Cargobike of the Year 2023: Viele Neuheiten im Rahmen der Test Days

Anna Barbara Brüggmann
(erschienen bei LOGISTRA von Johannes Reichel)

Mit den Test Days im Rahmen der Eurobike 2023 ist der International Cargobike of the Year-Award in die nächste Runde gestartet. Die fünf Juroren, erfahrene Lastenradlogistiker und Logistikerinnen um Initiator und Logistra-Redakteur Johannes Reichel, nahmen insgesamt zwölf Bikes und einen Trailer unter die Lupe, je sechs in den Kategorien Light und Heavy.

Unterschiedliche Konzepte kamen dabei zum Einsatz. Der Fachjury gehören neben dem Logistra-Ressortleiter Test + Technik und Initiator Johannes Reichel ausgewiesene Fachleute und Praktiker der Cargobike-Branche an: Thomas H.L. Schmitz, Mitglied im Radlogistik Verband Deutschland e.V. und Geschäftsführer der Schmitz & Bramer GmbH (Radlader.bike) sowie Martin Schmidt, Radlogistiker von Cycle Logistics CL GmbH sowie Chef von Blue Cargo Biketechnik GmbH, der Produktdesigner Satish Kumar Beella, Lector engineering & Product development in The Hague University of Applied Sciences, sowie neu Aline Künzler vom Velokurier Veloblitz, Betreiberin der Velotransport-Beratung Velogisch sowie technische Beraterin bei einem Biketrailerhersteller.

Im leichten Segment gibt es einen "Mini-Trend" zu Mikro-Cargobikes wie dem ultrawendigen, aber hochstabilen und dem Anspruch nach extrem wartungsarmen DLiWR Pulse Pro, dem in einem modular aufgebauten System auch noch ein Trike mit Frontkorb folgen soll.

Auch Yoonit setzt auf ein kompaktes und kurzes Lieferbike mit Zarges- oder ProBag-Box vorne drauf - und macht das leichte Rad dank starkem Shimano EP8-Motor zum Zuggefährt eines kleinen Sattelzugs mit dem bewährten (und bisher einzigen Trailer-Bewerber) Carla Cargo-Anhänger, der dann neuerdings auch mit XXL-Zargesbox oder in Kombi mit den leichten Con-Pearl-Stapelboxen und Rampe am Heck als mobiles "Mikrodepot" fungiert. Generell zeigt diese Kombi stellvertretend, welche Potenziale der Einsatz von Trailern bietet, im Hinblick auf die Frachtkapazität, aber auch den wirtschaftlichen Einstieg in die Lastenradlogistik.

Sehr trailertauglich wäre auch der Klassiker von Larry vs. Harry: Das eBullitt ging mit langem Radstand als XL mit robuster und geräumiger Convoy-Box an den Start - und tollem, leisem und starkem Shimano-EP8-Antrieb aus einem Guss.

Und muli cycles aus Köln überzeugten einmal mehr mit dem kompakten, vielseitigen und auch beladen wunderbar einfach zu fahrenden Faltkorb-Long-John. Als Newcomer mit "made in Germany"-Anspruch gefiel das "Long Tail" von Metz, mit feinem, leisem und starkem eigenen Motor nebst geschmeidiger Enviolo-Automatik-Kombi.

Und ebenfalls auf regionale "Zutaten" setzt mit zugkräftigem ZF-Motor und günstigem wie robusten 3x3-Getriebe das einzige leichte Trike mit raffinierter Neigetechnologie an den beiden Vorderrädern von Max & Mäleon, jetzt auch als Cargo-Variante mit einer flexibel nutzbaren Plattform.

