Die Kosten im Blick

Wie umgehen mit Rohstoffmangel und explodierenden Preisen? Darüber diskutierte die Zeitung Transport im Forum 2 auf der IAA Transportation 2022 mit Deloitte, Volvo Trucks, BPW und Webfleet.

Wie umgehen mit der Krise? Darüber diskutieren (v.l.n.r,): Sascha Mauries, Director Strategy & Operations bei der Beratungsgesellschaft Deloitte, Thore Bakker, General Manager Business Unit Trailer Solution & Mobility Services bei der BPW Bergische Achsen KG, Wolfgang Schmid, Region Director (DACH) bei Webfleet Solutions sowie Peter Ström, Geschäftsführer Volvo Group Trucks Central Europe. Bild: T. Schweikl
Wie umgehen mit der Krise? Darüber diskutieren (v.l.n.r,): Sascha Mauries, Director Strategy & Operations bei der Beratungsgesellschaft Deloitte, Thore Bakker, General Manager Business Unit Trailer Solution & Mobility Services bei der BPW Bergische Achsen KG, Wolfgang Schmid, Region Director (DACH) bei Webfleet Solutions sowie Peter Ström, Geschäftsführer Volvo Group Trucks Central Europe. Bild: T. Schweikl
Tobias Schweikl
Transport Forum

Die Abkehr von fossilen Treibstoffen hin zu elektrischen Antrieben wird begleitet von fehlenden Computerchips, knappen Rohstoffen und gestörten Lieferketten. Und einer Energiekrise, die sich mittlerweile zu einem Energiekrieg ausgewachsen hat. Wie umgehen mit dieser kritischen Gesamtsituation? Das diskutierte Christine Harttmann, Chefredakteurin der Zeitung Transport, auf der IAA Transportation im Rahmen eines Fachforums.

Ihre Gäste waren Thore Bakker, General Manager Business Unit Trailer Solution & Mobility Services bei der BPW Bergische Achsen KG, Wolfgang Schmid, Region Director (DACH) bei Webfleet Solutions, Peter Ström, Geschäftsführer Volvo Group Trucks Central Europe, sowie Sascha Mauries, Director Strategy & Operations bei der Beratungsgesellschaft Deloitte.

Sascha Mauries geht eingangs auf die Treiber des Wandels in der Nutzfahrzeugindustrie ein: Konnektivität, Digitalisierung, Dekarbonisierung und autonomes Fahren. In einer Studie stellte sein Haus fest, dass zwei Drittel der Automobilindustrie von großen Unterbrechungen der Lieferkette betroffen waren. Die Branche zählt damit zu den am schwersten getroffenen Wirtschaftsbereichen. Die großen Treiber der Disruption waren demnach hohe Rohstoffpreise, direkt gefolgt von höheren Transportkosten. Aber auch höhere Bestände aufgrund unsicherer Lieferketten schlügen negativ zu Buche. Weitere Probleme seien nicht verfügbare Zwischenprodukte und ein fehlender Überblick über die Lieferkette. „Transparenz in der Supply Chain ist ein Thema, das wichtiger wird“, verweist Mauries auf die Chancen der Digitalisierung für alle Beteiligten.

Viel Neues, viel Power

Thore Bakker von BPW geht anschließend auf den Widerspruch zwischen einer drohenden Rezession und der Aufbruchsstimmung in der Nutzfahrzeugbranche ein. „Ich erlebe auf der Messe sehr viel Neues, sehr viel Power bei alternativen Antrieben. Wenn ich dann abends den Fernseher anmache, wird genau das Gegenteil erzählt. Das ist ein Missmatch, den wir aktuell nicht zusammenbekommen“, so der Manager. Eine Patentlösung habe er nicht, aber spannende Ansatzpunkte. So seien angesichts der schieren Menge an Herausforderungen nationale und internationale Förderprogramme zur Unterstützung des Energie- und Kostenmanagements der Nfz- und der Transportbranche nötig. „Die Industrie wird es alleine nicht schaffen“, so Bakkers These.

