Aktuelles Urteil: Ablenkung am Steuer bei Tempo 200 zählt als grob fahrlässig

Wer die Autobahn mit circa 200 km/h befährt, handelt grob fahrlässig, wenn er sich am Steuer nicht ganz aufs Verkehrsgeschehen konzentriert und zum Beispiel durch Bedienen des Infotainment-Systems ablenken lässt – so ein Urteil des Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg.

(Symbolbild: Pixabay)
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Anna Barbara Brüggmann

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte ein Fahrzeug bei der Klägerin, einer Autovermieterin, gemietet. Zwischen beiden Parteien war eine Haftungsbeschränkung ohne Selbstbeteiligung für den Fall einer Beschädigung des Mietfahrzeuges vereinbart worden. Die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Klägerin besagen jedoch, dass sie bei grob fahrlässig herbeigeführtem Schaden am Mietfahrzeug berechtigt ist, zumindest teilweise Regress zu nehmen.

Nach Überzeugung des Oberlandesgerichts (OLG) Nürnberg befuhr der Beklagte im April 2015 mit dem gemieteten Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 200 km/h die Autobahn auf der linken Spur und bediente zugleich das Infotainment-System, um dort Informationen abzurufen. Er geriet nach links von der Fahrbahn ab und stieß gegen die Mittelleitplanke, sodass das Fahrzeug stark beschädigt wurde.

Die Klägerin vertrete die Auffassung, dass der Beklagte grob fahrlässig gehandelt hat, und nehme daher in Höhe von 50 Prozent des entstandenen Unfallschadens bei diesem Regress. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hatte mit Urteil vom 1. Juni 2017 die Klage zunächst abgewiesen, danach hat das Oberlandesgericht Nürnberg den Beklagten verurteilt, an die Klägerin eine Gesamtsumme von 11.947,69 Euro zu zahlen. Der Beklagte habe, so die Auffassung des Senats, grob fahrlässig gehandelt, der Klägerin stehe daher ein Schadensersatzanspruch zu. Die vereinbarte Haftungsfreistellung schließe die Haftung des Beklagten nicht aus, da diese für den Fall grob fahrlässigen Verhaltens in dem von der Klägerin geltend gemachten Umfang nicht greife.

Dem Urteil zufolge habe der Beklagte die verkehrserforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt. Das Befahren der Autobahn mit einer Geschwindigkeit von 200 km/h beinhalte ein sehr hohes Gefahrenpotenzial, so seien Anhalteweg und kinetische Energie bei einer Kollision gegenüber einer Geschwindigkeit von 130 km/h mehr als verdoppelt. Minimale Fahrfehler können dabei zu schweren Unfällen führen.

In Deutschland fehle ein klares Verbot derartiger Geschwindigkeiten, es gelte jedoch die Autobahn-Richtgeschwindigkeits-Verordnung, welche vorgibt, dass bei höheren Geschwindigkeiten die Unfallgefahren selbst unter Idealbedingungen so erheblich zunehmen, dass sie bei verantwortungsbewusster Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr dort nicht gefahren werden sollten, so der Verweis des OLG.

Wer als Verkehrsteilnehmer ein Fahrzeug mit höherer Geschwindigkeit als 130 km/h führt, müsse daher in besonderer Weise seine volle Konzentration auf das Führen des Fahrzeuges richten. Die Anforderungen an die Konzentration des Fahrzeugführers seien umso höher, je stärker die Richtgeschwindigkeit überschritten werde. Trotz der bei 200 km/h erforderlichen vollsten Konzentration auf das Fahrgeschehen und drohenden schweren Unfallfolgen schon bei geringfügiger kurzzeitiger Ablenkung habe der Kläger das Infotainment-System bedient, was zumindest für Sekunden seine Aufmerksamkeit voll gebunden habe.

Sein Verhalten stelle daher dem Urteil zufolge eine objektiv schwere und unentschuldbare Pflichtverletzung dar und sei grob fahrlässig. Die Revision ist nicht zugelassen. (LG Nürnberg-Fürth, Az.: 8 O 1980/16; OLG Nürnberg, Az.: 13 U 1296/17)

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