Das Landessozialgericht (LGS) Baden-Württemberg hat am 27. Februar 2023 entschieden, dass ein Beschäftigter auch dann unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht, wenn er beim Luftschnappen in einem vom Arbeitgeber ausgewiesenen Pausenbereich auf dem Betriebsgelände von einem Gabelstapler angefahren wird.
Der Kläger des Verfahrens, der im Rhein-Neckar-Kreis wohnt, hatte sich, als ihm keine konkrete Arbeit zugewiesen war, erlaubterweise in einem ausgewiesenen Pausen- und Raucherbereich auf dem Betriebsgelände eines Unternehmens in Ludwigshafen aufgehalten, um Luft zu schnappen. Dabei fuhr ihn ein Gabelstapler an. Er erlitt eine Unterarmfraktur und eine Kniegelenksdistorsion.
Die zuständige Berufsgenossenschaft lehnte darauf die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Der Kläger habe zum Zeitpunkt des Unfalls eine privatnützige Verrichtung ausgeführt, so die Argumentation. Das Sozialgericht (SG) Mannheim folgte dieser Auffassung. Weil die Gefahr in dem Pausenbereich nicht höher gewesen sei als allgemein am Wohn- und Beschäftigungsort und sich der Kläger dieser Gefahr freiwillig ausgesetzt habe, sah es keinen Versicherungsschutz wegen einer spezifischen Betriebsgefahr.
Auf die Berufung des Klägers stellte das LSG hingegen einen Arbeitsunfall fest. Das Gericht bejahte das Vorliegen einer spezifischen betrieblichen Gefahr. Die erhöhte Gefährlichkeit von Gabelstaplern gegenüber dem alltäglichen Straßenverkehr sei durch Untersuchungen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) belegt und Gegenstand besonderer Unfallverhütungsvorschriften, so die Begründung. Ein Beschäftigter dürfe darauf vertrauen, dass er während einer erlaubten Pause in einem vom Arbeitgeber ausgewiesenen Bereich keinen gegenüber dem allgemeinen Leben erhöhten Gefahren ausgesetzt sei.
Weil allerdings in der bisherigen Rechtsprechung nicht endgültig geklärt ist, ob der Versicherungsschutz wegen einer spezifischen betriebsbezogenen Gefahr nur in unmittelbarer Nähe des konkreten Arbeitsplatzes besteht oder auch in einem - wie hier - weiter entfernt liegenden Pausenbereich, ließ der Senat ließ die Revision zum Bundessozialgericht in Kassel zu. Die Berufsgenossenschaft kann daher entscheiden, ob sie Revision einlegt oder das Urteil ausführt (Az. L 1 U 2032/22).
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