138 Kilometer geben die ABT-Ingenieure jetzt offiziell an. Dass es vor allem im Stadtverkehr eher mehr sein kann, ist den ABT-Mannen bewusst. Und auch dass es möglicherweise Bedarfe nach mehr Reichweite geben könnte, gerade auch aus dem Bereich der Pkw-Shuttle-Dienste. Daher sind Varianten mit 55 und 82 kWh in der Prüfung, die man dann aber aus dem Modularen Elektrobaukasten des Konzerns, sprich vom ID.3 ableiten will. Beschlossen ist hier noch nichts.

Hoher Komfort, etwas weniger Agilität

Ansonsten fährt sich der erste Elektro-Bulli sehr komfortabel. Die schweren Akkus im Unterboden machen sich am etwas weniger flinken Einlenkverhalten über die leichtgängige elektromechanische Steuerung bemerkbar, der e-Transporter fühlt sich auch etwas behäbiger an, allerdings stets den zugedachten Zwecken angemessen. Man "schaukelt" sehr kommod und ruhig über die Hügel und rund um den Kirchturm, bei niedrigerem Tempo begleitet von leisem Elektro-Sirren, das auch die Passanten aufmerksam machen soll. Top ist und bleibt dabei der Wendekreis, der einen auch mit der Langversion schnell retournieren lässt. Der 83-kW-Motor macht zwar längst nicht so viel Dampf und Spaß wie der 100-kW-Motor mit 290 Nm im e-Crafter, versieht aber seinen Dienst brav und ausreichend zügig.

Etwas irritierend ist, dass der in konsequenter Nutzung vorhandener Komponenten an das Serien-DSG-Getriebe angedockte Antrieb beim Wippeln an Steigungen etwas "nackelt" und bei Leistungsanforderung im mittleren Tempo erst nach kurzem Rucken und Runterstufen kräftiger anzieht. Das wirkt mit den drei genutzten DSG-Gängen nicht nur beim "eingängigen" e-Crafter flüssiger, sondern auch beim eVito oder Kangoo respektive Master Z.E. 

Anachronistisch: Man dreht noch am Zündschlüssel

Dafür ist der ABT-E-Antrieb elektronisch komplett in das Fahrzeugsystem integriert, inklusive ESP und City-Notbremse und bis hin zum vollzählig informativen Bordcomputer oder bei den höheren Ausstattungen ins Infotainment. Den DSG-Hebel nutzt man, um die Fahrstufe einzulegen. Ein bisschen anachronistisch wirkt, dass man den e-Transporter wie den e-Crafter per Dreh am seiner eigentlichen Aufgabe beraubten "Zündschlüssel" aktivieren muss. Und dass die Reichweite anfangs kurz bei Null steht, jagt einem einen kurzen Schauer über den Rücken. Dann zählt das System hoch - und zwar weiter als man denkt.

Zwei Linien bei AL-KO für 10.000 Exemplare

Fürs Erste startet man das Kooperationsprojekt zwischen der vor zwei Jahren aus dem Mutterhaus ABT ausgegründeten ABT e-Line GmbH und dem VW-Konzern mit dem e-Caddy und dem e-Transporter. Die werden komplett in die Händlerstrukturen und auch den Konfigurator integriert vertrieben. Zwar ist das formal ein Zweirechnungsgeschäft, doch der Kunde hat mit dem Händler nur einen Ansprechpartner. Gefertigt werden die Fahrzeuge in der "weiteren" Nachbarschaft bei AL-KO sind zwei Linien für eine teilautomatisierte Produktion reserviert, die bis zu 10.000 Exemplare jährlich durchziehen könnten, wie Häberle versichert. Hier werden übrigens auch die Verbrenner-Triebstränge entfernt und in den Teilekreislauf eingespeist. 450 Bestellungen liegen für den e-Transporter schon vor, bis Ende 2021 hat man sich 5.000 Stück vorgenommen. Auch der e-Caddy Maxi von ABT kommt gut an und wurde von Februar bis Juni 1.200 mal geordert, was schon mal für gute Grundauslastung bei AL-KO sorgt. Die Preise starten für den Bulli Kastenwagen bei 44.990 Euro netto, das Leasing bei 399 Euro. Der Kombi rollt ab 49.623 Euro netto an. Und er rollt länger als man denkt.

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