BME & Riskmethods: Studie zu Supply Chain Risk Management – Herausforderungen & Status quo: Fehlanzeige bei der Risikovorsorge

Die Globalisierung von Märkten und Liefernetzwerken birgt zunehmend mehr unternehmerische Risiken. Viele sind darauf nicht vorbereitet.

Globale Lieferketten erhöhen das Risiko von Versorgungsengpässen. Bild: Gregor auf Pixabay
Globale Lieferketten erhöhen das Risiko von Versorgungsengpässen. Bild: Gregor auf Pixabay
Torsten Buchholz
Studie

Mit der zunehmenden Globalisierung der Wirtschaft nehmen auch die Risiken in den weltweiten Märkten und Lieferantennetzwerken zu. Doch die wenigsten Unternehmen verfügen über systematische Maßnahmenpläne für den Fall plötzlicher Unterbrechungen in ihrer Lieferkette, obwohl Versorgungsengpässe regelmäßig Schäden in Millionenhöhe verursachen. So das Ergebnis der Studie „Supply Chain Risk Management – Herausforderungen und Status quo“, die der Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik (BME) und Riskmethods zum zweiten Mal durchgeführt haben.

Laut der Umfrage verzeichneten 77 Prozent der befragten Firmen in den letzten zwölf Monaten mindestens eine Unterbrechung in der Lieferkette. 37 Prozent der Unternehmen berichten von mehr als fünf Störungen, die den Geschäftsablauf beeinträchtigt haben. Das bedeutet eine Steigerung von 42 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Jede fünfte Lieferkettenunterbrechung hatte bis zu einer Million Euro und mehr Schaden zur Folge. Trotzdem verfügen weiterhin erst 24 Prozent (Vorjahr: 20 Prozent) der Unternehmen über systematische Maßnahmenpläne zur Krisenreaktion.

„Megatrends wie Globalisierung, Digitalisierung oder der War for Talents fordern massiv den Einkauf heraus. Angesichts der immer zahlreicher werdenden politischen Spannungen und Krisenherde rund um den Erdball ist es für das Procurement wichtiger denn je, sein Risikomanagement einem permanenten Stresstest zu unterziehen“, sagt BME-Hauptgeschäftsführer Dr. Silvius Grobosch.

Die wenigsten Unternehmen messen zudem den finanziellen Schaden, der durch die Unterbrechung der Lieferkette oder den Ausfall eines Lieferanten entsteht. Gerade einmal sieben Prozent nehmen eine strukturierte Bewertung der Auswirkungen eines Schadens auf Umsatz oder Ergebnis vor.

Nur direkte Lieferanten

Zudem beschränkt sich das Risikomonitoring meist auf direkte Lieferanten. Doch immer häufiger werden Störungen von Sublieferanten verursacht. Das meldet mittlerweile jedes zweite Unternehmen, 24 Prozent mehr als im Vorjahr. „Die heutigen komplexen und vernetzten Supply-Chain-Netzwerke sind besonders verletzlich. Deshalb ist es wichtig, die Lieferkettenstruktur aller Ebenen im Blick zu haben. Doch lediglich 18 Prozent der Befragten überwachen die Sub-Lieferanten“, erklärt Heiko Schwarz, einer der beiden Gründer und Geschäftsführer von Riskmethods. Andere Ursachen von Störungen liegen bei den eigenen Produktionsstätten (28 Prozent) oder logistischen Knotenpunkte wie Häfen oder Flughäfen (20 Prozent).

In 53 Prozent der Unternehmen ist die Einführung von Risikomanagement eine Reaktion auf vorausgegangene Störungen in der Lieferkette oder auf regulatorische Anforderungen. Positiv ist, dass es bei zwei von drei Unternehmen eine strategische Entscheidung (62 Prozent) ist.

Überwiegend erfolgt die Risikoüberwachung im Rahmen der Lieferantenanalyse und -bewertung. Indikatoren wie Qualität und Performance (88 Prozent) sowie Finanzkennzahlen und Bonitäten (81 Prozent) stehen dabei im Vordergrund. Frühindikatoren und Veränderungen beim Lieferanten, wie zum Beispiel Managementwechsel oder veränderte Wachstumsprognosen, hat dagegen nur die Hälfte der Unternehmen kontinuierlich auf dem Radar. Cyber-Risiken überwachen gerade einmal elf Prozent.

Schwarz: „Eine umfassende Rundumsicht sollte nicht nur Einzelinformationen über Lieferanten zusammenführen, sondern auch globale Länder- und Standortrisiken monitoren. Das ist allerdings nur bei einem Drittel der Befragten der Fall, obwohl Unterbrechungen und Lokationsrisiken, etwa Naturkatastrophen, Streiks, Brände und Explosionen an Standorten oder Logistikknotenpunkten, oftmals gleich mehrere Lieferanten betreffen.“

Vorwiegend manuell

Nur 34 Prozent der Unternehmen überwachen ihre Risiken automatisiert, 59 Prozent behelfen sich manuell mit Excel-Kalkulationen oder dem Monitoring von Finanzkennzahlen. Der geringe Automatisierungsgrad trägt dazu bei, dass nur 30 Prozent der Befragten die verfügbaren Risikoinformationen kontinuierlich aktualisieren. Dabei sind automatisierte Systeme heute in der Lage, anfallende Daten in Echtzeit zu analysieren, auf Relevanz zu filtern und alle Nutzer rund um die Uhr auf dem Laufenden zu halten.

Risikodaten werden meist in das Lieferanten- und Warengruppenmanagement integriert. Aber Risikomanagement endet nicht im Einkauf. Jeder Bereich des Unternehmens ist gefährdet, wenn in der Lieferkette etwas schiefgeht. Doch noch wenige Unternehmen nutzen den Wert dieser Daten in anderen Bereichen. So sind nur bei zwölf Prozent risikogesteuerte Vergabeentscheidungen im Sourcing möglich, bei lediglich zehn Prozent fließen die Daten in ein Enterprise Risk Management ein.tbu

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Seite 4 | Rubrik POLITIK UND WIRTSCHAFT