Elektrifizierte Trailer: Auf der Suche nach emissionsfreiem Transport
Auf der IAA Transportation 2024 waren sich Kässbohrers Vorstandsmitglied İffet Türken, Vertreter der Automobiltechnologieunternehmen ZF und BPW, des Transportunternehmens Ewals Cargo Care sowie von TAPA, der Vereinigung für Lieferkettensicherheit, einig: Die Europäische Kommission und die nationalen Fahrzeug- und Straßenbehörden fehlten im K-Expert Talk von Kässbohrer mit dem Titel „Zukunftsaussichten: Elektrifizierung und Intermodal“ – als wichtigste Stakeholder, um den Einsatz elektrifizierter Fahrzeuge hochzuskalieren.
Das übergeordnete Ziel von Elektrifizierung lautet „null Emissionen“: Null-Emissionen von CO2-Äquivalenten, wie Moderator Ben Kraaijenhagen, technischer Koordinator des ZEFES-Projekts an der Vrije Universiteit Brüssel, genau darlegte und damit in die Diskussion am IAA-Stand von Kässbohrer einführte. ZEFES ist die Abkürzung für „Zero Emissions Flexible Vehicle Platforms with Modular Powertrains Serveing the Long-Haul Freight Eco System“ (emissionsfreie, flexible Fahrzeugplattformen mit modularen Antriebssträngen für das Langstrecken-Fracht-Ökosystem). Das von der EU finanzierte Projekt startete offiziell im Jahr 2023, hat eine Laufzeit von dreieinhalb Jahren und soll zu den im Green Deal und der 2ZERO-Partnerschaft festgelegten Zielen beitragen, in denen sich Europa verpflichtet hat, seine Emissionen bis 2030 um 55 Prozent zu reduzieren und bis 2050 der erste CO2-neutrale Kontinent zu sein.
Nachhaltiger Transport
Auf den neuen E-Reefer von Kässbohrer und den elektrifizierten Curtainsider am Kässbohrer-Stand weisend, dessen TrailTrax-System von ZF Rekuperation und Traktion ermöglicht, betonte Türken von Kässbohrer zu Beginn des K-Expert-Talks auf der IAA das Engagement des Unternehmens für Nachhaltigkeitsziele und wies auf die ökologische Nachhaltigkeit in der Produktion im MegaCampus-Werk von Kässbohrer in Adapazarı hin:
„Inzwischen stammen 92 Prozent des Stroms für die Produktion aus unserem eigenen Solarkraftwerk auf dem Dach.“
Türken weiter: „Nachhaltiger Transport kann nur durch eine Zusammenarbeit zwischen Interessenvertretern aller Beteiligten im Transport- und Logistikbereich erreicht werden. Es Bedarf unseres Ökosystems aus Stakeholdern, nicht nur für Innovationen, sondern auch für die Umsetzung der Lösungen. Elektrifizierung und Intermodaltransport sowie längere Fahrzeuge mit höherer Kapazität tragen alle zu einer erfolgreichen Transition bei, wenn wir gemeinsam diskutieren und entwickeln.“
Dr. Bernd Meurer von ZF erläuterte die Technologie und Vorteile der TrailTrax-Technologie von ZF. Das Konzept integriert die von ZF entwickelte 210-kW-E-Achse AxTrax 2, das Trailer-EBS und die Batteriesystembox in einen Anhänger, sodass der Anhänger Traktion auf die Straße bringen und beim Bremsen dank Rekuperation Energie zurückgewinnen kann – und zusätzlich per Plug-in geladen werden kann. Hindernis ist jedoch noch die Gesetzgebung, da Traktion im Anhänger bisher nicht zugelassen ist, da traditionell die Technologie für sichere Traktion fehlte. Aber heute ist Traktion mit moderner Technologie nicht nur möglich, sondern bringt Vorteile sowohl beim Einsatz von Lkw mit Verbrennungsmotor als auch als Reichweitenverlängerung beim Einsatz von emissionsfreien E-Lkw. Um die Lösung zu skalieren und umsetzbar zu machen, sind Gesetzesänderungen erforderlich.
Daniel Twilling-Birkholz von BPW betonte auch, dass die Technologie für elektrifizierte Antriebsachsen in Anhängern bereits weit fortgeschritten sei, dass man aber sehen müsse, „wie der Business Case weitergehen kann“, sobald die gesetzliche Regulierung der Technologie greift. Er sieht die Branche einen Schritt voraus, wenn es um Rekuperationsachsen für die elektrifizierte Anhängerkühlung geht: Die ePower-Technologie von BPW ist im neuen E-Reefer von Kässbohrer implementiert, der bereits als K.SRI E mit den bewährten Eigenschaften der Kässbohrer-Reefer – anerkannte Robustheit und erstklassige Isolierung – erhältlich ist. E-Power ist ein integraler Bestandteil des AxlePower-Systems von Thermo King und BPW, bei dem die BPW-Rekuperationsachse während der Fahrt konstant Strom und Batterieladung liefert, während die Kühltechnologie von Thermo King die Energie optimal nutzt und bis zu 4000 Liter zusätzliche Kraftstoffeinsparungen pro Jahr und bis zu 10 Tonnen weniger CO₂-Emissionen ermöglicht.
