Energie trifft auf Straße

An Oberleitungsstrecken können Lkw während der Fahrt Strom ziehen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass es einen Stromanbieter gibt, der liefert. Das erfordert eine eigenständige rechtliche Regulierung.

Strom to go: Oberleitungsstrecken können die Landenetze für Lkw ergänzen. Doch vorher sind rechtliche Hürden zu überwinden. Bild: Siemens Mobility
Strom to go: Oberleitungsstrecken können die Landenetze für Lkw ergänzen. Doch vorher sind rechtliche Hürden zu überwinden. Bild: Siemens Mobility
Christine Harttmann
Studie

Der e-Highway, also die Oberleitungsstrecke für Elektro-Lkw, zählt im weiteren Sinne zu den elektrischen Straßensystemen (ERS). Er kann Schwerlastverkehr auf Fernstraßen mit erneuerbarem Strom versorgen und dekarbonisieren – so weit, so gut. Doch wie ist der ERS-Betrieb rechtlich zu bewerten? Das wollten Forschende am IKEM – Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität wissen. In einer umfangreichen Teilstudie haben sie daher das Zusammenspiel von Infrastruktur-, Energieversorgungs- und Mobilitätsakteuren beim ERS-Betrieb rechtswissenschaftlich untersucht. Dabei kamen sie zu dem Ergebnis, dass es weiteren Forschungsbedarf hinsichtlich der Regulierung dieser Technologie zur Sektorkopplung gibt.

Klar ist, dass die Elektrifizierung des Güterschwerlastverkehrs mittels Oberleitungen das Ladepunktnetz entlang von Autobahnen ergänzen und das Laden auch während der Fahrt ermöglichen könnte. Wie praktikabel die die Technologie ist, wird aktuell auf mehreren Teststrecken in Deutschland erprobt. Die Forschenden des IKEM untersuchen parallel dazu, wie Aufbau und Betrieb einer solchen Oberleitungsinfrastruktur ökonomisch und rechtlich gestaltet werden könnte.

Maut oder Netzentgelt

Bei ERS kommen viele Aufgaben und unterschiedliche Akteure – Logistikunternehmen, die Betreiber der Infrastruktur und Stromlieferanten – zusammen, beschreibt Giverny Knezevic, wissenschaftliche Referentin am IKEM und Mitautorin der Studie. „Im Initialprojekt ‚Amelie‘ sind wir unter anderem der Frage nachgegangen, wie die Abrechnungsprozesse zwischen den Beteiligten möglichst effizient strukturiert werden können. So entstand ein Akteursmodell, das wir in ‚Amelie II‘ rechtlich geprüft und weiterentwickelt haben“, berichtet die Forscherin.

Ihre Kollegin Friederike Pfeifer, Leiterin des Fachbereichs Mobilität am IKEM, hebt hervor, dass die ERS-Technologie sowohl das Straßen- als auch das Energierecht betreffe, jedoch von keinem dieser Rechtsgebiete ausreichend adressiert werde. „Deshalb ist auch unklar, welches Finanzierungsinstrument – etwa Maut oder Netzentgelte – zur Anwendung kommen soll. Eine rechtliche Einordnung der Oberleitungsinfrastruktur durch den Gesetzgeber ist dringend erforderlich.“

Die jetzt vorgelegte erste Teilstudie hat verschiedene Varianten für eine solche Einordnung untersucht. Sie kommt zu dem Schluss, dass die Finanzierung der Infrastruktur und die Fahrstromabrechnung getrennt organisiert werden sollten. „Für eine zügige Dekarbonisierung des Güterschwerlastverkehrs müssen wir den Aufbau der Oberleitungsinfrastruktur schnell auf den Weg bringen und zielgerichtet fördern. Deshalb empfehlen wir, die Infrastruktur rechtlich als Teil der Straße zu betrachten. Die Kosten, die durch den Betrieb der Oberleitung entstehen, können dann zum Beispiel über die bestehende Lkw-Maut umgelegt werden“, so Knezevic. ha

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Seite 8 | Rubrik UMWELT UND VERKEHR