CONFERENCE DAYS 2024: VECTO für Trailer „existenzgefährdend“, sagt Krone
„Vehicle Energy Consumption Calculation Tool (VECTO) ab Juli 2024 erforderlich: Was Sie jetzt als Logistik- und Transportunternehmer wissen sollten“
Was ist „Vecto“? Diese Fragen beantworteten die beiden Speaker Dr. Fank Albers, Head of Marketing bei Krone und Heinz Fust, Chef der Homologation ganz zu Beginn ihrer Session:
Und zwar so:
„Unter VECTO ist das Vehicle Energy Consumption Calculation Tool, also das Programm zur Erfassung von Kraftstoffverbrauch und Emission einzelner Transportfahrzeuge, zu verstehen. Spätestens ab dem 01.07.2024 werden diese fahrzeugspezifischen VECTO-Berechnungen für die Zulassung von Trailern und Anhängern in der EU erforderlich.“
In dieser Session sprachen die Experten von KRONE Trailer über VECTO und die damit einhergehenden Auswirkungen auf die gesamte Logistik- und Transportbranche und stellen mögliche Lösungsansätze dar.
Hintergrund der Einführung von VECTO-Einstufungen ist die Verpflichtung, bis 2030 von der EU verordnete CO2-Einsparungen zu realisieren. VECTO als dazugehöriges Werkzeug ermöglicht es den Einfluss jeder Komponente – in diesem Fall eines Trailers – auf den Verbrauch (= CO2-Ausstoß) in Prozentzahlen auszudrücken. Eine Seitenverkleidung schafft dann per Definition vielleicht drei Prozent Einsparung, zehn Millimeter Höhe sparen 1,8 Prozent und so weiter. Damit lässt sich schließlich ganz einfach berechnen, welche Maßnahme oder Ausstattung am Trailer, welchen Einspareffekt bringt.
Die Flottengrenzwerte bis 2030 wurden noch einmal verschärft, von 30 Prozent Einsparung ab 2030 auf 43 Prozent für den kompletten Sattelzug. Für den Trailer alleine werden ab 2030 zehn Prozent Verbrauchsreduktion gefordert.
Betroffen sind die wichtigsten Trailer-Arten wie Koffer, Kühlkoffer und Curtainsider. Andere Spielarten von Aufliegern fallen vorerst nicht unter die VECTO-Vorgaben.
Heinz Fust übernahm es, die Potenziale aufzuzeigen. Wo lassen sich wieviel Prozent Einsparung erzielen?
- Gewicht: In Sachen Gewicht ist der Spielraum gering. Zusätzliche Ausrüstung für Aerodynamik-Anbauteile erhöhten das Gewicht eher noch, mit Leichtbaustählen ließen sich eventuell noch hier und da ein paar Kilo einsparen. Eine Gewichtseinsparung von 450 Kilo komme laut VECTO auf ein Einsparungspotenzial von nur 1,0 Prozent – also ziemlich wenig für den Aufwand.
- Absenkung der Trailerhöhe: Würde man den Trailer zehn Zentimeter niedriger bauen (also nur 3,9 m maximale Höhe statt 4,0 m), summiert sich der Einspareffekt auf 1,7 Prozent.
- Seitenverkleidungen: weitere 1,4 Prozent würden Längsverkleidungen am Chassis erzielen, In Summe wären wir jetzt bei 3,1 Prozent Einsparung.
- Endkantenklappen würden abermals gut ein Prozent Einsparung ermöglichen, Summe jetzt bei 4,9 Prozent.
- Reifen mit niedrigem Rollwiderstand könnten weitere 1,5 Prozent beitragen, ein relativ effizientes Mittel. Summe jetzt bei 6,4 Prozent.
- Lift- und lenkbare Nachlaufachsen bewertet VECTO mit gut 0,6 Prozent Einspareffekt, die Summe all dieser Maßnahmen läge bei 7,03 Prozent.
Mithin also deutlich weniger als die geforderten zehn Prozent, was eine Abweichung von drei Prozent oder 1,6 g/tkm vom Zielwert bedeuten würde.
