Die Güterbahnen: Lkw-Maut benötigt eine Runderneuerung

Der Dachverband der Schienenverkehrsunternehmen fordert mehr Gewicht auf der Verkehrswende. Eine Infras-Studie soll zeigen, welche Beitrag die anstehende Maut-Novelle dazu leisten könnte - vorausgesetzt sie ist verkehrswendefreundlich.  

(Symbolbild: Toll Collect)
(Symbolbild: Toll Collect)
Christine Harttmann

Der Entwurf des Bundesverkehrsministers für eine Maut-Novelle für Lkw mit mehr als 7,5 Tonnen Gesamtgewicht hängt derzeit im Bundestag fest (siehe hierzu Zeitung Transport, Ausgabe 20/2022). Ab dem 1. Januar 2023 will die Bundesregierung damit die Mautkosten basierend auf dem aktuellen Wegekostengutachten anpassen. Zudem sollen einer entsprechenden EU-Richtlinie folgend die tatsächlichen externen Kosten den Nutzern der mautpflichtigen Strecken angelastet werden. Innerhalb der kommenden zwei Jahre soll außerdem eine CO2-Differenzierung bei der Lkw-Maut vorgenommen, der gewerbliche Güterkraftverkehr ab 3,5 Tonnen einbezogen und ein CO2-Zuschlag eingeführt werden.

Bei einer Anhörung vor dem Verkehrsausschuss des Bundestages Mitte Oktober fiel jedoch die zum 1. Januar 2023 geplante Erhöhung der Lkw-Mautsätze bei der Güterverkehrsbranche durch. Unzumutbare Belastungen war dabei einer der Kritikpunkte. Ein anderer, den Allianz pro Schiene vorbrachte, bezog sich darauf, dass die Mauteinnahmen „in vollem Umfang zweckgebunden für die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur für die Bundesfernstraßen zu verwenden“ sind. Die Schienenlogistiker würden sich hier eine Öffnung für Güterbahn und Binnenschiff wünschen.

Nun legen die unter dem Dach der Güterbahnen zusammengeschlossenen Schienenverkehrsunternehmen nach. Da kaum etwas in den Gesetzentwurf aufgenommen worden sei, was die Koalitionäre im vergangenen Dezember in den Koalitionsvertrag geschrieben haben, verwundere die fast einhellige Ablehnung der Gesetzesnovelle nicht, heißt es in einer Pressemeldung des Lobbyverbandes. In einem Gutachten ließ er außderdem alle Maut-Optionen aufzeigen , die die Ampel europarechtskonform verfolgen kann.
 

Das deutsche Lkw-Maut-Konzept sei überholt und paradox, so das Fazit. Zusätzliche Einnahmen würden durch den „Finanzierungskreislauf Straße“ das Lkw-Gewerbe fördern, indem das Geld wiederum für noch mehr Straßenbau verwendet wird. Der Verband kritisiert schon länger eine aus seiner Sicht einseitige Bevorzugung des Straßengüterverkehrs. Unter anderem würden in der aktuellen Situation Hilfen nur an Lkw gehen, obwohl auch der Bahnstrompreis steige und steige, so ein Argument.

Auch jetzt resümiert Peter Westenberger, Sprecher der Güterbahnen:

„Wenn mehr Lkw mehr Einnahmen und darum bessere Straßen bedeuten, geht die Rechnung für die Verkehrswende im Güterverkehr nicht auf.“

Der Verband verweist auf die von ihm in Auftrag gegebene Konzeption des Schweizer Beratungsunternehmens Infras für eine verkehrswendefreundliche Lkw-Maut. Diese beziehe sich dagegen auf die im Februar angepasste EU-rechtliche Grundlage. Die aus der Anlastung von Umweltschäden und einer Staugebühr erzielten Einnahmen können zum Ausbau umweltfreundlicher Alternativen eingesetzt werden, lautet der Vorschlag.

Neben der Einbeziehung der Klimakosten wäre es auch Zeit für eine Erhebung der Maut auf dem gesamten Straßennetz, finden die Güterbahnen. In der Schweiz sei das längst Realität und die grün-schwarze Koalition in Baden-Württemberg strebe dies auch hierzulande an.

Bisher, so ein weiteres Argument, sind in Deutschland nur sechs Prozent des Straßennetzes mautpflichtig – auf der Schiene ist dagegen jegliche Nutzung von Trassen entgeltlich. Hinzu kommt die Notwendigkeit, von allen Lkw – unabhängig von der Antriebsart – eine Maut zu erheben, schließlich nutzen E-Lkw die Straßen ebenso ab. Mit der Maut muss neben der Erhaltung des Straßennetzes künftig die Attraktivität des besonders klimafreundlichen Schienenverkehrs verbessert werden.

„Durch eifriges Beten wird die Verkehrswende nicht stattfinden, es braucht finanzielle Anreize. Wenn die Koalition ihre eigenen Ziele ernst nimmt, müssen soweit zulässig die Einnahmen in den Ausbau der Schieneninfrastruktur gehen. Die Gesellschaft ist längst weiter: Die Bürger:innen wollen die Lkw-Kolonnen von den Autobahnen auf die Schiene verlagert wissen“, so Westenberger.

Befürchtungen, wonach eine verlagerungsfreundliche Maut reihenweise Betriebe schließen und die Verbraucherpreise spürbar ansteigen lassen würde, hält Westenberger für unseriöse Stimmungsmache. Die Transportkosten machen einen niedrigen einstelligen Prozentsatz der Kosten von Konsumgütern aus. Und innerhalb der Transportkosten machen die Mautkosten wiederum nur wenige Prozent aus. Im Endeffekt, so hat Infras ausgerechnet, stecken in einer Flasche Münchner Bier im Hamburger Getränkemarkt nur 0,6 Cent Maut.

„Die Ampel muss sich jetzt entscheiden, ob sie sich der Verkehrswende im Güterverkehr gezielt widmet oder wichtige Zeit bei der Aufholjagd der Verkehrs-Klimaziele verstreichen lässt“, resümiert Westenberger.

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