Auch er sieht Digitalisierung und Transparenz in der Flotte als Ansatzpunkte, um Kosten zu sparen. Darüber hinaus würden viele Unternehmen ihr Portfolio überprüfen, um unwirtschaftliche Bereiche zu identifizieren. Ziel sei, entweder neue Preise zu etablieren oder das Geschäft abzustoßen. Die Botschaft: „Wenn Du das nicht bezahlst, kann ich nicht mehr für Dich fahren“, so Bakker. Bei den Fahrzeugen lägen Kraftstoffpotenziale bei den Reifen (fünf Prozent), der Aerodynamik (6,5 Prozent) sowie den Achsen und der Lagerung (5,2 Prozent). Alternative Antriebe könnten den fossilen Treibstoff ersetzen.

Nicht eine Lösung für alles

Auch für Wolfgang Schmid von Webfleet Solutions geht es um Nachhaltigkeit und Energiesparen. Bei der Entscheidung für oder gegen einzelne Maßnahmen stünden jedoch die Kosten im Mittelpunkt. Und um hier qualifizierte Entscheidungen zu treffen, brauche es Daten aus der Telematik.

„Wir wollen unseren Kunden Tools überlassen, mit denen sie selber entscheiden können, in welchen Bereichen sie effizienter werden wollen“, so Schmid. Das könne die Antriebsart sein, aber auch nachhaltiger Ressourceneinsatz. Effizienter bedeute in diesem Zusammenhang nicht nur Gewinnmaximierung für den Unternehmer. Effizienter könne angesichts des Fahrermangels auch sein, dass der Fahrer fünf Minuten eher zuhause ist.

Peter Ström von Volvo Group Trucks weist auf die Unsicherheiten hin, mit denen seine Kunden neben den allgemeinen Kostensteigerungen aktuell konfrontiert sind. Künftig werde es nicht mehr wie mit dem Diesel nur eine Lösung geben, um Lkw anzutreiben. Batterieelektrische Fahrzeuge seien bereits verfügbar und deckten sehr viel ab. 300 Kilometer seien mit einem schweren Lkw mit Vollladung schon heute batterieelektrisch möglich. Auch der LNG-Technik sagt Ström gute Chancen voraus, vor allem mit Blick auf Bio-LNG. Die aktuell sehr hohen Gaspreise sieht er als „Delle“. Interessante Zukunftsthemen sind für ihn Brennstoffzelle und Wasserstoffantrieb. „Das beginnt in zwei bis drei Jahren mit ordentlichen Testfahrten bei Kunden“, so Peter Ström. Aber auch mit Wasserstoff bleibe es dabei, dass es nicht eine Lösung für alles geben werde.

„Fährt man mit Strom derzeit überhaupt billiger?“, fragt Christine Harttmann im Nachgang. Die Antwort von Volvo-Trucks-Chef Ström fällt eindeutig aus: „Ohne das öffentliche Förderungssystem wäre Elektromobilität heute sehr teuer.“ Mit den vorhandenen Förderprogrammen könnte man aber elektrisch kostenneutral im Vergleich zum Diesel fahren. Wie sich jedoch die Preise einzelner Energieträger künftig entwickeln, könne niemand vorhersagen. Einen Gleichlauf aber sieht er: „Geht einer nach oben, gehen die anderen auch mit.“

„Es ist nicht nur der Strompreis“, ergänzt Webfleet-Manager Schmid. „Es kommt darauf an, wo man lädt und wie schnell. Vergleicht man den Preis für den Strom vom eigenen Dach mit dem vom Supercharger, dann hat man da eine riesige Differenz.“

Thore Bakker von BPW identifiziert den bürokratischen Aufwand der Förderprogramme als Problem der Elektromobilität. Mit dem administrativen Aufwand, bis ein Förderantrag endlich freigegeben und eine Ladeinfrastruktur installiert sei, „könne man einpacken“. Wolle heute eine Spedition eine Ladeinfrastruktur beantragen, fallen verschiedene Behördengänge an, bis man eine Genehmigung habe. Nur damit anschließend der Netzbetreiber feststelle, dass es in dieser Größe gar nicht realisierbar sei.

Das Fazit der Runde ist schließlich eindeutig: Bis 2030 ist die Lieferkette durchgängig elektrifiziert und digital vernetzt. „Und zwar vom Produzenten bis zum Kunden und wieder zurück“, wie es Sascha Mauries von Deloitte ausdrückt. ts

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Seite 3 | Rubrik POLITIK UND WIRTSCHAFT