So wichtig ist intermodaler Transport
Peter Bouten vom auf Intermodalverkehr spezialisierten Logistikunternehmen Ewals Cargo Care betonte die Bedeutung des intermodalen Transports, also des Transports von Lkw und Anhängern auf Zügen und Fähren, für das Erreichen der Null-Emissionsziele. E-Trailer müssen mit dem Intermodalverkehr kompatibel sein. Um die Ziele der Nachhaltigkeit im Transportsektor zu erreichen, ist es wichtig, die Vorteile des intermodalen Transports anzuerkennen und zu fördern. Durch eine Ausnahme für den kombinierten Transport in der VECTO-Verordnung könnte der Einsatz innovativer Technologien wie E-Trailer gefördert werden und gleichzeitig die CO₂-Emissionen im Transportsektor sinken, so Bouten. Ewals ist auch Partner von Kässbohrer bei der Erprobung längerer Fahrzeuge mit höherer Kapazität in den Niederlanden und trägt so zur Entwicklung des 32 m langen Super Eco Combi (SEC) durch Kässbohrer bei, und zur allgemeinen Akzeptanz von SECs als sichere, nachhaltige und effiziente Fahrzeuge, was dem Sektor hilft, seine CO2-Emissionsziele zu erreichen.
Marc Valette von CFL Multimodal, der Intermodal-Einheit der luxemburgischen Eisenbahngesellschaft, brachte die Perspektive einer auf Intermodal spezialisierten Eisenbahntochtergesellschaft ein. Valette skizzierte einen großen Synergievorteil: Es gibt bereits Intermodalrouten in ganz Europa, auf denen eine Reduzierung der CO2-Emissionen um 40 Prozent erreicht wird. Die Elektrifizierung sollte die Vorteile bereits bestehender Routen nutzen und in Kombination funktionieren. Darüber hinaus könnte es in Zukunft möglich sein, den Anhänger auf dem Eisenbahnwaggon aufzuladen, vorbehaltlich Tests und Genehmigungen. Das würde bedeuten, dass keine Zeit für das Aufladen verloren geht und sowohl auf der Schiene als auch auf der Straße CO₂-frei gefahren wird. Die Ladekapazität auf dem Waggon wäre erheblich größer, da die Fahrten längere Ladezeiten mit sich bringen.
Elektrifizierung als Chance sehen
Dass Elektrifizierung eher eine Chance für mehr Sicherheit darstellt, war die Erkenntnis aus dem, was Markus Prinz von TAPA (Transported Asset Protection Association) an Anliegen vortrug: Die Registrierung von Geokoordinaten und Geofencing seien Funktionen, die sich mit fortschrittlicher Elektrifizierungstechnologie im Anhänger leichter integrieren ließen. Aber Ladezeiten und häufigere Stopps würden auch hohe Standards für sicheres Parken und deren konsequente Anwendung erfordern. Hier sollten auch Regelwerke wie TAPA PSR (Parking Security Requirements) und EC SSTPA (Safe & Secure Truck Parking Areas) von Gesetzgebern wie der EU in Zusammenarbeit mit Anbietern von Ladeinfrastruktur und Ladetechnologie stärker gefordert und deutlich unterstützt werden.
Das zentrale Anliegen, zusammengefasst von Ben Kraaijenhagen, dem technischen Koordinator des ZEFES-Projekts an der Vrije Universiteit Brüssel, der die lebhafte Diskussion moderierte: Wie lässt sich eine Reduzierung der CO2-Emissionen um 45 Prozent bis 2030 erreichen, während der Straßenverkehr noch wächst, und wie lassen sich Maßnahmen hochskalieren? Nicht nur Kraaijenhagen, sondern auch Stimmen aus dem Publikum betonten dafür die Bedeutung des Intermodaltransports: Die Schiene wird im kontinentalen Fernverkehr mit Sattelaufliegern immer präsenter. Zug plus emissionsfreie LKW mit emissionsfreien Anhängern für die Endverteilung sind ein Weg für eine effiziente grüne und nachhaltige Lieferkette.
Kraaijenhagen fügte hinzu: „Wir sehen positive Auswirkungen auf die Nutzung intermodaler Ladeeinheiten und Anhänger mit Umweltvorteilen, die über den CO₂-Fußabdruck und die wirtschaftlichen Vorteile hinausgehen.“
"Laut dem ZEFES-Experten wird es die Hochskalierung des Einsatzes emissionsfreier Trailer unterstützen, wenn die Herausforderungen auf Seiten der Gesetzgebung in der EU gemeistert sind, und damit auch die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle begünstigen. ZEFES setzt seine Arbeit daran fort, die Entwicklung einsatzfähiger emissionsfreier Fahrzeuge zu fördern, auch in Form von intermodalem Transport, und befasst sich dabei zusammen mit Projektpartnern auch mit dem Thema Transportsicherheit. Das Projekt wird 2026 abgeschlossen sein."
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