Lkw-Kunden offen für digitale Services: Neue Studie zeigt Wert von Komplettlösungen für größere Flotten: Studie: Digitale Dienste und Kundennähe

Zuverlässigkeit bleibt mit 21 Prozent der wichtigste Loyalitätsfaktor von Lkw-Kunden, dicht gefolgt vom Service mit 20 Prozent. (Foto: HUSS-VERLAG)
Zuverlässigkeit bleibt mit 21 Prozent der wichtigste Loyalitätsfaktor von Lkw-Kunden, dicht gefolgt vom Service mit 20 Prozent. (Foto: HUSS-VERLAG)
Redaktion (allg.)

Einer aktuellen Studie zufolge sind Lkw-Kunden offen für neue digitale Services und auch bereit, diese zu bezahlen, wenn sie die Wirtschaftlichkeit der Fahrzeuge verbessern Bei Spediteuren geben vor allem leistungsfähige Komplettlösungen über den gesamten Lebenszyklus hinweg den Ausschlag für den Lkw-Kauf – nicht so sehr günstige Fahrzeugneupreise. Diese Einstellung ist umso ausgeprägter, je größer die Unternehmen und Flotten sind. Das sind einige Ergebnisse der in diesem Jahr zum sechsten Mal durchgeführten Studie „What Matters Most in Europe’s Truck Market“ der internationalen Managementberatung Bain & Company. Befragt wurden mehr als 600 Flottenbetreiber von Nutzfahrzeugen über sechs Tonnen in den zehn größten europäischen Märkten zu ihren Kaufkriterien.
Für Lkw-Kunden lautet die wichtigste Frage, wie viel Leistung und Service sie für ihr Geld bekommen – und das über die gesamte Betriebsdauer des Fahrzeugs hinweg. Beim Kauf eines schweren Lkw spielen deshalb die Gesamtbetriebskosten des kompletten Lebenszyklus, sprich die Total Cost of Ownership, die zentrale Rolle. Sie bestimmen die Kaufentscheidung zu einem Drittel. Die reinen Anschaffungskosten folgen mit 22 Prozent auf Rang zwei. Mit steigender Flottengröße wächst die Bedeutung der Gesamtbetriebskosten, während der Fahrzeugneupreis als Entscheidungskriterium an Relevanz verliert. Die Beziehung zum Händler landet mit 18 Prozent erstmals auf Rang drei der wichtigsten Kaufkriterien. Rang vier belegen mit 17 Prozent die Leistungsmerkmale des Lkw.
Beziehung zum Händler
Während die kostenbezogenen Kaufkriterien in den letzten Jahren in Summe gleich geblieben sind, hat die Händlerbeziehung mit 18 Prozent klar an Bedeutung gewonnen. Zudem erreichte damit erstmals ein nicht-monetäres Kaufkriterium die Top Drei der Bain-Studie.
Digitale Dienste sind als neu aufgenommenes Kaufkriterium aus dem Stand auf einen nennenswerten Anteil gekommen. Tatsächlich von Gewicht für die Kaufentscheidung sind sie allerdings nur dann, wenn sie sich über den gesamten Lebenszyklus hinweg positiv auf die Betriebskosten auswirken oder anderen Mehrwert für den Lkw- Betreiber schaffen. Weiter an Relevanz für die Kaufentscheidung verloren hat hingegen die Marke an sich. Ihr Anteil liegt bei nur noch sechs Prozent.
„Die steigende Bedeutung der Händlerbeziehung und der digitalen Dienste bestätigt die Strategie der Premiumhersteller, auf hochwertige Kundenbetreuung und Serviceangebote zu setzen“, stellt Dr. Jörg Gnamm, Partner bei Bain & Company und Autor der Studie, fest.
Zusätzliche Leistungen
Die Bain-Studie deckt deutliche Preisunterschiede sowohl beim Anschaffungspreis als auch bei Komplettlösungen auf. Während der reine Kaufpreis als Entscheidungskriterium rückläufig sei, nimmt der durch Komplettlösungen beeinflusste Gesamtpreis an Gewicht zu. Komplettlösungen sind Angebote, die neben dem Lkw weitere Leistungen, wie Flottenmanagement, Service, Beratung, Miete oder Finanzierung enthalten.
