ADAC Mittelrhein: Sechs Forderungen für die Transport und Logistik-Branche

Am 14. Juli veranstalteten ADAC Mittelrhein und der TÜV Rheinland das 16. TruckSymposium. Thematisiert wurden die zahlreichen Herausforderungen für Güterverkehr und Logistik, unter anderem Personalmangel, fehlende Stellplätze, Sanierungsbedarf der Verkehrsinfrastruktur sowie neue Antriebskonzepte

Seit 2006 findet das TruckSymposium statt und dient als Plattform für den Meinungs- und Erfahrungsaustausch zwischen Wirtschaft und Politik, Forschung und Verbänden. (Foto: Sibylle Anneck / ADAC Mittelrhein e.V.)
Seit 2006 findet das TruckSymposium statt und dient als Plattform für den Meinungs- und Erfahrungsaustausch zwischen Wirtschaft und Politik, Forschung und Verbänden. (Foto: Sibylle Anneck / ADAC Mittelrhein e.V.)
Anna Barbara Brüggmann

Rund 120 Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft, Verbänden, Behörden, Politik und Medien tauschten sich beim TruckSymposium, das der ADAC Mittelrhein und TÜV Rheinland im Rahmen des Internationalen ADAC Truck-Grand-Prix am Nürburgring ausrichteten, zu den aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen der Branche aus.

Das Ganze stand unter der Moderation von Prof. Dr. Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung, begrüßt wurden unter anderem Staatssekretär Oliver Luksic vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr sowie Staatssekretär Andy Becht von der rheinland-pfälzischen Landesregierung. Mit dabei waren zudem: Ralf Strunk (Geschäftsführer der TÜV Rheinland Kraftfahrt), Stefan Thyroke (Verdi), Anja Ludwig, Tim Baumeister (beide Kravag), Michael Nimtsch (Trailer Dynamics), David Coleman (Hynes - Hydrogen and New Energy Solutions), Michael Brell (bp/Aral), Bernhard Hintermayer, Elfriede Mayr (beide Asfinag), Prof. Dr. Manfred Loidold (Hochschule RheinMain) sowie ADAC-Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand und Rudi Speich (Vorsitzender ADAC Mittelrhein).

"Selten gab es für die Transport- und Logistikbranche so viele Herausforderungen auf so verschiedenen Feldern gleichzeitig“, so Rudi Speich, Vorsitzender des ADAC Mittelrhein, zur Begrüßung.

Im Nachgang der Fachvorträge und Diskussionen wurden folgende Empfehlungen und Forderungen für die Transport- und Logistikbranche herausgearbeitet:

Lkw-Parkplatzmangel

Der Lkw Parkplatzmangel sei eines der drängendsten Probleme des Straßengüterverkehrs. Schätzungen vom Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung gingen von bis zu 40.000 fehlenden Stellplätzen pro Nacht allein entlang der bundesweiten Autobahnen aus. Die Umstellung auf E-Fahrzeuge erfordere Umstellungen in der Fuhrparklogistik und der Tourenplanung, was die Suchmöglichkeiten nach Parkraum einschränken könnte, wenn gleichzeitig das Fahrzeug aufgeladen werden muss.

Der Mangel an Stellplätzen gefährde die Verkehrssicherheit und sei zugleich ein Haupt-Frustrationstreiber für das Fahrpersonal – auch vor dem Hintergrund unzureichender Möglichkeiten zur Nachtruhe und Hygiene.

Mit Blick auf die gleitenden Langfrist-Verkehrsprognose des Bundesverkehrsministeriums sei eine Zunahme des Straßengüterverkehrs um rund 50 Prozent bis 2050 zu erwarten. Der Ausbau von Lkw-Stellplätzen an Autobahnen muss als vordringlicher Bedarf mit entsprechenden Verfahrensverkürzungen behandelt werden, so die Forderung.

Es sollten auch alle Möglichkeiten genutzt werden, vorhandene Infrastruktur auf Betriebsgeländen von Speditionen und Fuhrunternehmen im Rahmen privater Initiativen zu erschließen. Diese so auszubauen, dass sie durch Dritte genutzt werden können, sei eine effektive und – verglichen mit Bauvorhaben der öffentlichen Hand beim Ausbau von Stellplätzen an Autobahnen - schneller verfügbare Möglichkeit, weitere Kapazitäten zu schaffen. Darüber hinaus müssen durch die Digitalisierung weitere flächensparende Lösungen gesucht werden.

Technologieoffenheit

Es sei davon auszugehen, dass Diesel-Sattelzugmaschinen noch für die nächsten 20 bis 30 Jahre einen wesentlichen Teil der Motorisierung des Langstrecken-Güterverkehrs darstellen, batterie-elektrische Zugmaschinen könnten aktuell nicht ausreichend Energie für lange Strecken im schweren Güterverkehr zur Verfügung zu stellen.

