Cargo-Surfer: „Schlaue“ Pakete fahren mit Bus und Bahn
Freie Kapazitäten im öffentlichen Personennahverkehr auf dem Land für den Transport von Paketen bis hin zu frischen regionalen Produkten nutzen – das ist die Idee des Projekts „Cargosurfer“, in dem sich unter der Leitung der LaLoG LandLogistik GmbH, die Kühne Logistics University (KLU) und sechs weitere Projektpartner engagieren.
Mit von der Partie sind „Gutes aus Waldhessen e.V.“, „SPESSARTregional e.V.“, das Behinderten-Werk Main-Kinzig e. V., die cantus Verkehrsgesellschaft mbH, die Regionalverkehr Main-Kinzig GmbH und die Trapeze Group Deutschland GmbH. Gemeinsam will man eine IT-Lösung finden, mit der „intelligente“ Pakete in ländlichen Regionen ihren Zielort via Bus und Bahn erreichen können.
Vom BMDV gefördert
Im Rahmen der Innovationsinitiative „mFUND“ steuert das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) für das Projekt „Cargosurfer“ Fördergelder von insgesamt rund 2,7 Mio. Euro über eine Dauer von drei Jahren bei.
Bereits seit 2016 unterstützt das BMDV datenbasierte Forschungs- und Entwicklungsprojekte für die digitale und vernetzte Mobilität 4.0. Ergänz wird die Projektförderung durch eine aktive fachliche Vernetzung zwischen Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Forschung und durch die Bereitstellung von offenen Daten auf dem Portal mCLOUD.
Neue Perspektiven für den ländlichen Personennahverkehr
Gleich zwei Strukturprobleme im ländlichen Raum könnte man mit der unkonventionellen und zukunftsweisenden Transportidee „Cargosurfer“ lösen – zum einen bleiben oft viele Sitzreihen in Bussen und Regionalbahnen leer und damit ungenutzt, sodass es immer wieder zur Einstellung von Linien kommt. Zum anderen besteht gerade abseits der Städte Bedarf für funktionierende Lieferketten, zum Beispiel für Bestellungen aus dem Online-Handel.
Und genau hier ergibt sich die Schnittstelle mit dem ÖPNV – im Idealfall würden durch die zukunftsweisende Idee Verkehr und Emissionen reduziert, Kosten gespart und die Effizienz des Transportverkehrs gesteigert.
„Fracht im öffentlichen Nahverkehr mitzunehmen funktioniert aber nur, wenn alles lückenlos überwacht wird und zuverlässig ankommt“, erklärt Dr. André Ludwig, Professor für Informatik in der Logistik an der Kühne Logistics University (KLU) in Hamburg.
KI spielt eine große Rolle
„Wir nutzen Techniken der künstlichen Intelligenz, um Fracht ‚intelligent‘ zu machen“, beschreibt Ludwig die Aufgabe der KLU im Projektverbund.
Treten während der Fahrt Probleme auf, wie zum Beispiel ein Stau oder Verspätungen der Bahn, werden diese eigenständig von der Fracht erkannt und die passende Reaktion ausgelöst.
„Unsere Software fährt quasi als virtueller Paketkurier mit. Durch künstliche Intelligenz erkennt sie, ob der Anschluss erreicht wird. Wenn nicht, werden alle Beteiligten rechtzeitig informiert und ein neuer Transportplan erstellt“, erklärt Ludwig.
Praxistest in Hessen geplant
Bis sich die ersten Güter auf die Reise machen, ist eine umfassende Analyse notwendig, in der u.a. folgende Fragen beantwortet werden müssen: Wie wahrscheinlich tritt an einem bestimmten Tag eine Störung auf? Welche Faktoren haben Einfluss auf Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit? Welche Transportalternativen gibt es?
Rund ein Jahr wird die Entwicklung der Software nach Angaben der Projektpartner voraussichtlich in Anspruch nehmen, ehe das System in der Praxis erprobt werden kann und die ersten intelligenten Pakete sich in Hessen auf den Weg machen. Dabei greift man auf eine bereits markterprobte Anwendung im Bedarfsverkehr der Trapeze Group Deutschland GmbH zurück, die nun für das Gütermitnahmesystem aufgerüstet wird.
Als regionale Logistik-Partner konnten dafür die cantus Verkehrsgesellschaft mbH und Regionalverkehr Main-Kinzig GmbH gewonnen werden. Sobald die ersten Pakete unterwegs sind, kann das System kontinuierlich mit den Daten aus der Praxis verbessert werden.
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