„Da die Gesamtbetriebskosten zunehmend in den Fokus rücken, müssen die Hersteller ihre Angebote zu einem effizienten Komplettpaket über die Lkw-Betriebszeit bündeln, das neben dem Truck auch Dienstleistungen und Services enthält“, so Gnamm. „Digitale Dienstleistungen werden dabei immer wichtiger und haben großes Differenzierungspotenzial für den Lkw-Hersteller, wenn sie die Gesamtbetriebskosten nachweislich senken.“
Die europäischen Truckhersteller haben im Durchschnitt die Zufriedenheit ihrer Kunden erhöht, auch wenn der NPS einiger Hersteller im Vergleich zur letzten Bain-Studie 2012 gesunken ist. Der Net Promotor Score (NPS), der die Kundenloyalität misst, stieg von damals 14 Prozent auf heute 16 Prozent an. Der NPS-Wert weist jedoch starke Unterschiede zwischen den verschiedenen Lkw-Marken, der Flottengröße und den verschiedenen Ländern auf. Dies liegt vor allem daran, dass gewachsene regionale oder sektorspezifische Stärken der Hersteller einen deutlichen Widerhall in der Zufriedenheit der jeweiligen Kundengruppen finden.
Großflotten sind heikel
Ein weiteres Ergebnis der Studie ist: Mit wachsender Flottengröße sinkt die durchschnittliche Kundenloyalität. Großkunden sind in der Regel anspruchsvoller und bewerten die Herstellerangebote kritischer. Und je spezialisierter die Kunden sind – so wie in der Bauoder Abfallwirtschaft –, desto niedriger ist ihr NPS-Wert. Für die Hersteller heißt das, noch besser werden zu müssen in puncto Kundenverständnis und Individualisierung ihrer Angebote.
Zuverlässigkeit bleibt mit 21 Prozent der wichtigste Loyalitätsfaktor, dicht gefolgt vom Service mit 20 Prozent. Durch digitale Dienste, insbesondere Online-Monitoring und vorbeugende Wartung, kann laut Studie die Qualität dieser Angebote noch weiter optimiert werden. „Fahrzeugausfälle sind der Moment der Wahrheit für einen Spediteur“, erklärt Bain- Experte Gnamm. „Wenn der Kundendienst des Herstellers das Problem schnell, professionell und höflich löst, stärkt das die Kundenbeziehung und erhöht die Kaufbereitschaft für Teile und Serviceverträge.“ Bei den digitalen Diensten haben sich aus Kundensicht erste Lkw-Hersteller vom Rest der Branche abgesetzt. Zwischen diesen Vorreitern und den am schlechtesten bewerteten Akteuren klafft eine signifikante Lücke beim NPS-Wert. Dies verdeutlicht den akuten Handlungsbedarf beim Gros der Nutzfahrzeugbranche. Denn jeder vierte Lkw-Kunde ist bereit, für interessante digitale Angebote auch zu zahlen.
Bessere Verfügbarkeit
Insbesondere größere Spediteure präferieren Dienste, mit denen sich die Gesamtbetriebskosten und die Verfügbarkeit der Flotte verbessern lassen. Dazu zählen Fahrerüberwachung, Flottenmanagement, Sicherheit und vorbeugende Wartung. Ebenfalls sehr interessant seien Sicht der Lkw-Käufer Funktionen, wie Infotainmentdienste oder Werkstattautomatisierung. Die Mehrheit der Kunden will diese digitalen Services aus einer Hand – und zwar von ihrem bevorzugten Lkw-Hersteller“, betont Gnamm. „Das ist eine Chance, die sich kein Hersteller entgehen lassen wird.“(tpi)

◂ Heft-Navigation ▸

Artikel Lkw-Kunden offen für digitale Services: Neue Studie zeigt Wert von Komplettlösungen für größere Flotten: Studie: Digitale Dienste und Kundennähe
Seite | Rubrik