Mit Blockaden an Autobahnauffahrten und Traktorkolonnen in Städten haben am Montag die bundesweiten Bauernproteste begonnen. In Mecklenburg-Vorpommern etwa blockierten Landwirte landesweit Auffahrten von Autobahnen. In Bayern meldete die Polizei vielerorts Verkehrsbehinderungen, etwa weil Straßen nur einspurig befahrbar waren oder Autobahnauffahrten blockiert wurden. Unterstützt wurden die Landwirte von Speditionen, die gegen die Erhöhung der Lkw-Maut protestierten. Am Brandenburger Tor in Berlin sammelten sich am frühen Morgen Protestteilnehmer mit rund 200 Traktoren und Lastwagen.
In vielen Orten Deutschlands müssen sich Autofahrer, Schüler und Busfahrgäste auf starke Behinderungen einstellen. Mehrere Kultusministerien der Länder kündigten an, dass Schüler entschuldigt werden, sollten sie es wegen der Aktionen nicht zum Unterricht schaffen.
Aktionswoche läuft
Der Bauernverband hat zu einer Aktionswoche aufgerufen, um gegen die Streichung von Subventionen für die Branche zu demonstrieren. Dabei geht es vor allem um die Steuervergünstigung von Agrardiesel. Dass die Bundesregierung einen Teil ihrer Sparpläne zurückgenommen hat, reicht dem Verband nicht aus. Nach einer eskalierten Protestaktion gegen Wirtschaftsminister Robert Habeck an der Nordsee rief der Bauernverband am Wochenende seine Anhänger aber auch zur Mäßigung auf und forderte, Aktionen vor Wohnungen von Politikern und persönliche Anfeindungen zu unterlassen.
Auf der A81 bei Böblingen waren am Montag nach Polizeiangaben in einer unangemeldeten Demonstration mehrere Traktoren auf der Autobahn unterwegs. Im Kreis Cloppenburg in Nordwestniedersachsen wurde eine Bundesstraße von 40 Fahrzeugen blockiert. In Sachsen waren laut Polizei etwa im Raum Dresden einige Autobahnauffahrten nicht nutzbar.
Bauern sehen sich übermäßig belastet
Der Bauernverband forderte erneut, die geplanten Kürzungen zurückzunehmen.
«Die nehmen der Landwirtschaft die Zukunftsfähigkeit. Vor allem gefährden wir am Ende die gesicherte Versorgung mit heimischen, hochwertigen Lebensmitteln», sagte Verbandspräsident Joachim Rukwied im RBB-Inforadio.
«Wir setzen darauf, dass bei der Berliner Regierung die Vernunft einkehrt und dass man diese überproportionale Belastung der Landwirtschaft zurücknimmt. Das ist unser Kernziel bei den Demonstrationen.»
Das vergangene Jahr sei das erste seit Jahrzehnten gewesen, in dem die Unternehmensergebnisse etwa durch gestiegene Preise für Milch, Getreide und Fleisch «gepasst» hätten, sagte Rukwied.
«Die Milchpreise sind mittlerweile eingebrochen. Wir hatten in der Spitze 60 Cent, jetzt sind wir wieder bei rund 40 Cent. Die Schweinepreise sind rückläufig. Insbesondere bei Getreide, bei Raps sind die Preise eingebrochen», sagte der Bauernpräsident.
In Kombination mit höheren Energiepreisen und den jetzt vorgeschlagenen Subventionskürzungen führe das zu einem Einbruch der Einkünfte bei den Landwirten um mindestens ein Drittel. «Und das ist nicht hinnehmbar», sagte Rukwied.
Weil: Geplante Kürzungen zurücknehmen
Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil forderte, die Kürzungen zurückzunehmen. Die Bundesregierung solle reinen Tisch machen und den Konflikt beenden, sagte der SPD-Regierungschef am im ZDF-«Morgenmagazin».
«Ich glaube, dass die beiden Vorschläge eine Branche doch stärker treffen als andere.»
Die Bundesregierung plant, die Steuersubventionen für Agrardiesel stufenweise wegfallen zu lassen. Ein weiterer Vorschlag, die Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Maschinen zu kippen, ist vom Tisch.
Bei Bundesinnenministerin Nancy Faeser stießen die geplanten Blockaden auf Kritik:
«Wer andere Menschen, die eilig zur Arbeit, zur Schule oder zum Arzt müssen, im Alltag blockiert, der sorgt in allererster Linie für Wut und Unverständnis», sagte die SPD-Politikerin der «Rheinischen Post».
Legitimer Protest ende da, wo andere in ihren Rechten verletzt würden. Wie andere Politiker forderte sie die Landwirte auf, sich von Extremisten deutlich abzugrenzen.
Bauernverband: Gewalt ein «No-Go»
Rukwied betonte im ZDF:
«Aktionen, die Gewalt mit sich bringen, sind ein No-Go».
Man habe die Landes- und Kreisbauernverbände darauf hingewiesen, dass sie friedlich demonstrieren sollen. Alle Demonstrationen seien angemeldet. Die Frage, ob er in Sorge sei, dass die Bauern von Rechtsaußen unterwandert würden, verneinte Rukwied.
«Wir sind politisch unabhängig», sagte der Bauernpräsident. «Wir bringen unsere Anliegen mit Nachdruck zum Ausdruck, aber auf Basis der demokratischen Verfassung der Bundesrepublik Deutschland.»
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