Die Sofort-Lösung heißt Bio-Methan

Wie lassen sich Güterfernverkehr und Klimaschutz zusammenbringen. Auf der Logistik Digital Conference auf der Messe Frankfurt diskutieren darüber Fachleute aus Politik und Unternehmen.

„Alleine durch eine Verlagerung auf andere Verkehrsträger können wir das Problem nicht zu lösen“, sagt Dr. Norbert Salomon (BMVI), hier links neben Mario Männlein (Iveco).
„Alleine durch eine Verlagerung auf andere Verkehrsträger können wir das Problem nicht zu lösen“, sagt Dr. Norbert Salomon (BMVI), hier links neben Mario Männlein (Iveco).
Christine Harttmann

Noch zehn bis 15 Jahre wird es dauern, bis sich auch beim Fernverkehrs-Lkw Elektromobilität, Brennstoffzelle oder andere Alternativen zum Verbrenner durchsetzen. So lautete die Prognose der vier Referenten die auf der Logistik Digital Conference LDC! über „Güterverkehr der Zukunft: Klimaziele und Kostendruck als Herausforderung für die Branche“ diskutierten. Die Zeitung Transport hatte gemeinsam mit Logistik Heute die Runde moderiert, bei der sich zumindest in einer Sache alle einig waren: Wir brauchen noch einige Geduld, bis auch bei den Motoren die Wende kommt.

Bei ihrem Austausch standen die Referenten unter dem Eindruck der CO2-Grenzwerte, die das Europäische Parlament gerade erst beschlossen hat und über die insbesondere die Hersteller nicht glücklich sind. Hinzu kommen immer mehr Urteile, in denen Gerichte Fahrverbote für Innenstädte verordnen. Aktuell ist die erste Entscheidung für ein Fahrverbot auf einer Autobahn, der A40 in Essen gefallen. Transportunternehmen und Nutzfahrzeughersteller fordert das alles gleichermaßen. Im Raum stand also die Frage: Wie können wir auf kürzere und auch auf längere Sicht Güterverkehr und Klimaschutz zusammenbringen?

Angesichts der immer drängender scheinenden Situation insisitierte Mario Männlein: „Wir brauchen sofort erprobte Lösungen.“ Der Manager ist beim Nutzfahrzeughersteller Iveco für LNG-Antriebe zuständig und machte sich selbstredend für den Antrieb mit Bio-Methan als Brückentechnologie stark. Seine schlagkräftigen Argumente: Deutlich weniger Feinstaub, Stickoxide, CO2 und andere Abgase. Dabei geriet er allerdings ein wenig in einen Dissens mit Prof. Dr. Dirk Engelhardt, dem Hauptgeschäftsführer des Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). Der rechnete die well-to-wheel-Bilanz der Gasfahrzeuge vor und kam auf eine ernüchternde Bilanz. Kommt das LNG aus Trinidad&Tobago, ist es noch ein kleines bisschen besser als der Diesel. Wird es hingegen durch Fracking in den USA gewonnen, dann liegt der CO2-Ausstoß unterm Strich über eines vergleichbaren Diesel-Fahrzeugs. Er wolle den LNG-Lkw nicht schlecht reden, betonte Engelhardt. Aber man müsse schon auch die Probleme benennen.

Männlein hingegen verwies darauf, dass Iveco mit seinen LNG-Fahrzeugen die Strategie verfolge, Erdgas durch Bio-Methan zu ersetzten. Als Möglichkeiten zur Gewinnung führte er die Power-to-Gas Technologie sowie das aus biologischen Abfällen gewonnene Methan an. Als Beleg dafür, dass das funktioniert, führte er mehrere große Logistik-Dienstleister an, die auf den Gas-Lkw setzten. Er nennt UPS als eines der Unternehmen, die in Deutschland nur noch mit LNG. Andere Beispiele hat er von Kunden, die ihre Trucks ausschließlich mit Bio-Methan betanken. Damit ist die Klimabilanz ihrer Lkw deutlich besser, als die der Diesel-Pendants. Schützenhilfe erhielt Männlein von Matthias Strehl, Geschäftsführer bei Meyer Logistik. Er hat in seinem Fuhrpark schon so einige alternative Antriebe ausgetestet. Von Ivecos LNG-Stalis zeigte er sich überzeugt. Innerhalb von zwei Jahren habe sich das Fahrzeug amortisiert. 20 LNG-Lkw hat Meyer im Einsatz. Und wenn einer der Lkw tankt, weiß das Unternehmen genau, wo das LNG herkommt. Es hat seine eigene Tankstelle auf dem Hof.

Begeistert ist Strehl von der Zuverlässigkeit seiner LNG-Fahrzeuge: „Die laufen wie ein Uhrwerk.“ Dabei verbrauchen sie weniger als seine Diesel-Lkw und stoßen 23 Prozent weniger CO2 aus als die Diesel-Pendants. Amortisiert habe sich die Gas-Lkw innerhalb von zwei Jahren – auch dank der Fördergelder von Bundesministerien.

LNG und CNG als Brückentechnologie, das begrüßt auch Dr. Norbert Salomon, Abteilungsleiter Grundsatzangelegenheiten Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur. Er betonte, dass der Verkehrssektor seinen CO2-Ausstoß bis 2030 um 42 Prozent gegenüber 1990 senken muss, seit 2010 aber steigen die Emissionen Jahr für Jahr, satt zu sinken. Hinzu kommt, dass der Güterverkehr bis 2030 um bis zu 65 Prozent wachsen. Also muss etwas passieren. „Alleine durch eine Verlagerung auf andere Verkehrsträger können wir das Problem nicht zu lösen“, erklärte Salomon. Die Straße werde schon weiter die Hauptlast tragen müssen – auch wenn die Politik grade für den Ausbau des Schienennetzes einiges tue. So investiert der Bund 350 Millionen Euro in die Senkung der Trassenpreise für den Schienengüterverkehr. Strecken und Knotenpunkte werden ausgebaut, Überholgleise kommen und ein 740-Meter-Netz soll entstehen.

Es gibt also keine Alternative: Der CO2-Ausstoß der Fahrzeuge muss sinken. Am erfolgversprechendsten seien da strombasierte Flüssigkraftstoffen, LNG aus erneuerbaren Energien und Wasserstoff. Den höchsten technischen Reifegrad habe im Augenblick fossiles LNG. Insgesamt erwarte das Bundesverkehrsministerium für strombasierte und fossile Kraftstoffe die deutlichsten Fortschritte bis 2030. Die Verwertung von Abfall und Reststoffen könnte dabei eine Rolle spielen.

Für die Zeit über 2030 hinaus, setzt sich die Politik mit so einigen weitergehenden Projekten auseinander. Der eHighway ist nur eines davon. Er startet Anfang 2019 in eine erste Testphase. Bleibt abzuwarten, wie die verläuft. Eine andere Alternative ist die Brennstoffzelle, die Prof. Dr. Engelhardt präferiert. Auch die anderen drei Referenten halten diese Technik für durchaus erfolgversprechend. Allerdings, so Männlein, sei sie bisher „wirtschaftlich noch nicht darstellbar“.

Bleibt also doch ersteinmal „nur“ als Brückentechnologie das LNG. Warum die sich bei so viel Lob aus der Runde noch nicht auf breiter Front durchgesetzt hat? Vielleicht ein Thema für die nächste Runde.

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