Nicht absehbar sei, bis wann die erforderliche Ladeinfrastruktur unterwegs in ausreichender Kapazität zur Verfügung stehen wird. Doch erst dann könne die Phase signifikanten Mischverkehrs starten. Batterie-elektrische Antriebe im Trailer und andere technische Konzepte könnten allerdings je nach Topographie und Beladungssituation auch in Kombination mit konventionellen Sattelzugmaschinen dabei helfen, bereits kurz- und mittelfristig bis zu 40 Prozent CO2-Emissionen einzusparen.

Aus diesem Grund, so das Resümee, sollte auf Technologieoffenheit gesetzt werden, im schweren Langstrecken-Güterverkehr sollten Kompromisse zwischen altem und neuen Fahrzeugbestand, CO2-Reduktion und zuverlässiger Reichweite gefunden werden.

Elektromobilität realistisch betrachten

Gewerbliche Flotten müssten Ressourcen schonen, Emissionen senken und zugleich wirtschaftlich bleiben sowie die Gesamtkosten unter Kontrolle halten. Mittel- bis langfristig handle es sich laut den Fachvorträgen beim Wasserstoff- und Elektroantrieb um die wichtigsten kohlenstoffarmen Antriebskonzepte, doch einige technologische Herausforderungen und die mangelnde Fahrzeugverfügbarkeit müssen überwunden werden.

Kurzfristig würden neben herkömmlichen Diesel-Antrieben auch HVO und Bio-Gas als Brückentechnologien benötigt werden. Der wirtschaftliche Einsatz batterie-elektrischer Antriebe sei jedoch einzelfallabhängig.

Dies müsse die Politik berücksichtigen, das Transportgewerbe dürfe nicht durch zu strenge technologische Vorgaben geschwächt werden, „denn nur starke Unternehmen können sich Transformation leisten“, betonten die Experten der Fachrunde.

Park- und Rastanlagen für Lkw-Fahrpersonal optimieren

Ein komfortabler, sicherer Lkw-Stellplatz für die Nacht sei für die Logistikkette von großer Bedeutung. Neben zunehmenden Diesel- und Ladungsdiebstählen sei gerade auch in Hinblick auf den Fahrpersonalmangel eine Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Fahrerinnen und Fahrer unterwegs dringend notwendig.

Denkbar wären auf Nachhaltigkeit und Service für das Lkw-Fahrpersonal ausgelegte Park- und Rastanlagen, wie sie derzeit in Österreich erprobt würden - beispielsweise mit vielen 350 kW-Schnelladestationen, elektrischen Anschlüsse zur Ladegutkühlung, Sanitärbereich mit ausreichender Anzahl an Toiletten und Duschen, Fitnessgeräten, Koch- und Waschmöglichkeiten, Automatenkiosk, BBQ-Park, Trinkwasserbrunnen sowie hohen Hygienestandards und auch für "Kolonnenparken" geeignet, um eine maximale Effizienz der Stellplatznutzung zu gewährleisten.

An allen Rastanlagen müsste zudem ein massiver Ausbau an geeigneten Lkw-Ladepunkten vorgenommen werden. Um unzumutbare Wartezeiten für Transporteure zu vermeiden, sei die Einführung eines Reservierungssystems im Gespräch. Die Expertenrunde des TruckSymposiums betonte, vergleichbare Konzepte müssten auch in Deutschland dringend geprüft werden.

Gemeinsam gegen Sozialdumping

Gewerkschaften, Verbände der Transportbranche und Politik müssen wirksame Maßnahmen gegen das Sozialdumping aus Osteuropa und daraus resultierenden illegalen Wettbewerbsdruck entwickeln, davon zeigte man sich in der Diskussionsrunde überzeugt. "Denn nur wenn deutsche Unternehmen den notwendigen wirtschaftlichen Spielraum gewinnen, können sie die Bedingungen für Ihr Fahrpersonal weiter verbessern“, so die Aussage der am Symposium teilnehmenden Experten.

Auch Verlader müssten als Auftraggeber stärker in die Pflicht genommen werden und soziale Verantwortung für ihre gesamte Transportkette zeigen - analog zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. „Transport wird und muss dabei auch für den Verbraucher teurer werden“, so das Resümee.

Planungssicherheit und -beschleunigung für den Ausbau erneuerbarer Energien

Als Grundvoraussetzung für den Ausbau erneuerbarer Energien gelte die Planungssicherheit. Diese könne nur von Politik und Verwaltung geschaffen werden.

Hier müssten mutig Maßnahmen zur Planungsbeschleunigung ergriffen werden, „auch auf Kosten von Verbandsklagerechten und Einspruchsmöglichkeiten auf lokaler Ebene“, so die im Trucksymposium ausgesprochene Empfehlung. Eine leistungsfähige, bedarfsgerechte Infrastruktur der Fernstraßen sei ein übergeordnetes Gut der Daseinsvorsorge, hob man nachdrücklich hervor.

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