Löst sich während der Fahrt auf der Autobahn unverschuldet der Notfallbremsassistent eines vorausfahrenden Fahrzeugs und fährt der nachfolgende Lkw ohne Einhaltung des gebotenen Sicherheitsabstands von mindestens 50 Metern auf das abrupt abbremsende Fahrzeug auf, überwiegt der Haftungsanteil des nachfolgenden Lkw-Fahrers.
Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt in einem aktuellen Urteil vom 9. März 2021 (AZ: 23 U 120/20) entschieden. Denn die unbegründete und erhebliche Unterschreitung des Sicherheitsabstands sei auf ein schuldhaftes Verhalten zurückzuführen, während das vorausfahrende Fahrzeug aufgrund eines technischen Versagens abgebremst worden sei, so die Urteilsbegründung. Dies rechtfertige eine Haftungsverteilung von 2/3 zulasten des Lkw-Fahrers, so das OLG Frankfurt weiter.
Im konkreten Fall nahm die Klägerin des den Notfallbremsassistenten auslösenden Fahrzeugs die Beklagten nach einem Verkehrsunfall auf der A5 Richtung Kassel/Hannover zwischen der Anschlussstelle Frankfurt am Main, Westhafen und dem Westkreuz Frankfurt auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Klägerin fuhr vor dem Beklagtenfahrzeug, einem Lkw mit einer zulässigen Gesamtmasse von über 3,5 Tonnen. Während ihrer Fahrt löste sich der Notfallbremsassistent, der Lkw-Fahrer konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und kollidierte mit dem klägerischen Fahrzeug. Das Landgericht hatte der Klägerin 1/3 des geltend gemachten Schadens zugesprochen. Sie ging in Berufung und hatte zum Teil Erfolg, denn das OLG Frankfurt sprach der Klägerin nunmehr 2/3 ihres Schadens zu.
Bei dem erforderlichen Haftungsausgleich zwischen den Beteiligten sei zu berücksichtigen, so das Gericht, dass der Unfall durch den Lkw-Fahrer mitverursacht worden sei. Dieser habe aufgrund des zu geringen Sicherheitsabstands zum vorausfahrenden Fahrzeug nicht mehr rechtzeitig abbremsen können. Angesichts der Größe des Lkw mit einer zulässigen Gesamtmasse von über 3,5 Tonnen hätte gemäß Paragraph 4 Abs. 3 StVO auf Autobahnen zu vorausfahrenden Fahrzeugen ein Mindestabstand von 50 Meter eingehalten werden müssen, wenn die Geschwindigkeit mehr als 50 Stundenkilometer betrage. Sachverständig geklärt sei, dass dieser Sicherheitsabstand im konkreten Fall trotz der gefahrenen Geschwindigkeit nicht eingehalten worden sei.
Die Klägerin müsse sich als Verursachungsbeitrag vorwerfen lassen, dass sie ihr Fahrzeug ohne ersichtlichen Grund auf freier Strecke abrupt abgebremst habe. Dies führe schließlich zu einer Haftungsverteilung von 2/3 zu Lasten des Lkw-Fahrers und 1/3 zu Lasten der Klägerin. Hinsichtlich des Lkw-Fahrers sei von einem Verschulden auszugehen, da der erforderliche Sicherheitsabstand ohne zwingende Gründe um rund 30 Prozent unterschritten worden sei. Das abrupte Abbremsen der Klägerin sei dagegen unstreitig auf das Versagen der technischen Einrichtung ihres Kraftfahrzeugs zurückzuführen, so dass sie kein Verschulden treffe, so das OLG abschließend. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
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