Bundesverkehrswegeplan: SOW als Nebenwasserstraße ausgewiesen: Zukunftswasserstraße

Die Spree-Oder-Wasserstraße (SOW) wird Versuchsfeld für automatisierte Transporte in der Metropolregion Berlin-Brandenburg.

Auch ein Teil der Spree-Oder-Wasserstraße: die Oberbaumbrücke in Berlin. Bild: Pixabay
Auch ein Teil der Spree-Oder-Wasserstraße: die Oberbaumbrücke in Berlin. Bild: Pixabay
Christine Harttmann
Binnenschifffahrt

Der aktuelle Bundesverkehrswegeplan weist die Spree-Oder-Wasserstraße (SOW) als Nebenwasserstraße aus. Das bedeutet, dass in diese 128,66 Kilometer lange Verbindung zwischen der Unteren-Havel-Wasserstraße bei Berlin-Spandau und der Oder bei Eisenhüttenstadt nichts mehr investiert wird. Dabei ist diese gesamte Strecke, an der zwei Häfen liegen, komplett schiffbar. Damit habe sich der Güterverkehr für die Zukunft erledigt, bilanziert Robert Schumann, zuständiger Referatsleiter im brandenburgischen Infrastrukturministerium.

Allerdings bezeichnet Dr. Norbert Salomon, Abteilungsleiter für Wasserstraßen/Schifffahrt im Bundesverkehrsministerium, die Binnenschifffahrt als „eine wichtige Säule für den Güterverkehr in Deutschland und Europa“. Er ist überzeugt, dass durch eine engagierte Digitalisierung die Potenziale und die Wettbewerbsfähigkeit dieses Verkehrsträgers gestärkt werde. Und deshalb ist es auch nur auf den ersten Blick ein Widerspruch, dass das Bundesverkehrsministerium ein aktuelles SOW-Projekt mit 4,227 Millionen Euro fördert. Denn mit diesen Mitteln wird der Aufbau und Betrieb eines digitalen Testfeldes auf dieser eingestuften Nebenwasserstraße unterstützt. Denn „das Projekt ist ein wichtiger Meilenstein für die Digitalisierung in der Binnenschifffahrt“, wertet Salomon.

Ein Konzept muss her

„Ich habe nie gesagt, dass wir die Binnenschifffahrt revolutionieren wollen, aber wir müssen sie neu denken“, umreißt Jürgen Alberding, Geschäftsführer bei Alberding und Konsortialführer des Forschungsprojektes DigitalSOW, den Projektrahmen. „Es geht nicht nur um das autonome Fahren, sondern es geht darum, wie wir ein Konzept erarbeiten können, wie wir die Ver- und Entsorgung von Metropolregionen leisten können“, erklärt er. Dazu schlossen sich sechs Verbundpartner aus Wirtschaft und Wissenschaft zusammen, um diese Herausforderung zu lösen.

Während im Bundesverkehrsministerium bei der Verkehrswegeplanung davon ausgegangen wird, dass auch die Binnenschiffe immer größer werden, herrscht im Infrastrukturministerium Brandenburg die Ansicht vor, dass kleine, autonom fahrende Schiffe an der Versorgung von Metropolen (besser) beteiligt sein können. Marcel Lohbeck, Geschäftsführer des Vereins für europäische Binnenschifffahrt und Wasserstraßen, macht dies an realen Praxisbeispielen aus Paris und Utrecht deutlich. Dort werden Geschäfte und Restaurants seit mehreren Jahren bereits erfolgreich durch Schiffe beliefert. Temporäre Umschlagstellen und teilweise spezielle Wechselbehälter sorgen für eine praktikable Citylogistik.

„Berlin ist prädestiniert für ein solches Projekt“, meint Lohbeck. Denn dort gebe es „ein besonders dichtes Wasserstraßennetz mit Umschlagsanlagen in direkter Nähe zu Industrie und Handel“. Außerdem sei die Anbindung an rund 20 Logistikstandorte in der Hauptstadtumgebung optimal, verdeutlicht er. „Das sind schon ein wenig Pariser Verhältnisse, an die man hier anknüpfen kann“, macht er klar.

Ziele in der Logistik

Zweifellos gehört die Logistik zu den Zielen des bis 2023 laufenden Projektzeitraums. Dabei wird es um neue Transportprozesse, Liege- und Umschlagplätze mit Ladeinfrastruktur sowie entsprechende Konzepte gehen. Zur landseitigen Infrastruktur wird eine Leitzentrale gehören, die den Verkehrsfluss überwacht und notfalls entsprechend reguliert. Wie Jürgen Alberding informiert, wird ein Versuchsträger mit elektrischem Antrieb gebaut, der dann auch automatisiert fahren kann. Allerdings sind für die praktischen Fahrversuche noch etliche Rechtsfragen zu klären. Denn im normalen Wasserstraßenverkehr ist der Schiffsführer für alles verantwortlich. Den gibt es aber bei einem autonom fahrenden Schiff eben nicht mehr.

Die sechs DigitalSOW-Verbundpartner haben unterschiedliche Kompetenzen, bringen aber alle langjährige Wasserstraßenerfahrungen in dieses innovative Forschungsprojekt ein. Erste Ergebnisse sollen gemeinsam mit der neuen Versuchsträgerplattform bereits Mitte 2022 demonstriert werden. Die Digitalisierung und Automatisierung hebe die Wasserstraße in das neue Jahrhundert und integriere sie somit in die Logistikkette, betont Projektingenieur Jörg Zimmermann von Alberding. Und nicht zuletzt deshalb wünscht sich Referatsleiter Robert Schumann vom Brandenburger Infrastrukturministerium, dass es im kommenden Bundesverkehrswegeplan die Kategorie Zukunftswasserstraße gibt.ha

DigitalSOW

Unter der Leitung von Alberding beteiligen sich das Institut für Kommunikation und Navigation des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, die Schiffbauversuchsanstalt Potsdam, das Fachgebiet Entwurf und Betrieb Maritimer Systeme der Technischen Universität Berlin, das Institut für Automatisierungstechnik der Universität Rostock und der Verein für europäische Binnenschifffahrt und Wasserstraßen an dem Forschungsprojekt. Unterstützung erhalten diese Projektpartner durch die Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft (Belaha), den Hafen Königs Wusterhausen (Lutra), die Reederei Edline sowie die Wirtschaftsförderung und das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung des Landes Brandenburg.

◂ Heft-Navigation ▸

Artikel Bundesverkehrswegeplan: SOW als Nebenwasserstraße ausgewiesen: Zukunftswasserstraße
Seite 21 | Rubrik UMWELT UND VERKEHR