Mehr Tempo, mehr Geld

Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing (FDP) hat nach dem ersten Brückengipfel mit Experten aus Bauwirtschaft, Verwaltung, Ländern sowie Natur- und Umweltschutzverbänden ein „Zukunftspaket leistungsfähige Autobahnbrücken“ vorgelegt.

Claus Bünnagel
Straßeninfrastruktur

Von den rund 39.900 Brücken auf Autobahnen und Bundesstraßen mit genau 52.386 Teilbauwerken und rund 2.150 Kilometern Länge sind circa 8.000 Teilbauwerke auf Autobahnen und etwa 3.000 auf Bundesstraßen zu sanieren. 4.000 davon benötigen eine dringende Renovierung oder Verstärkung. Wenn dies nicht möglich sein sollte, bleibt nur der Neubau wie bei der Talbrücke Rahmede an der A45. Betroffen sind viele große Spannbetonbrücken, die in den 1960er- und 1970er-Jahren im Westen gebaut wurden – etwa die Leverkusener Brücke oder die Salzbachtalbrücke bei Wiesbaden/Mainz. „Die Modernisierung der Brücken wird eine meiner vordringlichsten Aufgaben werden“, erklärt Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing. „Der Sanierungsbedarf wurde zu lange in die Zukunft verschoben. So, wie es derzeit ist, können wir nicht weitermachen, sonst werden wir in große Risiken laufen.“ Denn 5,3 Prozent der Brücken weisen nur eine Zustandsnote von 3,0 oder schlechter auf, sind also dringend zu retten oder komplett zu erneuern. Auf Bundesfernstraßen (4,5 Prozent) und Bundesstraßen (3,7 Prozent) ist die Lage nur unwesentlich besser. Außerdem befinden sich 24,8 Prozent der Autobahnbrücken an der Schwelle zum Sanierungsfall, auf Bundesfernstraßen sind es 22,6 Prozent, auf Bundesstraßen 20 Prozent der Bauwerke.

Neue Strategie

Als wichtige Voraussetzung für einen Neustart bezeichnet Wissing den vollzogenen Strategiewechsel, die Brückenüberwachung von der Länderverantwortung in die Hand der bundeseigenen Autobahn GmbH zu legen, der künftig die generelle Bestandsaufnahme obliegt.

Mit dem Premieren-Brückengipfel bringt das Bundesverkehrsministerium ein Maßnahmenpaket auf den Weg. Zusammengefasst wird zum einen deutlich mehr Geld als bislang zur Verfügung gestellt: Werden 2022 noch rund 1,6 Milliarden Euro für die Bauwerkserhaltung ausgegeben, erhöht sich die Summe bis 2026 auf rund 2,5 Milliarden Euro. Die ansteigende Kurve hat ihren Grund: Denn die Planung der Sanierungsmaßnahmen in den nächsten Jahren verschlingt zunächst nicht so viel Geld wie die spätere Umsetzung, wenn das Baurecht erteilt ist.

Außerdem soll das Sanierungstempo von 200 auf 400 Brücken im Jahr verdoppelt werden, während die Planungs- und Ausführungszeit möglichst halbiert werden soll. Dazu sollen unter anderem Ausschreibungs- sowie Vergabeverfahren gestrafft und effektiver gestaltet werden. „Bis 2030 wollen wir das Kernnetz Autobahn wiederherstellen“, kündigte der Bundesverkehrsminister an. Bestimmte wichtige Magistralen in Deutschland, zum Beispiel die A45 und A81 und damit auch die Brücken an diesen wichtigen Verkehrsadern sollen vorrangig angegangen werden. „Wir setzen neue Prioritäten, um die Modernisierung der Brücken strategisch und in der sinnvollsten Reihenfolge anzugehen. Wir erhöhen finanzielle Mittel und starten frühzeitig den Dialog mit allen Beteiligten. Wir beschleunigen, digitalisieren und vereinfachen Planungen, Verfahren und Abstimmungen. All diese wichtigen Bausteine haben am Ende ein klares Ziel: Wir wollen die Brückenmodernisierung deutlich beschleunigen“, so Wissing.

Neu: der Traglastindex

Im Einzelnen gibt es dabei einige grundlegende Neuerungen. Als künftige Leitgröße wird der Traglastindex eingeführt, also die strukturelle Bestandsaufnahme einer Brücke sozusagen von innen. Sie ist nun das maßgebliche Element für die Priorisierung von Sanierungsmaßnahmen und wird wichtiger als die bisherige Außenbetrachtung.

Die bisherigen Prüfungs- und Bewertungsverfahren werden durch neue digitale Methoden der Bauwerksdiagnostik ergänzt. Mit dem künftigen Building Information Modeling bietet sich zudem die Möglichkeit, Bauwerke digital unterstützt zu planen, zu bauen und zu bewirtschaften. Vieles hängt aber auch daran, top ausgebildete Spezialisten zur Verfügung zu haben. Die Ausbildung und Qualifizierung von Fachkräften – insbesondere von Bauingenieuren und Technikern – wird daher gezielt gefördert.cb

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Seite 1 | Rubrik POLITIK UND WIRTSCHAFT