Aktuelles Urteil: Vorsicht beim Überholen von Autoschlangen

Im vorliegenden Fall war es auf einer Landstraße im Saarland zu einem Verkehrsunfall gekommen. Auf einer Landstraße hatte sich eine Fahrzeugschlange gebildet, weil kurz vor einer Ampelkreuzung ein Kleintransporter auf der Fahrbahn liegen geblieben war. Der Fahrer hatte die Warnblinkanlage eingeschaltet. Als die Fahrerin eines Suzuki aus der Fahrzeugschlange ausscherte, um den Lieferwagen zu überholen, kollidierte sie mit einem Pkw, der gerade von hinten die Fahrzeugschlange überholte.

Im späteren Prozess verneinte das Amtsgericht Homburg einen Schadensersatzanspruch der Suzuki-Fahrerin. Die Klägerin habe den Unfall selbst verschuldet, weil sie eine Vorschrift der Straßenverkehrsordnung missachtet habe. Wer ein Hindernis oder ein Fahrzeug umfahren wolle, müsse sein Ausscheren ankündigen und beim Ausscheren auf den nachfolgenden Verkehr achten (§ 6 StVO).

Das Landgericht (LG) Saarbrücken entschied dagegen in höherer Instanz, dass der Klägerin zumindest 50 Prozent des Schadens zustünden (Az. 13 S 74/22). Die überholende Autofahrerin habe ihrerseits gegen die besonderen Sorgfaltspflichten beim Überholen verstoßen. Denn es habe eine „unklare“ Verkehrslage im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) vorgelegen, so das LG. Es habe daher die Vermutung bestanden, dass von einem Überholverbot auszugehen sei. Die Überholende habe aber jedenfalls gegen ihre Pflicht nach § 1 Abs. 2 StVO verstoßen.