Auf Grund dieser Rechnung folgert Heinz Fust, dass empfindliche Strafzahlungen auf die Trailer-Hersteller zukommen könnten. Nämlich 4.250 Euro pro g/tkm. Mal 1,6 mal die Anzahl produzierter Fahrzeuge, im Falle von Krone wären das 35.000 Einheiten. In Summe käme man dann auf eine Strafzahlung als Hersteller von 238 Millionen Euro im Jahr. „Hochgradig Existenzbedrohend“ sei das. Gleichzeitig fügt Fust hinzu, dass dies freilich nur in einem vereinfachten Ansatz berechnet sei.
Gleichwohl gebe es aber Potenziale, so Heinz Fust, die es zu heben gilt: Gewicht? Problematisch. Da gebe es nur ganz kleine Spielräume, zumal wegen dem Anbau aerodynamischer Hilfsmittel ja wieder Gewicht dazu komme, das kompensiert werden müsste. Reduktionen beim Gewicht erfordern aufwändige Neukonstruktionen und/oder teurere Stähle, was mit erheblichen Mehrkosten einherginge.
Bei den aerodynamischen Maßnahmen sieht Fust ein sehr hohes Potenzial von vier Prozent im Einzelfall, schränkt aber gleich wieder ein: „all diese Aerodynamik-Komponenten müssen zertifiziert und aufwändig berechnet werden. All das kostet natürlich sehr viel Geld…“. Auch für bahnverladbare Trailer seien die Möglichkeiten hier schon wieder eingeschränkt, viele Detailmaßnahmen wie zum Beispiel Seitenverkleidungen und Endkantenklappen seien hier nicht möglich. Auch die Kunden sehen Anbauteile stets sehr kritisch und mit hohen Kosten durch Unfall und Reparaturen verbunden.
Heinz Fust: „Momentan kauft niemand feilwillig einen Trailer mit Seitenverkleidung oder Endkantenklappen.“
Die Reifen hätten momentan den größten Einfluss, so Heinz Fust weiter. Hier gehe man von einem Einsparpotenzial von 5,2 Prozent aus, wobei jetzt schon bessere Reifen als der VECTO-Referenz-Reifen eingesetzt und gekauft würden, womit sich das Potenzial realistischer Weise um etwa 1,3 Prozent verringern würde.
Dimensionale Änderungen in Sachen Länge und vor allem Trailer-Höhe wären zwar zwingend notwendig, um das Zehn-Prozent-Ziel zu erreichen, bringe aber signifikante Einschränkungen des Kunden-Nutzens mit sich. Und: Fust sieht hier die Gefahr, dass weniger Ladevolumen im Umkehrschluss zu mehr Fahrzeugen auf der Straße führen könnte.
Großes Potenzial sehe man allerdings in der Elektrifizierung des Trailers: ob Dynamo-Achse, Rekuperationsachse oder als aktiv antreibendes Konzept oder nur als Energiequelle für die Kühlmaschine. In eigenen Test habe man hier Einsparpotenziale zwischen 30 und 50 Prozent realisiert. Aber: E-Achsen sind noch nicht Bestandteil der geltenden VECTO-Regeln, könnten also erst in einer Überarbeitung („VECTO 2.0“) eingepreist werden.
In ihrem Fazit geben Dr. Albers und Heinz Fust zu bedenken, dass durch Strafzahlungen und steigen Entwicklungs- und Investitionskosten erhebliche Mehrkosten auf die Kunden zukommen könnten. So könne sich ein Trailer 30 bis 50 Prozent verteuern und dann nicht mehr 25.000 Euro kosten sondern 40.000 Euro. Die erhöhte Maut zeige ja schon, wie schwer es sei, solche Mehrkosten im Markt an die Kunden weitergeben zu können. Zudem halte man bei Krone den geforderten zehn Prozent-Schritt für zu hoch. Das brauche alles viel mehr Zeit, Diskussionen mit der Politik und Anpassung. Auch die Verbände sehe man hier in der Pflicht, auf die Politik einzuwirken.
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