ifeu-Studie: 3.000-4.000 km Autobahnen für Oberleitungs-Lkw-System bis 2030 - Pilotstrecke als Schlüssel zum Erfolg: Auf zur Antriebswende
In einer „Roadmap zur Einführung eines Oberleitungs-Lkw-Systems in Deutschland“ skizziert das ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg den Weg für einen erfolgreichen Markthochlauf bis 2030. Sie zeigt, dass der Aufbau einer Basis-Oberleitungsinfrastruktur auf 3.000 bis 4.000 Kilometer stark befahrener Autobahnabschnitte einen hohen Anteil an elektrischer Fahrleistung durch Oberleitungs-Lkw erlaubt.
„Am Wichtigsten ist nun der zügige Aufbau einer größeren Pilotstrecke“, erklärt Studienleiter Julius Jöhrens. „So können wertvolle Erfahrungen mit O-Lkw im Fernverkehr gesammelt und damit der Aufbau einer Basis-Oberleitungsinfrastruktur vorbereitet werden.“
Der Straßengüterverkehr der Zukunft werde eher mit einem Mix unterschiedlicher Technologien arbeiten. Eine einzige dominante Technologie sei unwahrscheinlich. Die Herausforderung bestehe darin, trotz der Unsicherheiten über die Details der kommenden technischen Entwicklung schon jetzt die günstigsten Anwendungsfelder der Oberleitungs-Lkw-Technologie zu identifizieren und damit klar zu machen, welche Rahmenbedingungen gesetzt werden müssen, damit diese ihren Teil zum Klimaschutz im Mobilitätssektor beitragen können. Andere Technologien können diesen Beitrag dann sinnvoll ergänzen.
Der häufigen Kritik, dass statt des Ausbaus eines Oberleitungsnetzes für Lkw besser der Güterverkehr auf die Bahn verlagert werden sollte, begegnet Jöhrens mit einem klaren Statement: „Die Verlagerung ist auch weiterhin ein zentrales Element der Umwelt- und Verkehrspolitik, wie auch der Masterplan Schienengüterverkehr zeigt. Allerdings wird auch unter optimistischen Annahmen bezüglich der Verlagerung der größte Teil des Güterverkehrs auch mittel- und langfristig auf der Straße abgewickelt. Daher brauchen wir hier Lösungen für den Klimaschutz.“
Wirtschaftlich überlegen
Aktuell laufen allein in Deutschland drei Feldtests, die vom Bundesumweltministerium finanziert werden. In Hessen entlang der A5 und in Schleswig-Holstein entlang der A1 sind bereits jeweils fünf Kilometer Autobahn elektrifiziert, in Baden-Württemberg sollen Anfang 2021 vier Kilometer auf der Bundesstraße B462 in den Betrieb gehen. „Technisch haben wir es hier bereits mit einem weit entwickelten System zu tun, bei dem sich deutsche Firmen stark engagieren“, sagt Jörens.
Bereits im März zeigte das ifeu in einer Studie, dass auf den Hauptachsen im Lkw-Fernverkehr der Oberleitungs-Lkw nach erfolgreicher Systemeinführung der Dieseltechnologie wirtschaftlich überlegen sein wird. Zu welchen Kosten die Fahrzeuge im Markt angeboten werden, hängt aber wesentlich davon ab, wie attraktiv die Politik den Markt macht: Hohe Stückzahlen und viele Fahrzeuganbieter könnten die Preise nach 2030 deutlich absenken.
Nach Auffassung der ifeu-Wissenschaftler sollte daher der Bund den Markt ähnlich wie bei anderen neuen Technologien in drei Phasen aktiv entwickeln. In der aktuellen Pilotphase werde der e-Highway von vielen Akteuren noch nicht als leistungsfähige und kostengünstige Klimaschutztechnologie wahrgenommen, trotz klarer Studienlage zu dem Thema. Darum sollte die Bundesregierung sagen, welche Rolle das System zukünftig bei der Erreichung von Klimaschutzzielen spielen soll. Gleichzeitig sollte sie durch den Aufbau eines großen Pilotvorhabens von mindestens 100 Kilometern Länge die Bekanntheit und Erfahrung mit der Technik steigern.
Im nächsten Schritt – das ifeu-Institut veranschlagt dafür einen Zeitraum von fünf bis sieben Jahren – sollte eine koordinierte Netzausbauphase in Deutschland beginnen, in der abgestimmt Investitionen aufseiten von Fahrzeugbetreibern, Herstellern und des Staats als Infrastrukturanbieter getätigt werden sollten. Ziel sollte der Aufbau eines Basisnetzes von Oberleitungen auf besonders geeigneten Autobahnabschnitten mit einer sinnvollen Länge von etwa 3.000 bis 4.000 Kilometern in Deutschland sein.
Richtig koordinieren
Im dritten Schritt – der Konsolidierungsphase etwa ab 2030 – sollten dann Modelle gefunden werden, um die staatliche Vorfinanzierung der Oberleitungsinfrastruktur sukzessive auf eine Nutzerfinanzierung umzustellen. Modellrechnungen zeigen, dass dies voraussichtlich bereits wenige Jahre nach Etablierung des Basisnetzes möglich ist – insbesondere unter Berücksichtigung der auch für den Verkehrssektor ab 2021 beschlossenen CO2-Bepreisung. „Eine frühzeitige Koordination des Netzausbaus mit den europäischen Nachbarn ist zwar wünschenswert, sollte jedoch nicht zur Voraussetzung für ein entschiedenes Voranschreiten in Deutschland gemacht werden. Modellrechnungen zeigen klar, dass ein O-Lkw-System auch allein für innerdeutsche Transporte wirtschaftlich tragfähig sein kann“, so Jöhrens. „Auch Batterie- und Brennstoffzellenantriebe könnten zukünftig mit Stromabnehmern ausgestattet werden, um auf Oberleitungsstrecken den Strom besonders effizient zu nutzen, Batterien nachzuladen und Energiekosten zu senken.“
Ein Oberleitungs-Lkw kann – zu diesem Ergebnis kommen die aktuellen Studien – im Jahr 2030 die CO2-Emissionen pro gefahrenem Kilometer gegenüber einem Diesel-Lkw fast halbieren, Fahrzeug- und Infrastrukturherstellung und Stromerzeugung mit eingerechnet. Gelingt es, bis 2030 ein Oberleitungs-Basisnetz von etwa 3.200 Kilometern Länge auf besonders intensiv befahrenen deutschen Autobahnabschnitten zu errichten, so könnten jährlich bis zu 9,2 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. Das entspricht knapp 20 Prozent der Gesamtemissionen des deutschen Straßengüterverkehrs. Wird diese Infrastruktur zukünftig auch durch internationale Lkw-Verkehre genutzt, sinken die CO2-Emissionen weiter.ha
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