Shell-Studie: Diesel und alternative Antriebe - womit fahren Lkw morgen?

Das Güterverkehrsaufkommen werde laut Shell-Studie von 4,1 Milliarden Tonnen (2014) auf 4,8 Milliarden Tonnen im Jahr 2040 wachsen. (Foto: Krone)
Das Güterverkehrsaufkommen werde laut Shell-Studie von 4,1 Milliarden Tonnen (2014) auf 4,8 Milliarden Tonnen im Jahr 2040 wachsen. (Foto: Krone)
Redaktion (allg.)

Laut der aktuellen Shell-Nutzfahrzeugstudie wird der Bestand an Nutzfahrzeugen in Deutschland mittelfristig um 20 Prozent wachsen. Ob sich alternative Antriebe durchsetzen, hängt vom Handeln der Politik und den Ideen der Ingenieure ab.
In Zusammenarbeit mit dem Institut für Verkehrsforschung im Deutschen Zentrum für Luftund Raumfahrt (DLR) hat der Mineralölkonzern Shell Anfang Juni seine Studie „Diesel und alternative Antriebe – womit fahren Lkw und Bus morgen? Fakten, Trends und Perspektiven bis 2040“ in Berlin vorgestellt.
Zusammenfassend geht die Studie davon aus, dass der Boom des Güterverkehrs in Deutschland weitergeht. Deshalb werde der Nutzfahrzeugbestand mittelfristig um mehr als 20 Prozent auf 3,5 Millionen Fahrzeuge wachsen.
Trends und Alternativen

Dabei gewännen elektrische Antriebe bei leichten Nutzfahrzeugen und Bussen sowie Gas (LNG) bei schweren Fernverkehrs- Lkw an Bedeutung. Eher ernüchternd sieht die Studie die Entwicklung bei Lkw. Sie werden im Betrachtungszeitraum keinen ausreichenden Beitrag zu den aktuellen Energie- und Umweltzielen der Bundesregierung leisten.
Die jeweiligen Entwicklungen werden anhand zweier Szenarien beschrieben. Im Trendszenario wird die jüngste Vergangenheit fortgeschrieben. Dagegen geht das Alternativszenario von ambitionierteren Rahmenbedingungen, also dem Handeln der Politik, und größerem technischen Fortschritt aus.
Größere Transportweiten

Die Experten erwarten, dass der Güterverkehr weiter internationalisiert wird und über immer größere Transportweiten erfolgt. Die Bedeutung von traditionellen Massengütern (Baustoffe, Kohle, Mineralölprodukte) nehme ab und die von hochwertigen Gütern wie Maschinen und Fahrzeugen sowie von Kurier- und Expressgut zu.
„Dabei wird die Menge der transportierten Güter (Güterverkehrsaufkommen) von heute (2014) 4,1 auf 4,8 Milliarden Tonnen im Jahr 2040 wachsen. Daran hat der Lkw dann einen Anteil von 3,9 Milliarden Tonnen. Die Güterverkehrsleistung wird sich bis 2040 auf 962 Milliarden Tonnenkilometer verdoppeln“, erklärt Dipl.-Ing. Andreas Lischke, DLR-Experte für den Wirtschaftsverkehr.
Der Gesamtbestand an Nutzfahrzeugen hat sich in Deutschland seit 1990 von etwa 1,5 auf knapp 3 Millionen erhöht. Dabei erfuhren leichte Nutzfahrzeuge die größte Dynamik. Ihr Bestand hat sich in dem Zeitraum mehr als verdreifacht. Bei den Antrieben dominiert die Dieseltechnik mit mehr als 95 Prozent. Bei schweren Lkw sind es sogar 99 Prozent.
Erdgas als Alternative
Zu einer relevanten Antriebsalternative für Nutzfahrzeuge haben sich der Studie zufolge in letzter Zeit Erdgasantriebe entwickelt. Schon länger werden modifizierte Ottomotoren für leichte Nutzfahrzeuge und Lkw in Kombination mit komprimiertem Erdgas (CNG) angeboten. Im Gefolge des globalen Erdgasbooms habe es bei den Erdgasantrieben wichtige Innovationen gegeben; dazu gehört insbesondere die Verwendung von verflüssigtem Erdgas (LNG). In Deutschland muss eine LNG-Infrastruktur jedoch erst noch aufgebaut werden.
„Die größten Potenziale für Elektromobilität werden bei Pkw-ähnlichen leichten Nutzfahrzeugen sowie Fahrzeugen mit urbanen Fahrprofilen – wie Kleintransportern, Nahverkehrs- Lkw aber auch bei Stadtbussen – gesehen. Bei schweren Nutzfahrzeugen mit hohen Fahrleistungen gibt es aktuell keine kommerziellen Ansätze, diese zu elektrifizieren“, sagt Dr. Jörg Adolf, Chefvolkswirt von Shell in Deutschland.
Über alle Nutzfahrzeugklassen soll die Zahl der jährlichen Neuzulassungen in Deutschland von heute rund 290.000 auf 344.000 bis 2040 zulegen. Der Nutzfahrzeugbestand wachse demnach von 2014 bis 2040 um über 20 Prozent von 2,9 auf nahezu 3,5 Millionen Fahrzeuge. Im Lkw-Bestand des Trendszenarios bleiben alternative Antriebe eher die Ausnahme. Im Alternativszenario kommt es in praktisch allen Fahrzeugklassen zu einem deutlich veränderten Antriebsmix: rund ein Drittel der leichten Nutzfahrzeuge fahren hier elektrisch, 45 Prozent der schweren Lkw mit LNG sowie ein Drittel der Busse elektrisch.
Spritfresser Lkw
Der Energiebedarf aller Nutzfahrzeuge steigt im Trendszenario von heute 783 Petajoule (PJ) auf 853 PJ im Jahr 2030 und fällt danach im Jahr 2040 auf 786 PJ zurück. Im Alternativszenario sinkt der Energiebedarf kontinuierlich bis 2040 um 13 Prozent oder auf 682 PJ – trotz steigender Fahrleistungen. Schwere Lkw verbrauchen mit Abstand den meisten Kraftstoff – ihr Anteil am Energiebedarf aller Nutzfahrzeuge legt von heute 79 Prozent auf 83 Prozent (Trend) beziehungsweise 85 Prozent (Alternativ) im Jahr 2040 zu.
Maßnahmen zur Reduktion des Energiebedarfs von Nutzfahrzeugen stehen vor einem Dilemma: Fahrzeuge, bei denen neue energiesparende Antriebstechniken eingeführt werden könnten, absolvieren nur geringe Fahrleistungen. Im Straßengüterfernverkehr mit hohen und wachsenden Fahrleistungen erfüllen alternative Antriebe die Anforderungen der Anwender auf absehbare Zeit (noch) nicht.
Lkw und Busse verursachen heute etwa 5,6 Prozent der verbrennungsbedingten CO2- Emissionen in Deutschland. Die nationalen Energie- und Klimaziele sehen von 1990 bis 2040 eine Reduktion der direkten Treibhausgasemissionen um 70 Prozent vor. Tatsächlich werden die 1990er CO2-Emissionswerte im Trend- wie im Alternativszenario 2040 noch deutlich überschritten.(tpi)

◂ Heft-Navigation ▸

Artikel Shell-Studie: Diesel und alternative Antriebe - womit fahren Lkw morgen?
Seite | Rubrik