dena-Studie: Wie der Luftverkehr klimaneutral werden kann

Die Flugbranche steht unter Druck. Sie muss bis 2050 fossilfrei werden. Funktionieren könnte es mit synthetischem Kerosin, das aus grünem Wasserstoff und nachhaltigem CO2 hergestellt wird.

Quo vadis Luftfahrt? E-Kerosin könnte eine – allerdings energieaufwändige – Alternative zu klimaschädlichem fossilem Kerosin sein. (Foto: Pixabay/Rauschenberger)
Quo vadis Luftfahrt? E-Kerosin könnte eine – allerdings energieaufwändige – Alternative zu klimaschädlichem fossilem Kerosin sein. (Foto: Pixabay/Rauschenberger)
Claus Bünnagel

99,9 % des Treibstoffs in der kommerziellen Luftfahrt ist fossiles Kerosin. Weil Batterien derzeit noch zu schwer und Brennstoffzellen nicht leistungsfähig genug sind, setzt die Luftfahrt zunehmend auf klimaneutrale Kraftstoffe wie Biokerosin und E-Kerosin. Eine Studie der dena, die gemeinsam mit der LUT University (LUT) und der Ludwig-Bölkow-Systemtechnik GmbH (LBST) entwickelt wurde, zeigt nun erstmalig auf, wie viel E-Kerosin in Europa, den USA und weltweit benötigt wird, damit der Luftfahrtsektor im Jahr 2050 vollständig unabhängig von fossilen Brennstoffen ist. Anhand einer quantitativen Szenarioanalyse wurde der Einsatz von fossilfreien Alternativen mit E-Kerosin, beim dem das benötigte CO 2 aus der Luft gewonnen wird (Direct Air Capture – DAC). Dazu wurden u.a. die Produktionskosten und die für die Produktion benötigte Fläche betrachtet sowie politische Handlungsempfehlungen abgeleitet.

Erhebliche Mengen an CO2 benötigt

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass aufgrund der begrenzten Verfügbarkeit von Biokerosin und anderen technologischen Alternativen im Jahr 2050 fast 60 % des Kraftstoffbedarfs durch E-Kerosin gedeckt werden müssen. Die größte Herausforderung ist, dass für die Herstellung erhebliche Mengen an CO2benötigt werden: Über 90 % des CO2-Bedarfs für die E-Kerosin-Produktion im Jahr 2050 muss mittels DAC hergestellt werden. In Summe wären das 161 bis 281 Mio. t CO2 pro Jahr in Europa und 102 bis 176 Mio. t CO2 pro Jahr in den USA.

Solche Analysen sind wichtig, um die Energiewende konkret zu beziffern. Direct Air Capture muss eine wichtige Rolle in der fossilfreien Luftfahrt spielen. Aber die Herausforderung ist enorm. Sind Europa und die USA bereit, so viel erneuerbaren Strom für eine fossilfreie Luftfahrt bereitzustellen? Oder sollten wir andere, nichttechnologische Lösungen wie beispielsweise eine Deckelung der Nachfrage in Betracht ziehen? Wir müssen das richtige Gleichgewicht zwischen dem, was wirtschaftlich machbar und gesellschaftlich akzeptabel ist, finden. (Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der dena-Geschäftsführung)

2030: Mindestens 1,83 Mio. t E-Kerosin nötig

Matteo Micheli, Seniorexperte Wasserstoff und synthetische Kraftstoffe und Hauptautor der dena:

Die Industrie baut bereits einen bedeutenden E-Kerosin-Markt auf. In Europa sollen E-Kerosin-Projekte, für die bereits endgültige Investitionsentscheidungen vorliegen, im Jahr 2030 mindestens 1,83 Mio. t E-Kerosin produzieren. Eine wichtige Erkenntnis aus unserer Arbeit ist, dass wir neben E-Kerosin- auch DAC-Anlagen entwickeln müssen, um die E-Kerosin-Produktion mit nachhaltigem CO 2 zu versorgen. Und das schon heute. Ein sehr aktuelles positives Beispiel ist die erhöhte US-Steuergutschrift 45Q für die Nutzung von CO2aus DAC in Höhe von 130 US-Dollar pro Tonne CO2 über einen Zeitraum von zwölf Jahren.

2.000 TWh/Jahr für DAC-Kerosin-Produktion Europa

Um die benötigte Menge an DAC-Kerosin im Jahr 2050 heimisch zu produzieren, müssten die USA bis zu 1.250 TWh/Jahr an erneuerbarem Strom allein für die DAC-Kerosin-Produktion erzeugen, Europa sogar bis zu 2.000 TWh/Jahr. Zum Vergleich: Europa produzierte im Jahr 2021 etwa 1.700 TWh/Jahr an erneuerbarem Strom für alle Endanwendungen. Das bedeutet, dass es bis 2050 mehr als die gesamte heutige erneuerbare Stromerzeugung allein für die Produktion von E-Kerosin aufwenden müsste. Dasselbe gilt für die USA, die im Jahr 2021 rund 860 TWh Strom aus erneuerbaren Energien (ohne Kernenergie) erzeugten.

Dennoch hat DAC-Kerosin deutliche Vorteile: Es benötigt im Vergleich zu anderen Treibstoffalternativen keine Agrarfläche und kann in heutigen Flugzeugen verwendet werden, ohne dass die Flugzeuge verändert werden müssen. DAC-Kerosin ist eine technisch skalierbare Lösung, die ressourcenintensiv ist. Damit ist sie nicht die einzige, aber eine sehr zentrale Lösung für eine fossilfreie Luftfahrt.

Über die dena

Die Deutsche Energie-Agentur (dena) unterstützt die Bundesregierung beim Erreichen ihrer energie- und klimapolitischen Ziele. Seit ihrer Gründung im Jahr 2000 entwickelt die Agentur Lösungen, setzt diese in die Praxis um und bringt Partner aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und allen Teilen der Gesellschaft zusammen – national wie international. Die dena ist eine Projektgesellschaft und ein öffentliches Unternehmen im Bundeseigentum. Gesellschafter sind die Bundesrepublik Deutschland und die KfW Bankengruppe.

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