EU-Verbrenner-Ausstieg: FDP blockiert und setzt auf E-Fuels

Völlig überraschend stellt sich die FDP quer zum vom EU-Parlament im Trilogverfahren gebilligten Verbrennerausstieg bis 2035, drängt auf einen klaren Vorschlag zur Verwendung von E-Fuels in Pkw der Bestandsflotte und bringt damit die Zustimmung der Bundesregierung zu den EU-Plänen ins Wanken. Autobahnen will die FDP "selbstverständlich" weiter bauen. Die Grünen sind sauer.

Stellt sich quer: Die FDP will dem vom EU-Parlament gebilligten Vorschlag der EU-Kommission zum Verbrennerausstieg bis 2035 so nicht zustimmen - und bringt damit den gesamten Beschluss EU-weit ins Wanken. | Foto: BMDV
Stellt sich quer: Die FDP will dem vom EU-Parlament gebilligten Vorschlag der EU-Kommission zum Verbrennerausstieg bis 2035 so nicht zustimmen - und bringt damit den gesamten Beschluss EU-weit ins Wanken. | Foto: BMDV
Daniela Sawary-Kohnen
(erschienen bei VISION mobility von Johannes Reichel)

Völlig überraschend hat sich die FDP und Bundesverkehrsminister Volker Wissing gegen die Einigung von EU-Parlament und EU-Kommission zum Verbrennerausstieg gewandt und droht damit die Zustimmung der Bundesregierung zu blockieren. Die EU-Länder müssen in Gänze noch dem Vorschlag zustimmen. Wissing drängt über den in dem Vorschlag vorgelegten "Erwägungsgrund" hinaus auf eine klare Regelung im Hinblick auf E-Fuels und wie diese über das Jahr 2035 hinaus in Fahrzeugen verwendet werden können, die "nachweislich nur mit E-Fuels betrieben werden können". Einmal mehr drängte Wissing auf sogenannte "Technologieoffenheit", die aus seiner Sicht notwendig sei, um die Klimaziele Deutschlands zu erfüllen. Er verstehe den "Kampf gegen die Synfuels" nicht, ohne die sei Klimaneutralität im Verkehr bis 2045 nicht zu schaffen, befand der Minister in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz.

Er sieht die synthetischen Kraftstoffe neben der Pkw-Bestandsflotte auch für den Einsatz in Lkw und schweren Nutzfahrzeugen als notwendig an, neben Schiffen und Flugzeugen. Auf die Frage, ob damit nicht die Verlässlichkeit der Bundesregierung als ganzes in Gefahr gerate, meinte Wissing, man sei in dieser Frage als FDP immer klar gewesen. Die EU und namentlich der in der Sache federführende EU-Klimaschutzkommissar Frans Timmermans habe eine Klärung der Frage aber verweigert und Gesprächsangebote ausgeschlagen, warf Wissing dem EU-Kollegen vor. Daher komme die Ablehnung jetzt auch nicht überraschend, findet der FDP-Mann.

„Vor dem Hintergrund der enormen Bestandsflotte an Pkw, die wir alleine in Deutschland haben, kann es für die FDP nur einen Kompromiss bei den Flottengrenzwerten geben, wenn auch der Einsatz von E-Fuels möglich wird“, bekräftigte Wissing zuvor bereits in der BILD-Zeitung. Sonst könne Deutschland bei den anstehenden Abstimmungen nicht zustimmen.

Mit 340 zu 279 Stimmen hatte das Europäische Parlament am 14. Februar mehrheitlich dem Trilog-Ergebnis zu den CO2-Flottengrenzerten für Pkw und Kleintransporter zugestimmt. Damit dürfen ab 2035 keine Pkw- und Lieferwagen-Verbrenner mehr in der EU zugelassen werden. Die Hersteller bleiben noch gut zehn Jahre für die Transformation hin zur Elektromobilität. Für den Weg dahin hat die EU einige Zwischenziele definiert. So gilt für 2030, dass die Flottengrenzwerte bei Pkw um 55 Prozent und bei Kleintransporter um 50 Prozent im Vergleich zu den Werten für 2021 sinken sollen.

Ein Erwägungsgrund ist der FDP nicht genug

Als Teil des Gesamtpakets musste das Parlament Mitte Februar den von der FDP erzwungenen, deutschen Erwägungsgrund ("recital") zu E-Kraftstoffen (synthetische Kraftstoffe) akzeptieren, der der FDP offenbar jetzt nicht mehr genügt. Man wolle keine "sophistische" Regelung akzeptieren, die ins Leere geht, merkte Wissing in der Pressekonferenz an. Er sehe einen "klaren Arbeitsauftrag an die EU-Kommission, die Nutzung von klimafreundlichen E-Fuels in Pkw zu ermöglichen". Das gelte sowohl für die Bestandsflotte als auch für Verbrennungsmotoren, die nach 2035 neu zugelassen werden, behauptete Wissing: „Bis heute kennen wir keine Vorschläge, sondern nur ablehnende Äußerungen von Kommissar Frans Timmermans.“

In dem Kompromiss wird Kommission aufgefordert, "einen Vorschlag für die Zulassung von Fahrzeugen nach 2035 zu unterbreiten, die ausschließlich mit CO-neutralen Kraftstoffen betrieben werden, die mit dem EU-Recht in Einklang stehen, nicht in den Anwendungsbereich der Flottenstandards fallen und mit dem Ziel der Klimaneutralität der Union übereinstimmen". Mehr als dieser Erwägungsgrund sei jedoch nicht zu E-Kraftstoffen hinzugefügt, ein Erwägungsgrund habe rechtlich fast keine Bedeutung, urteilte der Grünen-EU-Parlamentarier Michael Bloss zu dem Zeitpunkt.

Autobahnbau: Nicht ob, sondern wie schnell, ist für die FDP die Frage

Im Hinblick auf den schwelenden Streit über die Beschleunigung des Ausbaus von Autobahnen, merkte Wissing an, es gehe nicht um die Frage, ob man weiterhin Autobahnen bauen werde. Das sei selbstverständlich der Fall. Fraglich sei lediglich, so der Minister, wie schnell man sie bauen könne.

Grünen sind stinksauer: Synfuels sind Scheinlösung

Beim Koalitionspartner Grünen zeigte man sich erzürnt über die Pläne des Ministers, das Verbrenner-Aus 2035 in der doch noch zu kippen.

"Es ärgert mich extrem, dass der Verkehrsminister hier erneut als Bremser auftritt. Die von Wissing gelobten synthetischen Kraftstoffe sind eine Scheinlösung, weil sie ineffizient und nicht ausreichend verfügbar sind", sagte Gesenhues. "Autohersteller sind beim Verbrennerausstieg schon viel weiter als unser Verkehrsminister", kritisierte Jan-Niclas Gesenhues, umweltpolitischer Sprecher der Grünen, t-online.

Umweltpolitiker Gesenhues statt "immer neuer Blockaden" solle der Verkehrsminister "endlich beim Klimaschutz seine Hausaufgaben erledigen." Die durch das Klimaschutzgesetz vorgegebenen Sektorziele seien insbesondere im Verkehrsbereich noch in weiter Ferne. Das Verkehrsministerium habe sich an Gesetze zu halten.

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