Elektrolieferwagen: StreetScooter baut weiter - auch als Gigabox

Im Rahmen der Nachhaltigkeitsstrategie puscht Deutsche Post DHL seine grüne Flotte - unter anderem mit einer Gigabox-Version des StreetScooter Work sowie dem Fiat E-Ducato. Außerdem sollen Gebäude nachhaltig werden und alte Autoakkus als Pufferspeicher nutzen. 

 

Totgesagte rollen länger: Der Paketboom beschert auch dem StreetScooter ein längeres Leben, der jetzt sogar als Gigabox
Totgesagte rollen länger: Der Paketboom beschert auch dem StreetScooter ein längeres Leben, der jetzt sogar als Gigabox
Christine Harttmann
(erschienen bei VISION mobility von Redaktion (allg.))

Die Deutsche Post DHL (DPDHL) hat die Produktion ihres StreetScooters bis mindestens Ende 2022 verlängern, da die konzernintern Nachfrage nach den Elektro-Vans sehr hoch bleibe und auf dem Markt keine vergleichbare Alternative erhältlich sei. Außerdem kooperiert man mit Stellantis. Der Streetscooter wird weitergebaut bis Ende 2022: Denn laut Tobias Meyer, Vorstand Post & Paket Deutschland im Konzern Deutsche Post DHL Group gebe es aus Sicht der Post am Markt keine gleichwertigen Transporter von anderen Herstellern. Außerdem unterschrieb man eine Kooperation mit Stellantis, welche den E-Ducato als Programmereiterung nach oben vorsehen könnte. Hintergrund: Deutsche Post DHL hatte bereits Ende März 2021 im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsstrategie angekündigt, in der Zustellung verstärkt auf E-Fahrzeuge zu setzen. Deshalb solle die StreetScooter-Flotte von derzeit rund 15.000 auf über 20.000 Einheiten anwachsen, mittlerweile stehen bis zu 21.500 StreetScooter im Raum. Ein Teil der neuen Fahrzeuge soll allerdings auf die größere Variante entfallen, den StreetScooter „Gigabox“. Der soll 12 Kubikmeter Ladevolumen bieten und Platz für rund 240 Pakete bieten. Wann die ersten „Gigabox“-Modelle gebaut werden sollen, gab Meyer aber nicht an.

"Der Klimawandel ist die zentrale Herausforderung unserer Zeit", gab Meyer die Richtung vor.

Bis 2025 will man 37.000 E-Fahrzeuge betreiben

Die gesamte Post/DHL-Zustellflotte soll bis 2025 über 37.000 E-Fahrzeuge umfassen, „darunter auch E-Nutzfahrzeuge etablierter Autohersteller, soweit verfügbar“, so die Post. Wenn die StreetScooter-Fertigung nach heutigen Angaben Ende 2022 auslaufen soll, hofft der Konzern ab 2023 auf geeignete E-Zustellfahrzeuge anderer Hersteller. Denn am grundsätzlichen Beschluss, aus diesem Geschäft auszusteigen und sich auf die Kernkompetenzen eines Logistikers zu beschränken, ändere sich nichts. Über die StreetScooter hinaus sollen im Geschäftsbereich Post & Paket Deutschland bis 2025 weitere 5.000 E-Trikes beschafft werden. Derzeit sind dort rund 8.000 E-Bikes und 9.000 E-Trikes im Einsatz.
 

Außerdem soll der Ausbau der Packstationen soll die CO2-Emissionen senken: Im Vergleich zur Haustür-Zustellung soll eine Packstation-Sendung auf der letzten Meile im Durchschnitt 30 Prozent CO2 einsparen – mit nur einer Anfahrt können die Zusteller mehrere Dutzend Pakete abliefern. Darauf abgestimmt passt man auch die Ladeinfrastruktur an den weiteren Ausbau der E-Flotte an und sei mit aktuell mit 20.000 Ladepunkten in seinen Betriebsstätten der größte private Ladeinfrastruktur-Betreiber im Land. In ganz Deutschland gibt es derzeit 40.000 öffentliche und teilöffentliche Ladesäulen.