 
Die Jury besteht aus Praktikern und Praktikerinnen, die direktes Feedback an die Hersteller geben. Der Award soll damit auch wichtige Impulse für die weitere Verbesserung der Gewerbebikes geben. (Foto: J. Reichel)
Die Jury besteht aus Praktikern und Praktikerinnen, die direktes Feedback an die Hersteller geben. Der Award soll damit auch wichtige Impulse für die weitere Verbesserung der Gewerbebikes geben. (Foto: J. Reichel)
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Bei den schweren Bikes fuhren die Niederlande groß auf und stellten mit dem Cargo Cycling Chariot sowie mit dem Fulpra 3000 L fürs Gewerbe hochspannende Kandidaten auf die (Lasten)Räder. Beides sind Neigetechnik-Bikes, was die Fahrdynamik aber vor allem auch den Komfort für den Fahrer verbessern soll. Die Firma setzt auf einen weiteren Trend und verwendet einen kettenlosen Antrieb mit Mando-Generator, der den Tretimpuls auf einen Heinzmann-Frontmotor - für flaches Terrain völlig ausreichend - oder wahlweise zwei Heinzmann-Radnabenmotoren überträgt. Kombiniert werden robuste Bremsen und Komponenten vom deutschen Spezialisten "Fahrwerker". Fulpra schießt mit der riesigen 3000-Liter-Box den "Volumen-Vogel" ab und zeigt, dass ein Lastenrad ein Van-Ersatz sein kann. Am Stand zu bewundern war zudem die Frigo-Version mit aktiver Kühlung und Profi-Isolieraufbau.

FlexiModal aus Frankreich setzt auf ein Liegeradkonzept mit Frontantrieb, Bosch-Motor und Rohloff-Nabe mit einer U-förmigen Aufnahme für einen Wechsel-Rollcontainer am Heck, was das Handling mit vorkommissionierten Waren erleichtert. Urban Mobility aus Oberbayern verfeinerte sein Konzept eines Neigetechnik-Trikes mit kettenlosem Antrieb mittels Generator und zweier VRC-Industriemotoren an den Hinterrädern, das sogar Rekuperationsfähigkeit bietet. Kombiniert zeigte man das Schwerlasttrike mit einem AL-KO-Zweiachshänger, womit ein kleiner Gliederzug entsteht. VUF fuhr sein Stahlrahmen-Trike Transporter XXL auf, das als eines der ersten am Markt über den brandneuen Valeo Cyclee-Antrieb verfügt, bei dem der 130 Nm starke E-Motor und das Automatikgetriebe in einer kompakten Einheit integriert ist. Er treibt hier allerdings noch eine (lange) Kette an.

Als diesmal einziges Quad im Wettbewerb verdeutlichte das Metrucks Doer E-Ped Cargo, dass vier Räder viel Komfort für den Fahrer und Fahrstabilität bringen, wenngleich auf Kosten der Raumeffizienz, Wendigkeit und "Fahrradhaftigkeit". Fahrwerkseitig ist man da ähnlich wie bei den Vorjahressieger Mubea Cargo (Cargobike of the Year 2022), den Kandidaten Vowag Cargo M oder dem äußerst robusten Invelo 4 (früher A.NT Cargo) auch schon bei automobilen Konstruktionen, hier mit Dreieckslenkern, Federn, Dämpfern und einem Mando-Generator Antrieb mit Differenzial, der über zwei Heinzmann-Motoren erfolgt. Konsequent: Hydraulische Profi-Cargobike-Scheibenbremsen von Fahrwerker. Preislich tendiert das deutsche Start-up allerdings auch schon Richtung Pkw, mit 22.000 Euro. Aktuell strebt man in die Serie.

Am Abend des Test Days zogen die Juroren eine vorläufige Zwischenbilanz im Rahmen der Cargo Academy, die Premiere feierte und von der Verkehrswendeagentur cargobike.jetzt und dem Verband Zukunft Fahrrad organisiert worden war. Beim Caboty geht es nach den Test Days mit dem Finale auf der IAA MOBILITY weiter. Dann sollen die Sieger in den Kateogrien feststehen und feierlich prämiert werden.