Alpine: Fahrzeugteile aus Leinen für vollelektrische Prototypen
Automobilhersteller Alpine möchte unter anderem mit dem Einsatz nachhaltiger Rohstoffe die Dekarbonisierung weiter vorantreiben - und verwendet daher für einige Teile des vollelektrischen Prototypen Alpine A110 E-ternité, der im Juli 2022 beim Großen Preis von Frankreich sein Debüt hatte, Leinen. Flachs, der Rohstoff für das natürliche Material, wächst in der Nähe des Stammwerks Dieppe in der Normandie.
„Es war eine technische Herausforderung, von einer konventionellen A110 mit Verbrennungsmotor auf die vollelektrische A110 E-ternité umzustellen. Der umweltbewusste Ansatz, Leinen in einem Fahrzeug zu verwenden, ist eine echte Chance für uns. Das Material ist leichter und markiert sowohl technologisch als auch ökologisch ein Schritt nach vorn“, so die Aussage des Exterior Accessory Design Leader bei Alpine.
Weniger Dichte, weniger Energie bei der Herstellung
Beim Alpine A110 E-ternité bestehen laut Hersteller Fronthaube, Dach, Heckabdeckung, Sitzschalen und Heckschürze aus Leinen, was dem Fahrzeug einiges an Gewicht einsparen soll. Trotz 392 Kilogramm schweren Batterien sei es mit 1.378 Kilogramm leichter als andere Elektromodelle in diesem Segment.
Die Karbon-Fronthaube eines A110 R wiegt laut Hersteller 3,98 Kilogramm, die serienmäßige A110-Aluminium-Motorhaube 6,9 Kilogramm. Ein aus Leinen gefertigtes Teil wiege allerdings aktuell noch 20 Prozent mehr als ein Karbonelement. Doch es ließe sich eine große Anzahl von Funktionen integrieren und die Anzahl der Teile reduzieren.
Der Flachs stamme aus biologischem Anbau vom Unternehmen Terre de Lin in der Nähe von Dieppe, dem Gründungsort der Marke Alpine. Der Produktionsprozess sei weit weniger energieintensiv als der von Karbon. Als zusätzliche Vorteile nennt der Hersteller neben der geringen Dichte und dem geringen Gewicht, die Widerstandsfähigkeit und die akustischen Eigenschaften.
Vom Samen zur Automobil-Komponente
Doch wie wird aus dem Rohprodukt ein Fahrzeug-Teil? Im März und April erfolge die Aussaat, Anfang Sommer die Ernte der Pflanzen. Die langen Fasern werden anschließend gekämmt, geglättet, zu Garn gestreckt und zu 45 Kilogramm schweren Ballen gebündelt, so der Hersteller. In der Spinnerei wird das Material dann zu Stoff gewoben und an Alpine geliefert.
Im Alpine-Labor in Les Ulis, südwestlich von Paris, wird das getrocknete Gewebe schließlich mit Baumwollgarn kombiniert, es wird ein 45-Grad-Muster gewebt. Der Stoff besteht Unternehmensangaben zufolge zu 95 Prozent aus Leinen und zu fünf Prozent aus Baumwolle und wird im Anschluss daran in Epoxidharz getränkt sowie in Form gelegt.
Es müsse sehr genau auf die Ausrichtung des Gewebes sowie die Anzahl der Falten geachtet werden. Die äußere, sichtbare Oberfläche werde mit der Form in Kontakt gebracht. Der nächste Schritt sieht vor, dass das Teil abgedeckt und vakuumbehandelt wird. Das Musterteil werde dann aus der Form genommen, von Hand zugeschnitten und im sogenannten Alpa´ Innov Center montiert.
Zukunfts-Visionen
Mit der Zeit wolle man auch das Epoxidharz austauschen, um die Bauteile komplett zu dekarbonisieren, so der Plan. Man sei bereits auf der Suche nach Harzen aus biologischem Anbau, die den Anforderungen entsprechen. Man erwäge viele verschiedene Optionen, auch die Entwicklung von Leinenformen für die Fertigung käme in Betracht.
„Wir denken darüber nach, in Zukunft Teile aus Kohlefaser, Glas oder Leinen in derselben Form herzustellen. Noch ist es zu früh, um über den Einsatz von Leinen in der Serie im großen Maßstab bei Alpine zu sprechen – aber die ersten Versuche sehen vielversprechend aus“, heißt es von Seiten des Exterior Accessory Design Leader.
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