Gebäude sollen Second-Life-Batterien als Pufferspeicher nutzen

Bis zum Jahr 2025 will der Logistiker zudem bis zu 280 CO2-neutrale Zustellstützpunkte (ZSP) in ganz Deutschland errichten. Von diesen verteilen die nach Haustarif der vergüteten Zustellerinnen und Zusteller die Briefe und Pakete an die Haushalte in ihrem Bezirk. Sie sollen ausgestattet mit Photovoltaik-Anlagen, Wärmepumpen in Verbindung mit Fußbodenheizungen und Gebäudeautomation. An einzelnen Standorten ergänzen Batteriespeicher das Energiekonzept. In diesen wird der tagsüber geladene Solarstrom gespeichert und nachts für die Fahrzeugladung verwendet. Für die Speicherung kommen Batterien von ausgemusterten E-Fahrzeugen zum Einsatz, die auch nach Ende ihres Lebenszyklus in einem Elektrofahrzeug eine für stationäre Zwecke ausreichende Speicherkapazität aufweisen. Dadurch könnten sie viele Jahre als Pufferspeicher für Solarstrom genutzt werden.

"Jeder dieser ZSP spart - nur bezogen auf das Gebäude - rund 20 Tonnen CO2 pro Jahr gegenüber einem herkömmlichen Gebäude ein. Allein durch diese Maßnahme spart das Unternehmen 5.600 Tonnen CO2 in 2025 ein", erklärte der Logistiker.

Auch bei anstehenden Großbauten soll mehr Nachhaltigkeit eingebaut werden. Das in Planung befindliche Briefzentrum Germering bei München, das Ende 2023 den Betrieb aufnehmen und Platz für 1.300 Mitarbeiter bieten soll, wird über eine 1,5 Megawatt Photovoltaik-Anlage, einen Batteriespeicher sowie eine Dach- und Fassadenbegrünung verfügen. Die Beheizung und Kühlung soll zudem durch eine Grundwasserwärmepumpe erfolgen. Auch das Paketzentrum Ludwigsfelde bei Berlin, das 2022 eröffnet werden soll, wird über eine Photovoltaikanlage mit Strom versorgt werden. Darüber hinaus werde ein eigenes wärmegeführtes Blockheizkraftwerk den Strom und die Wärmeenergie erzeugen. Generell gilt für den Strom in den Betriebsstätten, dass der Anteil von Öko-Strom weiter bei mindestens 95 Prozent bleiben soll.

Außerdem will man den Anteil der auf der Schiene transportierten Sendungen derzeit gerade einmal 2 Prozent mittelfristig verdreifachen. Langfristig wäre es denkbar, rund 20 Prozent der Pakete per Bahn zu transportieren, glauben die Postplaner. Damit dies gelinge, seien viele Veränderungen erforderlich - von schnellen Güterwaggons bis zur Verfügbarkeit neuer Lokomotiven, besserer Trassen und schneller, kostengünstiger Verlademöglichkeiten vom LKW auf die Bahn und umgekehrt, appeliert der Konzern.  gs/jr

Was bedeutet das?

Auch die deutsche Post/DHL will CO2-neutral werden und dreht dazu an mehreren Schrauben. Schade nur, dass der an sich sinnvoll konzipierte Streetscooter zwar nochmal weiterproduziert wird, aber kein Update erhält (effizientere Motoren, dichtere Akkus) und nicht an Dritte verkauft wird. Als Hersteller ist die Deutsche Post DHL zu weit weg von der Autoindustrie. Wobei das auch ein Vorteil ist: Man betrachtet die Fahrzeugfrage ziemlich leidenschaftslos nach Nutzenkalkül im Hinblick auf die CO2-Reduktion. Und denkt ganzheitlich, sprich die komplette Logstikkette, die Stromerzeugung und die Immobilien mit. So könnte der Konzern eine Blaupause für den Weg eines Großunternehmens zur Klimaneutralität abgeben.

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