Schieneninfrastruktur: Experten fordern mehr Investitionen - Kritik an Bundestag: Auf Verschleiß

Mehr Ausgaben für das Schienennetz fordern Experten in einer Anhörung vor dem Verkehrsausschuss. Nur so kann die Güterbahn ihren Anteil am Verkehr steigern. Als gutes Beispiel soll die Schweiz zeigen, wie es funktionieren kann.

Die Politik hat den Schienengüterverkehr jahrelang auf "Verschleiß" gefahren. Jetzt braucht es dringend Investitionen. Bild: HHM/Annette Krüger
Die Politik hat den Schienengüterverkehr jahrelang auf "Verschleiß" gefahren. Jetzt braucht es dringend Investitionen. Bild: HHM/Annette Krüger
Christine Harttmann
Schienengüterverkehr

Es braucht mehr Investitionen in die Schieneninfrastruktur als bisher geplant. Diese Ansicht vertraten die vom Verkehrsausschuss des Bundestages in Berlin befragte Experten in einer öffentlichen Anhörung am 13. Mai. Eine stärkere Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene sei angesichts der „in den letzten Jahren auf Verschleiß gefahrenen Schieneninfrastruktur“ nicht möglich, hieß es. Demgegenüber verwiesen die Experten auf die Schweiz als ein gutes Beispiel, das aufzeige, „wie es gelingen könnte, den Verkehrsträger Schiene zu stärken“.

Herbe Kritik kam in der Anhörung von Matthias Gather, Professor für Verkehrspolitik und Raumplanung an der Fachhochschule Erfurt. Er monierte, dass in den vergangenen Jahren die Investitionen in den Erhalt der Schieneninfrastruktur sehenden Auges unterlassen worden seien. Für dieses „irgendwie wird es schon gehen“, werde nun die Rechnung präsentiert. Wie hoch die Investitionen jetzt sein müssten, sei unklar. Schließlich müssten nicht nur die Versäumnisse der Vergangenheit aufgeholt werden. Es stünden außerdem der Deutschlandtakt 2030 und die weitere Elektrifizierung von Bahnstrecken an. Ganz klar ist aus Gathers Sicht, dass es „völlig sinnlos“ ist, dem Infrastrukturbetreiber eine Gewinnerzielungsabsicht aufzubürden. Dennoch sollte langfristig ein volkswirtschaftlicher Nutzen der Investitionen nachgewiesen werden.

Andreas Geißler vom Verein Allianz pro Schiene begrüßte zwar, dass der Bund über die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung mehr Geld investiere. Wolle man wirklich mehr Verkehr auf die Schiene bekommen, sei das aber nicht ausreichend. „Wir gehen von einem Wert von zehn Milliarden Euro aus“, sagte er.

Seit der Bahnreform 50 Prozent mehr

Seit der Bahnreform 1994 sei der Transport auf der Schiene um 50 Prozent gestiegen, das Schienennetz jedoch geschrumpft und gealtert, sagte Alexander Kirchner von der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Er machte deutlich, dass Ziele wie die Steigerung des Anteils im Schienengüterverkehr auf 25 Prozent mit der Bestandsinfrastruktur nicht erreichbar seien: „Dazu müssen wir in den Ausbau der Knoten investieren, ebenso wie in Neu- und Ausbaustrecken, um mehr Kapazitäten zu erhalten.“ Der derzeitige Finanzierungsrahmen reiche dazu nicht aus, urteilte Kirchner. Allerdings, das betonte Professor Alexander Eisenkopf von der Zeppelin-Universität Friedrichshafen, müsse es gelingen, die Schiene mit mehr Etat auszustatten, ohne die Straße zu vernachlässigen.

Wie die Politik umsteuern könnte, erklärte Regula Herrmann vom Bundesamt für Verkehr der Schweizerischen Eidgenossenschaft. Auch in der Schweiz sei es lange so gewesen, dass der Personenfernverkehr Vorrang vor dem Güterverkehr hatte. Jetzt gebe es ein zwischen den Verkehrsarten abgestimmtes Konzept. Der Anteil aus Steuergeldern zur Finanzierung der Bahn sei pro Person deutlich höher als in Deutschland. „Wir sind ein Vielfahrervolk“, sagte Herrmann. Wichtig sei es, die Verkehrsträger nicht gegeneinander auszuspielen, betonte sie. In der Schweiz fließen ihrer Aussage nach in den Fonds zur Finanzierung der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur mit Mineralölsteuern und Schwerverkehrsabgaben auch „Straßensteuern“. Die Straße würde ja profitiere, wenn sie entlastet werde.ha

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Seite 3 | Rubrik POLITIK UND WIRTSCHAFT